Die Situation der Jugendlichen
Jugendliche sind von der Gesundheitsförderung bislang verhältnismäßig wenig berücksichtigt worden (Expertengespräch „Sichere Übergänge - gesund aufwachsen“ des Kooperationsverbundes Gesundheitsförderung bei sozial Benachteiligten, 18.02.2010). Dies ist ein Defizit, denn diese Lebensphase birgt umfassende Entwicklungsaufgaben und Weichenstellungen. Die Jungen und Mädchen verändern sich körperlich stark und müssen ihre eigene Identität finden (Bundesministerium für Familie, Senioren Frauen und Jugend 2009: 117). Ihr Radius erweitert sich, sie können und wollen mehr - und sie suchen nach Grenzen. Das ist eine wichtige gesundheitsrelevante Entwicklungsaufgabe (Bundesministerium für Familie, Senioren Frauen und Jugend 2009: 117). Freundschaften zu Gleichaltrigen bekommen einen neuen Stellenwert. Die Bestätigung und Anerkennung, die Jugendliche in diesen Beziehungen erfahren, können frühkindliche unsichere Bindungserfahrungen kompensieren helfen (Bundesministerium für Familie, Senioren Frauen und Jugend 2009: 118).
Sozial benachteiligte Jungen und Mädchen haben im Jugendalter häufig bereits eine begrenzte Perspektive, was ihre Bildungs- und Berufschancen angeht. Sie brauchen Unterstützung und Ermutigung, um einen neuen Blick auf die eigene Zukunfts- und Lebensperspektive zu entwickeln. Vorbilder und Vertrauenspersonen können Jugendliche darin unterstützen, eigene Vorstellungen zu entwickeln und sie auch zu verwirklichen.
Wie Good Practice Angebote angemessen darauf reagiert haben
Integrierte Handlungskonzepte in der Kommune für Schulen, Horte und Jugendfreizeiteinrichtungen
Gesundheitsförderlich gestaltete Schulena, b unterstützen alleine oder in Zusammenarbeitc mit Hort und Jugendfreizeitangeboten Jungen und Mädchen in ihren Entwicklungsaufgaben. Das zeigen Good Practice-Beispiele. Sie geben Anregungen, wie Hort, Schule und andere Partner gemeinsam Gewalt- und Suchtprävention oder auch Schul- und Freizeitsport organisieren und das Angebot z.B. durch das Jugendamt finanzierend, e, f. Ein Weg, die kommunale Vernetzung mit dem Ziel der Gesundheitsförderung neu auszurichten, ist die BZgA-Aktion GUT DRAUF. Kommunen, Schulen und Jugendfreizeiteinrichtungen werden mit dem Siegel GUT DRAUF für Jugendliche attraktiver. Dazu erfüllen sie Kriterien für eine gesunde Ernährung, Bewegung und Stressregulation. Zu den Themen, mit denen Jugendliche angesprochen werden, gehört auch der Umgang mit Alkohol und anderen Suchtmitteln. Diese Präventionsangebote zeigen Alternativen auf und unterstützen positive Lebenskonzepte1, 2, 3.
Gesundheitsfördernde Partizipation und Wertschätzung in der Schulorganisation und im Umgang mit Jugendlichen
Good Practice-Angebote zeigeng, wie Jungen und Mädchen Räume finden, sich zu erproben und selbstständig zu entwickeln. Die Angebote sind erfahrungsgemäß erfolgreicher, wenn die Jugendlichen sie selbst mit entwickeln und gestalten könnenb, h. Beteiligungsmöglichkeiten geben den Jungen und Mädchen Gelegenheit, ihre Fähigkeiten zu entwickeln und ermöglichen es ihnen, Verantwortung für sich und andere zu übernehmen. Dazu gehört zugleich ein respektvoller Umgang miteinander und Wertschätzung, die im Schulalltag gelebt wird. Diese Erfahrungen können Jugendliche auch für andere gesundheitsfördernde Angebote motivieren. Sportangebote ermöglichen es ihnen, in den Teams Verantwortung zu lernen und Regeln der Gruppe zu akzeptiereni. Sie sollten die Jugendliche niedrigschwellig erreichen, d.h. wohnortnah und ohne verpflichtende Mitgliedschaft und Teilnahmegebühren.
Soziale Beratung in besonderen Problemsituationen
Jungen und Mädchen benötigen in dieser Phase aber auch Anregungen und Unterstützung, um selbst eine tragfähige und positive Lebens- und Zukunftsperspektive zu entwickeln - und damit letztlich einen gesunden Lebensstil. Nach wie vor wichtig sind verlässliche erwachsene Bezugspersonen, die sie bei Problemen in der Schule, im Elternhaus oder bei der beruflichen Orientierung ansprechen könnenc. Wichtig ist, dass die Jugendlichen eine breite Palette an Berufsmöglichkeiten kennenlernen, denn häufig dominieren im persönlichen Umfeld tradierte Berufsbilder. Gute Zugangswege für solche Beratungsangebote sind nach den Erfahrungen der Kooperationspartner jugendgemäße Kommunikationsformen wie SMS oder Handy-Filme, mit denen Jugendliche sich mit ihrem Umfeld auseinandersetzen.
