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09.11.2016

Geteilte Entscheidungsmacht?

Partizipation als Forschungsstil erproben

Gesine Bär, Alice-Salomon-Hochschule
Ina Schaefer, Alice-Salomon-Hochschule

Schlagwörter:Forschung, Partizipation

El­fe ist ein Teilprojekt von PartKommPlus - For­schungsverbund für gesunde Kom­mu­nen. Dieser geht der Fra­ge nach, wie die kommunale Ge­sund­heits­för­de­rung partizipativ gestaltet wer­den kann. Der For­schungsverbund wird von 2015-2018 vom Bun­des­mi­nis­te­ri­um für Bil­dung und For­schung (BMBF) im Rahmen des Programms „Präventionsforschung“ gefördert. In fünf Teilprojekten for­schen Part­ne­rin­nen und Part­ner seit dem Frühjahr 2015 in ins­ge­samt acht Kom­mu­nen in Baden-Württemberg, Ber­lin, Bran­den­burg, Hamburg, Hessen und Nie­der­sach­sen.

Mehr da­zu un­ter www.gesundheitliche-chancengleichheit.de/partkommplus.

Par­ti­zi­pa­ti­on ist in der Ge­sund­heits­för­de­rung und Prä­ven­ti­on „gute Pra­xis“ und gilt als Schlüsselkriterium für die Ge­stal­tung von Angeboten. Auch in der Gesundheitsforschung ist Par­ti­zi­pa­ti­on mit der Hoffnung verbunden, den For­schungsprozess mit denjenigen durchzuführen, die sich seltener zu Wort mel­den, aber von den erforschten Themen profitieren sollen. Dies umfasst den gesamten Pro­zess: von der De­fi­ni­ti­on der Fra­ge­stel­lung, über die Erhebungsmethode und den Feldzugang bis hin zur In­ter­pre­ta­ti­on der Da­ten. Mit Hilfe partizipativ gewonnener Erkenntnisse soll so ein Bei­trag zu gesundheitlicher Chan­cen­gleich­heit geleistet wer­den. Durch ei­ne maximale Mitgestaltung aller an der For­schung Be­tei­lig­ten wird die Entscheidungsmacht über die Stu­die und den For­schungsverlauf ge­teilt und nicht den wissenschaftlichen Partnern vorbehaltenen. Im hier vorgestellten Pro­jekt wer­den Verfahren des gemeinsamen Forschens auf min­des­tens drei Ebe­nen entwickelt: in Eltern-For­schungswerkstätten, in den begleitenden kommunalen Steuerungsrunden und im Aus­tausch in­ner­halb des For­schungsverbundes PartKommPlus. Nach ei­ner kurzen Pro­jektvorstellung liegt der Fo­kus die­ses Artikels vor allem auf den Eltern-For­schungswerkstätten.

ElfE - Eltern fragen Eltern

Das For­schungs­pro­jekt „ElfE - Eltern fra­gen Eltern“ als ei­nes der fünf Teilprojekte des For­schungsverbundes PartKommPlus wendet sich an Eltern mit Kin­dern im Kita-Alter. Es arbeitet in zwei Untersuchungsgebieten, die sich durch ih­re Ein­woh­ner­zahl, aber vor al­lem auch durch die Verfügbarkeit von In­iti­a­ti­ven und Angeboten für Eltern und Kinder un­ter­schei­den: Der Ber­li­ner Be­zirk Marzahn-Hellersdorf und die Kom­mu­ne Lauchhammer im Landkreis Oberspreewald-Lau­sitz. Chan­cen­gleich­heit ist hier auf die Probe gestellt, weil Einschulungsun­tersuchungen im­mer wie­der zei­gen, dass es bei den Kin­dern teils so­gar zunehmende soziallagenbezogene Unterschiede in Be­zug auf die sprachliche, motorische und soziale Ent­wick­lung gibt. Die Einschulungsun­tersuchungen zei­gen auch, dass sich un­ter guten Rah­men­be­din­gung­en der (langjährige) Be­such einer Kita auf die Ent­wick­lung positiv auswirkt. Herzstück von ElfE ist es da­her, dass mit den Eltern ge­mein­sam (Peer-For­schung) die Fra­ge erforscht wird, wie die Ent­wick­lung von Kin­dern in der Kita-Zeit so un­terstützt wer­den kann, dass da­von al­le Kinder noch mehr profitieren.

