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Angebotsdarstellung

Good Practice

Veröffentlichung: 2007

"fit ist cool"

Kurzbeschreibung mit Zielen und Maßnahmen

Übergewicht bei Kindern ist ein zunehmendes Problem. Als wesentliche Ursache wird ein Ungleichgewicht von Ernährung und körperlicher Aktivität gesehen. Sozial benachteiligte Kinder sind besonders betroffen. Bisher blieben die meisten Aktivitäten zur Förderung eines gesunden Ernährungs- und Bewegungsverhaltens in Thüringen auf einen Bereich beschränkt bzw. sind Einzelaktionen. Bringt man den Bereich Ernährung und Bewegung zusammen, bietet sich die Chance, durch sektorenübergreifende Koordinierung effektiver, öffentlich wirksamer und zielgenauer zu arbeiten. Über ein Netzwerk wird das Thema auf eine breite, nachhaltige gesellschaftliche Basis gestellt, um somit die Verbreitung von Informationen über gesunde Ernährung zu fördern und gleichfalls Heranwachsende zu mehr Bewegung zu motivieren. Ziel ist es, dass alle Akteurinnen und Akteure – von der Lebensmittelindustrie, dem Sport, der Agrarwirtschaft, des Gesundheitsbereiches, der Politik, der Eltern und Kinder bis hin zu den Medien – zusammenwirken. Zentrales Element des Netzwerks ist die Etablierung eines langfristigen Ernährungs- und Bewegungsangebotes in jeden Landkreis und jeder kreisfreien Stadt Thüringens für übergewichtige Kinder, begleitet durch schulische Angebote und eine Medienpartnerschaft zur Sensibilisierung für die Thematik und angebotene Interventionen.


Kontakt

Frau Anette Skujin
Werner-Seelenbinder-Str. 1
99096 Erfurt (Thüringen)

Telefon: 0361 / 3405436

E-Mail: a.skujin(at)lsb-thueringen.de

Website: http://www.thueringen-sport.de


Weitere Ansprechperson

Frau Annegret Busch
Werner-Seelenbinder-Str. 1
99096 Erfurt (Thüringen)

Telefon: 0361 / 3405442

E-Mail: fit.ist.cool(at)lsb-thueringen.de


Projektträger

Landessportbund Thüringen e.V. Referat Kinder- und Jugendsport
Werner-Seelenbinder-Str. 1
99096 Erfurt


Hintergrund

Übergewicht im Kindes- und Jugendalter nimmt in den Industrienationen stetig zu. Eine Zusammenstellung der Arbeitsgemeinschaft Adipositas im Kindes- und Jugendalter aus verschiedenen Regionen Deutschlands mit Angaben zur Prävalenz des Übergewichts zeigt auf, dass 10–18% der Kinder und Jugendlichen in Deutschland übergewichtig sind (BMI > 90. Perzentile). Übergewicht im Kindes- und Jugendalter legt nicht nur einen Grundstein für eine erhöhte Morbidität und Mortalität im Erwachsenenalter, sondern hat bereits im Kindes- und Jugendalter erhebliche gesundheitliche Auswirkungen. Übergewichtige Heranwachsende haben jedoch nicht nur körperliche Beschwerden. Sie leiden auch subjektiv unter ihrem Gewicht, erleben Ausgegrenztsein und Stigmatisierung und haben zum Teil ein deutlich geringeres Selbstwertgefühl. Vorhandene Studien belegen einen deutlichen Zusammenhang zwischen sozialer Lage und Gewicht. Die Prävalenzraten für Übergewicht und Adipositas sind in der Gruppe der sozial Benachteiligten deutlich erhöht, und das Ernährungsverhalten ist ungünstiger. Auch wenn es noch keine ausformulierten Modelle des Zusammenwirkens von sozialer Lage und Gewicht unter Berücksichtigung aller relevanten Einflussfaktoren gibt, steht fest, dass Übergewicht im Kindes- und Jugendalter multifaktoriell verursacht wird und ebenso vielschichtige Interventionen zur Prävention benötigt. Im Zentrum der Arbeit in unterschiedlichen relevanten Settings müssen die Familien stehen, da hier Ernährungsgewohnheiten geprägt werden und sich Aspekte sozialer Benachteiligung deutlich im Ernährungsverhalten niederschlagen. Darüber hinaus ist das Lebensmittelangebot in diesen Familien zum Teil unausgewogen und nicht bedarfsgerecht. Es wird als notwendig erachtet, dass Ernährungsverhalten immer auch im Kontext mit dem Bewegungsverhalten und dem Fernsehkonsum zu sehen.


