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Angebotsdarstellung

Good Practice

Veröffentlichung: 2007

Ambulant betreutes Wohnen für Suchtkranke

Kurzbeschreibung mit Zielen und Maßnahmen

Die gesundheitlichen und sozialen Folgen durch Suchterkrankungen sind bekannt. Abhängige Suchtkranke benötigen viel Hilfe, um wieder in ein familiäres, berufliches und soziales Leben zurückzufinden. Entgiftung, Entwöhnungsbehandlung und herkömmliche Beratungsleistungen reichen oftmals nicht aus, sodass eine hohe Rückfallgefahr besteht. Das Projekt „Ambulant betreutes Wohnen für Suchtkranke“ bietet ein ganztägiges Betreuungsprogramm an, in dem die Betroffenen Beratung und Unterstützung erfahren sowie über die Beteiligung an der Tagesstruktur verschiedene Beschäftigungsmöglichkeiten erhalten. Diese umfassen die Bereiche Sozialarbeit, Hauswirtschaft, Garten- und Außenanlagen, Werkstatt, Tischlerei, Um- und Ausbau sowie Möbelrecycling. Zielsetzung ist, die Suchtkranken zu rehabilitieren und ihnen Möglichkeiten aufzuzeigen, ihr Leben wieder sinnvoll und ausfüllend zu gestalten.

Durch das „Ambulant betreute Wohnen“ konnten Rückfälle in die Sucht stark eingeschränkt werden. Laut Aussagen der Projektleitung schaffen es ca. 87% der Suchtkranken, über längere Zeit bzw. dauerhaft abstinent zu bleiben.


Kontakt

Herr Wolfgang Auerbach
Magdeburger Str. 35
39291 Möckern (Sachsen-Anhalt)

Telefon: 039221 / 7795

E-Mail: wolfgang.auerbach(at)t-online.de


Projektträger

Deutsches Rotes Kreuz Regionalverband Magdeburg-Jerichower Land e.V.
In der alten Kaserne Nr. 13
39288 Burg


Hintergrund

Die DRK-Suchtberatungsstelle „Ambulant betreutes Wohnen“ in Möckern ist seit 1997 eine Anlaufstelle für Menschen mit Suchtproblemen insbesondere im Zusammenhang mit Alkohol und Medikamenten und wurde aufgrund der Bedarfslage in der Region ins Leben gerufen. Oberstes Ziel ist, die von Abhängigkeitserkrankungen betroffenen Menschen wieder in ihr familiäres, berufliches und soziales Leben auf der Basis einer abstinenten Lebensweise zu integrieren. Dazu kann es nötig sein, dass die betroffene Person einige Zeit ganztägig von den Suchtberaterinnen und -beratern betreut wird. Um den Suchtkranken diese Möglichkeit bieten zu können, wurden Wohnhäuser entsprechend umgebaut und mit kleineren Mietwohnungen ausgestattet. Zurzeit werden 32 „Plätze“ vorgehalten. Der Bedarf ist jedoch wesentlich höher.

Der Aufnahme in das betreute Wohnen geht eine stationäre Behandlung voraus, das heißt, eine qualifizierte Entgiftung im medizinisch-therapeutischen Bereich des Fachkrankenhauses für Psychiatrie und Neurologie in Jerichow. Schon währenddessen werden den Klientinnen und Klienten mögliche Behandlungsangebote für die Zeit nach der Entgiftung aufgezeigt. Dabei arbeiten verschiedene Träger zusammen, die alle die Rehabilitation von Suchtkranken zum Ziel haben. Neben dem „Ambulant betreuten Wohnen“ in Möckern oder Burg beim DRK Jerichower Land e.V. sind das zum Beispiel das sozialtherapeutische Zentrum in Ringelsdorf unter der Trägerschaft der Volkssolidarität GmbH oder die Suchtberatungsstelle Aufbruch e.V. unter der Trägerschaft des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes.