In beiden Untersuchungsgebieten wurden im Laufe des ersten Jahres Lenkungsgruppen mit zahlreichen kommunalen Ak­teu­rin­nen und Akteuren, auch Elternvertreterinnen und -vertretern aufgebaut und erste Fokusgruppendiskussionen für die inhaltliche und methodische Prä­zi­sie­rung des Projektes durchgeführt. Gleichzeitig wurden - so­weit vorhanden - zu verschiedenen In­iti­a­ti­ven und Ein­rich­tung­en im Stadt­teil bzw. der Kom­mu­ne persönliche Kontakte aufgebaut, um so be­son­ders diejenigen für die Beteiligung an der For­schung zu ge­win­nen, die sonst nicht erreicht wer­den. In beiden Kom­mu­nen konnten interessierte Eltern (mehr­heit­lich Mütter) an der For­schungsarbeit bei ElfE gewonnen wer­den. Dabei erwies sich ins­be­son­de­re der Zu­gang zu den Eltern über im Stadt­teil angesiedelte In­iti­a­ti­ven (z. B. Familientreffpunkte, Migrationszentren) als er­folg­reich.

Erste Forschungsphase

Seit März die­ses Jahres haben nun in Marzahn-Hellersdorf zwei Forschungsteams und in Lauchhammer ein Forschungsteam die Ar­beit aufgenommen. Im Fo­kus der ersten Forschungsphase (bis Ju­li d. J.) stand die Auf­nah­me und Dis­kus­si­on der Fra­ge­stel­lung­en, die sich aus der Per­spek­ti­ve der Eltern in Verbindung mit der Kita-Zeit stel­len. Dabei zeigte sich in­ner­halb und so­gar zwi­schen den Forschungsteams ei­ne hohe Über­ein­stim­mung, wie folgendes Zi­tat ei­ner Mitfor­schenden zeigt: „… wir (haben) al­le dieselben Ideen, wir kom­men ja ir­gend­wo auf ei­ne Mei­nung“. Aus diesen Themen der Eltern wurde dann von jedem Forschungsteam ei­ne Fra­ge­stel­lung für den Forschungsprozess abgeleitet. Im Untersuchungsgebiet Lauchhammer, wo zu­nächst nur zwei Mitfor­schende gewonnen wer­den konnten, wurden zu­nächst die Themen der Eltern in ei­nen Fra­ge­bo­gen überführt, der im Rahmen ei­nes Kinderflohmarkts eingesetzt wurde. Auf diese Wei­se konnte ein breiterer Elternkreis zu ihren Fra­ge­stel­lung­en/Themen befragt wer­den, neue Mitfor­schende wurden gewonnen und dann ei­ne ge­mein­same Forschungsfrage erarbeitet:

  • Wie kann die Zu­sam­men­ar­beit zwi­schen Eltern und Er­zie­he­rin­nen und Erziehern gestärkt wer­den? (Forschungsfrage Team Lauchhammer)
  • Wie kann die Zu­sam­men­ar­beit zwi­schen al­len Eltern und Er­zie­he­rin­nen und Erziehern aktiv und pro­duk­tiv gestaltet wer­den? (Forschungsfrage Team Marzahn-Hellersdorf 1)
  • Wie kön­nen Eltern bes­ser in die Kitazeit in­te­griert wer­den? (Forschungsfrage Team Marzahn-Hellersdorf 2)

Die erste Forschungsphase wurde au­ßer­dem genutzt, um methodische Fra­gen wie z. B. „Was bedeutet for­schen?“, „Was ist ei­ne for­schende Haltung?“, „Was sind Peers?“, „Was ist Par­ti­zi­pa­ti­on?“ zu klä­ren. Für die zwei­te Forschungsphase ab September die­ses Jahres steht nun die Datenerhebung (qualitative Leitfadeninterviews) mit der anschließenden Aus­wer­tung an.

Der Pro­zess der ersten Pha­se wurde ge­mein­sam in den Forschungsteams reflektiert und ausgewertet. Dabei zeigte sich, dass die Beteiligung an dem Forschungsprozess sei­tens der Eltern auch mit der Er­war­tung an ei­ne Veränderung der Pra­xis verbunden ist. So formulierte ei­ne Teilnehmende aus der Forschungswerkstatt: „Mir gefällt be­son­ders gut, dass ich in ei­nen Pro­zess eingebunden bin (…), wo wir aktiv was da­zu bei­tra­gen kön­nen, dass sich et­was verändert.“ Am En­de des Pro­zesses wird sich zei­gen, in­wie­fern nicht nur der hohe An­spruch der partnerschaftlichen Ge­stal­tung des gesamten Forschungsprozesses eingelöst wer­den konnte, son­dern ob au­ßer­dem die erarbeiteten Ergebnisse mit al­len für die Kita-Pha­se Verantwortlichen verwertet wer­den kön­nen. Dies wird ei­ne zentrale Auf­ga­be der begleitenden kommunalen Steuerungsrunden für das dritte Projektjahr in 2017 sein.

Weitere Informationen zu dem Teilprojekt ElfE fin­den Sie hier.

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