Vorgehen

Das Thüringer Netzwerk für mehr Bewegung und ausgewogene Ernährung der Kinder „fit ist cool“ wurde als Kooperationsprojekt im Januar 2005 ins Leben gerufen, um gebündelte Aktivitäten auf diesem Gebiet zwischen mehreren Kooperationspartnern zu ermöglichen. Die Projektpartner bauten als ein zentrales Element des Netzwerks gemeinsam in den Jahren 2005/2006 und weiterführend 2007/2008) in jedem Stadt- und Kreissportbund Thüringens mindestens ein Angebot für Kinder (acht bis zwölf Jahre) mit mangelnden Bewegungserfahrungen und Übergewicht in einem Sportverein auf.

Die Gruppen mit maximal 15 Kindern sollen über einen Zeitraum von neun Monaten möglichst zweimal die Woche betreut werden. Der Einstieg erfolgt über Kursangebote zur Verminderung des Bewegungsmangels durch Bewegung, Spiel und Sport mit dem Ziel der Erhöhung des Grundenergieumsatzes. Neben Bewegung ist die Ernährung ein wichtiger Teil des Projekts. Zweimal im Monat werden Ernährungsberatungen gemeinsam für Eltern und Kinder mit dem Ziel der Ernährungsumstellung durchgeführt. Ebenso gibt es Workshops und Erlebnistage für Kinder, Eltern und Großeltern. Von einem geschulten Übungsleiter der 2. Lizenzstufe mit dem Schwerpunkt Prävention für Kinder werden Betreuerteams vor Ort gegründet. Diesem regionalen Netzwerk gehört Fachpersonal aus den Bereichen Übungsleitung, Ernährungsberatung, Psychologie, Familientherapie sowie Kinderarzt bzw. -ärztin, das Schulamt und der Vereinsberater bzw. die Vereinsberaterin des Stadt- bzw. Kreissportbundes an. Über eine Honorarregelung im Rahmen des § 20 SGB V mit Krankenkassen können die Leistungen im Bewegungsbereich und für die Ernährungsberatung bei entsprechender Qualifikation der Leiter bzw. Leiterinnen für die ersten zwölf Kursstunden finanziert werden. Die Schulungen des Übungsleiterteams sowie der Multiplikatorinnen/Multiplikatoren erfolgte im Jahr 2005 und 2006 über die Sportakademie des Landessportbundes Thüringen. Die Finanzierung wurde durch einen Eigenanteil der Übungsleiterinnen bzw. -leiter und Multiplikatorinnen bzw. Multiplikatoren und durch das Thüringer Ministerium für Soziales, Familie und Gesundheit (TMSFG) gesichert. Die Koordination der Pilotprojekte und die Erarbeitung von Checklisten als Leitfaden für den Aufbau der anderen Gruppen finanziert das TMSFG.

Der Radiosender „Antenne Thüringen“ bringt sich in das Netzwerk mit einem weiteren Element, dem einmal jährlich stattfindenden Wettbewerb „Fitteste Schulklasse“ ein. Schulen können sich mit einer witzigen gemeinsamen Idee für mehr Bewegung bewerben. Eine der Ideen, die beim Radiosender eingereicht und ausgezeichnet wurden, ist ein Treppenlauf im Schulhaus unter Einbeziehung der Eltern und regionaler Partner. Der Aktion geht eine Infowoche mit Expertinnen und Experten zum Thema „Ernährung und Bewegung“ und Informationsmodulen auf der Internetpräsenz des Radiosenders voraus.

Als ein weiterer Baustein fährt das „fit-mobil“ durch Thüringen und macht an Schulen und Kindergärten auf das Netzwerk mit seinen Angeboten aufmerksam. Das Angebot „fit mobil“ wurde für Kinder der Klassenstufen 1–4 konzipiert, kann aber auch bei älteren Schülerinnen und Schülern oder auch an Förderschulen durchgeführt werden. Mit einem Bus besuchen Ernährungswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler der DGE-Sektion Thüringen und Übungsleiter aus Sportvereinen Schulen im Freistaat und bieten Informationen und Aktionen zum Thema „Gesundheitsfördernde Ernährung und Bewegung“ an. Der Projekttag ist in einen theoretischen und praktischen Abschnitt aufgeteilt. Im theoretischen Teil können Schulen zwischen einer Unterrichtseinheit oder einem Ernährungsquiz wählen. Im praktischen Abschnitt erhalten die Kinder, zum Teil auch als gemeinsame Aktion mit den Eltern und Großeltern, die Möglichkeit vollwertige Speisen zuzubereiten.