Die Aufnahme in das „Betreute Wohnen“ erfolgt immer freiwillig. Die Klientinnen und Klienten werden in die bestehende Tagesstruktur einbezogen, das heißt, sie bringen sich in die Bereiche Sozialarbeit, Hauswirtschaft, Garten- und Außenanlagen, Werkstatt, Tischlerei, Um- und Ausbau sowie Möbelrecycling ein. Die Betroffenen sollen während ihres Aufenthaltes im „Ambulant betreuten Wohnen“ weiterhin am gesellschaftlichen Leben teilhaben. Die Arbeits- und Erwerbsfähigkeit dieser Menschen soll während dieser Zeit durch die verschiedenen Tätigkeiten gefestigt werden. Dadurch kann im Laufe der Zeit das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten aufgebaut und das Selbstbewusstsein der Betroffenen gestärkt werden. Sämtliche medizinischtherapeutische Maßnahmen helfen, den eigenen Tag zu organisieren und zu strukturieren. Nicht zuletzt werden Bewerbungs-, Gedächtnis- oder auch Sozialtrainings durchgeführt, bei dem Behördengänge sowie der Umgang mit Geld thematisiert und geprobt werden. Durch die verschiedenen Einsatzmöglichkeiten, die die Einrichtung bietet, können die Klientinnen und Klienten ihre Fähigkeiten und Neigungen testen, um spätere Erwerbsmöglichkeiten für sich zu erschließen. So wurde zum Beispiel ein „Klamotten- und Möbelmix“- Geschäft in einem Wohnblock von Betroffenen für Betroffene eingerichtet.

Um neue Einsatzmöglichkeiten für Betroffene bemüht sich der DRK-Kreisverband Jerichower Land e.V. ständig. Dazu werden Kooperationen mit verschiedenen Institutionen eingegangen. Zurzeit werden Räume für die Freizeitgestaltung der Suchtkranken umgebaut.


Vorgehen

Bei der Aufnahme neuer Klientinnen bzw. Klienten werden gemeinsam mit dem Betreuer bzw. der Betreuerin die Betreuungsziele besprochen, wovon einzelne festgeschrieben sind: u. a. Abstinenz, Rückführung in das gesellschaftliche Leben oder Stärkung des Selbstbewusstseins. Mit der Einverständniserklärung der Klientin bzw. des Klienten und der Annahme der Hausordnung mietet die Klientin bzw. der Klient in der Regel eine Wohnung an. Vermietet werden nur Einzelwohnungen. Die Aufenthaltsdauer im „Ambulant betreuten Wohnen“ ist unterschiedlich; maximal sind zwei Jahre möglich. Im Einzelfall muss erneut entschieden werden. Über 95 % der Klientinnen und Klienten entschließen sich zu einer Verlängerung ihres Aufenthaltes im „Ambulant betreuten Wohnen“ um ein weiteres Jahr.

Viele Suchtkranke müssen, um ihre Sucht besiegen zu können, ihre gewohnte Umgebung und ihren Freundeskreis verlassen. Das ist einer der Gründe, warum die Möglichkeit des „Ambulant betreuten Wohnens“ von den Betroffenen gern angenommen wird. Dort lernen sie Menschen kennen, die das gleiche Problem haben und vor ähnlichen Hürden stehen. Bereits abstinente Suchtkranke helfen den neuen Klientinnen und Klienten bei der Eingewöhnung und stärken durch ihr Vorbild den Mut der Betroffenen, ebenfalls den Weg aus der Sucht zu wählen und beizubehalten.

In der integrativen Therapie spricht der Suchtberater bzw. die Suchtberaterin mit der Klientin bzw. dem Klienten über ihr bzw. sein Problem und seine Lösungsmöglichkeiten, das heißt, es wird über Wege zur Sinnfindung zur Schaffung von Grundvertrauen, der Persönlichkeitsentfaltung und zum Aufbau von sozialen Netzwerken gesprochen. Durch die persönlichen Beratungen und das „Ambulant betreute Wohnen“ soll der Suchtkranke erkennen, dass ein Leben ohne die Sucht möglich und lohnenswert ist.

Die von den Klientinnen und Klienten während der betreuten Zeit geleistete Arbeit wird von der gesellschaftlichen Öffentlichkeit immer mehr geschätzt. Aus- bzw. Umbauten durch die Klientinnen und Klienten der Suchtberatungsstelle werden häufiger in der Presse vorgestellt. Die Einbindung der Betroffenen in die verschiedenen Arbeiten ist ein Weg, um die Ressourcen kranker Menschen mit mangelnder psychosozialer Kompetenz und fehlendem sozialen Netzwerk für die Bewältigung von Alltagssituationen zu stärken. Dass diese Einbindung den Betroffenen hilft, zeigt der Stolz, mit dem sie über die verrichteten Arbeiten berichten.

Nach einem halben Jahr im „Ambulant betreuten Wohnen“ werden die Klientinnen und Klienten auf „das Leben danach“ vorbereitet. Der neue Wohnort wird besprochen, das heißt, die Klientin bzw. der Klient muss sich entscheiden, wo er in Zukunft leben und seinen Freundeskreis aufbauen will; weiterhin werden Erwerbsmöglichkeiten geprüft; durch die Beratungsstelle und das „Möbel- und Klamottenmix“-Geschäft wird Unterstützung bei Umzug und Ausstattung gewährleistet. Oftmals helfen sich die Suchtkranken auch gegenseitig. Die Nachsorge eines Suchtkranken besitzt einen hohen Stellenwert. Derzeit wird diese Arbeit von den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen der Beratungsstelle übernommen, die oftmals ihre Freizeit nutzen, um bei ehemaligen Suchtkranken Hausbesuche vorzunehmen. Eine Personalstelle, die sich um die Nachsorge kümmern soll, wurde beim Sozialamt beantragt, jedoch bisher noch nicht bewilligt.