Berufsübergang in Zusammenarbeit von Schulen und Arbeitsagenturen
Jungen und Mädchen aus sozial benachteiligten Familien werden oft weniger als ihre Altersgenossen beim Übergang von der Schule in die weitere Ausbildung bzw. ins Berufleben unterstützt. Das BZgA-Programm Komm auf Tour setzt hier an. In Zusammenarbeit mit den Arbeitsagenturen, Schulen, Gesundheits- und Sozialberatungen werden Jungen und Mädchen ab der 7. Klasse für ihre Stärken sensibilisiert und erhalten Unterstützung und Anregung, um eigene Lebensperspektiven zu entwickeln. Dies geschieht im Kontext von Lebensplanung und Berufsorientierung.
Elternarbeit als integraler Bestandteil der Arbeit mit Jugendlichen in der Gesundheitsförderung
Auch in dieser Phase spielt die Unterstützung der Eltern eine wichtige Rolle. Obwohl sich die Jugendlichen in diesem Alter auch vom Elternhaus abgrenzen, sind es doch häufig die Familien, die Berufs- und Rollenperspektiven prägen, insbesondere in Familien mit Migrationshintergrund. Eltern brauchen häufig selbst Unterstützung, um ihren Kindern in dieser Phase helfen zu können. Ein vertrauensvolles Verhältnis, das gegenüber einem Schulsozialarbeiter oder einer Lehrerin gewachsen ist, oder der bewährte Kontakt zu familienunterstützenden Einrichtungen im Stadtteil kann ihnen diese Unterstützung geben. Gleichzeitig müssen den Jugendlichen Alternativen zu den im Elternhaus möglicherweise vorherrschenden Vorstellungen geboten werdenf, c.
- Partizipative Konzepte ermöglichen Jugendlichen eigene Erfahrungen, bei denen sie ihre Fähigkeiten entdecken können. Schulen, Jugendfreizeitheime und Kommunen, die Jungen und Mädchen solche Beteiligungsmöglichkeiten eröffnen, schaffen damit Gelegenheit, sich selbst zu erproben und neue Aufgaben zu bewältigen. Auf diese wichtigen gesundheitsförderlichen Erfahrungen können Jugendliche auch bei zukünftigen Herausforderungen zurück greifen.
- Berufliche Möglichkeiten sollten Jugendlichen möglichst früh, spätestens ab der 7. Klasse vermittelt werden. Schule, Berufsberatung, Wirtschaft, Gesundheits- und Sozialberatungen können gemeinsam entsprechende Angebote gestalten und Jungen und Mädchen dabei unterstützen, eine Lebens- und Berufsperspektive zu entwickeln.
- Kommunen können die Mitsprache von Jugendlichen fördern, indem sie ihnen Angebote zur Beteiligung machen und Gemeinschaftsaktionen stärken, die partizipative Ansätze unterstützen.
Herausforderungen für die Partner im Kooperationsverbund
Die Partnerorganisationen im Kooperationsverbund sollten auf die Kultusministerien der Länder zugehen
Die Partner des Kooperationsverbundes können die Kultusministerien der Länder und die Kommunen dabei unterstützen, gesundheitsförderliche Angebote mit Jungen und Mädchen zu gestalten. Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe, des Sports, der Kranken- und Unfallkassen etc. sollten dabei mit Jugendlichen gemeinsam in Schulen und Stadtteilen solche Konzepte umsetzen. Jungen und Mädchen zu beteiligen und zu befähigen sind wichtige Bausteine für die Entwicklung von Lebenskompetenzen und eines gesunden Lebensstils.
Der Kooperationsverbund sollte jugendgerechte Kommunikationsmittel zur Verfügung stellen
Die Good Practice-Kriterien des Kooperationsverbundes helfen den Partnern, die Qualität ihrer Angebote zur Gesundheitsförderung zu entwickeln und gesundheitsrelevante Aspekte zu benennen. Vor allem sollten die Angebote dem Bedarf und den Kommunikationsformen junger Menschen entsprechen4.
Angebote für Eltern bereit halten
Um ihren Weg zu finden, brauchen Jugendliche auch in dieser Entwicklungsphase die Unterstützung von Erwachsenen, die ihnen Vorbild und Hilfe sind. Eltern müssen Angebote und Rahmenbedingungen vorfinden, die sie in die Lage versetzen, ihren Kindern zur Seite zu stehen.
Entsprechende Good Practice Angebote
a. Gesund leben lernen
b. Programm „BodyGuard“ des Internationalen Bundes (IB)
c. Schulpädagogische Sozialarbeit und Schuljugendarbeit an der Staatlichen Regelschule „Werner-Seelenbinder“ in Apolda, Vernetzung mit dem Jugendclub des CJD
d. Starke Kid´s und Fit für´s Leben
e. fit ist cool - Thüringer Netzwerk für mehr Bewegung und ausgewogene Ernährung
f. Kinderhaus Malstatt
g. Medienprojekt „Wir lassen uns nicht manipulieren"
h. Unser Platz
i. Sport gegen Gewalt, Intoleranz und Fremdenfeindlichkeit