Nur durch das Engagement der im DRK-Kreisverband Jerichower Land e.V. arbeitenden Mitarbeiter und Mitarbeiterinnnen sowie der Betroffenen selbst konnte das Angebot des „Ambulanten betreutes Wohnens“ bisher konstant gehalten und weiterentwickelt werden.

Durch die ganztägige Betreuung der Suchtkranken konnten mehr Erfolge erzielt werden als mit der herkömmlichen Beratungsleistung. Oftmals reichen Entgiftung und Entwöhnungsbehandlung nicht aus, sodass eine hohe Rückfallgefahr besteht. Durch das „Ambulant betreute Wohnen“ konnte dies eingeschränkt werden, sodass es ca. 87 % der ehemaligen Suchtkranken schaffen, länger bzw. dauerhaft abstinent zu sein.


Good Practice in

Qualitätsmanagement

Die Beratungen und Fortschritte der Klientinnen und Klienten werden regelmäßig dokumentiert und die Maßnahmen entsprechend angepasst. Die Suchtberaterinnen und -berater des DRK treffen sich regelmäßig, um ihre Erfahrungen auszutauschen und das Vorgehen bei möglichen Problemfällen gemeinsam zu besprechen.

Finanzielle Unterstützung für den Aus- bzw. Umbau von Räumlichkeiten werden fortlaufend beantragt und bei Bewilligung umgesetzt, das heißt, neue Wohneinheiten oder Freizeitmöglichkeiten werden geschaffen, ältere saniert.

Derzeit durchläuft die Einrichtung eine selbstgewählte Qualitätsprüfung (Audit). Hierzu hat sich eine Arbeitsgruppe aus Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des DRK-Landesverbandes gebildet, die sich mit den Audit-Kriterien befasst und die Einrichtungen (DRK-Beratungsstellen) qualitativ überprüfen wird. Auf eine vollständige Erfüllung der Kriterien wird kontinuierlich hingearbeitet.

Empowerment

Durch die Tagesstruktur im „Ambulant betreuten Wohnen“ werden die Suchtkranken befähigt, ihr weiteres Leben gesundheitsförderlicher zu gestalten. In den Beratungsgesprächen werden mit jedem einzelnen Betroffenen die Ursachen für seine Sucht erörtert, Informationen über die Krankheit „Sucht“ weitergegeben, Lösungsmöglichkeiten erarbeitet, eigene Ressourcen und deren kompetente Nutzung aufgezeigt und Zukunftsperspektiven erörtert. Diese Gespräche geben dem Suchtkranken die Möglichkeit zu erkennen, in welchen Situationen er seine Sucht befriedigen muss und wie er dagegen angehen kann. Im Sozialtraining werden die Klientinnen und Klienten befähigt, mit seinem Geld besser umzugehen, sich auf Bewerbungsgespräche vorzubereiten und durch Umschulungsmaßnahmen neue Erwerbsmöglichkeiten anzunehmen. Dadurch wird sein Selbstvertrauen gestärkt. Vor allem auch durch die Vorbildfunktion bereits abstinenter Suchtkranker im „Ambulant betreuten Wohnen“ wird die positive Entwicklung Betroffener unterstützt.


Laufzeit des Angebotes

Beginn: 1996

Abschluss: kein Ende geplant


Welche Personengruppe(n) in schwieriger sozialer Lage wollen Sie mit Ihrem Angebot erreichen?

  • Suchtkranke Personen
  • Angehörige von Personen mit erhöhtem Unterstützungsbedarf

Das Angebot richtet sich insbesondere an folgende Altersgruppen

  • 18 bis 29 Jahre
  • 30 bis 49 Jahre
  • 66 bis 79 Jahre
  • 50 bis 65 Jahre

Das Angebot umfasst geschlechtsspezifische Angebote für

  • Keine geschlechtsspezifischen Angebote

Schwerpunkte des Angebotes

  • Sucht

Das Angebot wird hauptsächlich in folgenden Lebenswelten umgesetzt

  • Beratungsstelle
  • Sonstiges: ambulante Wohnformen, Kontaktcafé

Stand

24.05.2018

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