Good Practice in

Nachhaltigkeit

Die bisher modellhafte Arbeit im thüringenweiten Netzwerk soll bis Ende 2008 ausgeweitet werden. Ziel ist der Aufbau eines Ernährungs- und Bewegungsangebots in allen 23 Landkreisen und kreisfreien Städten Thüringens für die definierte Zielgruppe unter Anleitung der speziell ausgebildeten Übungsleiterinnen und -leiter. Diese Angebote sollen fest in die Struktur und die Angebote der Vereine integriert werden. Die Anschubfinanzierung über das Projekt wird dann abgelöst durch die Vereinsförderung durch den Landessportbund. Bereits jetzt zahlen die teilnehmenden Kinder einen monatlichen Vereinsbeitrag in Höhe von drei bis zehn Euro, um den Übergang in das reguläre Vereinsangebot und den Verbleib in der Gruppe nach Beendigung des Projekts zu erleichtern. Trotz dieser scheinbaren Hürde wird das Angebot derzeit vor allem von benachteiligten Familien mit großem Interesse angenommen. Perspektivisch existieren Überlegungen, bei Nichtfinanzierbarkeit des Angebots durch die Familien eine Förderungsoption über die Jugendämter analog zu einem Modell aus Hamburg zu eruieren. Um für die Vereine und für die Übungsleiterinnen und -leiter ein unkompliziertes Antragsverfahren zu ermöglichen, wurde ein Rahmenvertrag mit der AOK-Thüringen geschlossen, der auf weitere Landeskrankenkassenverbände erweitert werden soll.

Das Netzwerk „fit ist cool“ ist Teil der landesweiten Kampagne „Gesund leben – Jemand dagegen?“; Schirmherr des Netzwerks ist der Thüringer Minister für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt, Dr. Volker Sklenar.

Dokumentation und Evaluation

Die Planung und Gestaltung des regional verankerten Ernährungs- und Bewegungsangebots erfolgt durch Kinderärztinnen und -ärzte, Psychologinnen bzw. Psychologen, Ernährungsberaterinnen bzw. -beratern sowie dem Übungsleiter bzw. der Übungsleiterin, koordiniert durch den Stadt- bzw. Kreissportbund. Es erfolgt eine Eingangs- und Ausgangsuntersuchung der teilnehmenden Kinder durch den Kinderarzt bzw. die Kinderärztin. Durchgeführt werden ein psychologischer Test, der Münchner Fitnesstest und eine Fragebogenerhebung zum Ernährungsverhalten gemeinsam mit den Eltern. Die angewendeten Instrumente entstammen dem Trainermanual „Aktiver, leichter, gesünder“ der Arbeitsgemeinschaft Adipositas im Kindes- und Jugendalter. Durch einen Testlauf der Angebote in vier Modellregionen (Altenburg, Erfurt, Suhl, Jena) in der ersten Hälfte 2005 bis Juni 2007 wird die Gruppenbildung ab September 2005/2006 mit den Erfahrungen aus dem Testlauf unterstützt. Die jeweiligen Ergebnisse werden ergänzt durch Auswertungsgespräche mit den Partnern, regional aufbereitet und für andere Regionen über Fortbildungsveranstaltungen zur Verfügung gestellt. Erfahrungen aus den Modellregionen haben bisher gezeigt,
- dass die Angebote durch erweiterte Kooperationen vor Ort, zum Beispiel mit Fachschulen für Gesundheits- und Sozialberufe profitieren,
- dass die ursprünglich vorgesehene Betreuung der Familien durch einen Kinderarzt bzw. eine Kinderärztin nicht die Bedürfnisse trifft, sodass das Konzept dahingehend geändert wurde und die teilnehmenden Kinder bei ihrem Kinderarzt bzw. ihrer Kinderärztin verbleiben können und
- dass sich die Zusammenarbeit von zwei Übungsleitern in einem Angebot als positiv herausgestellt hat, um die teilnehmenden Kinder intensiv und bei Bedarf auch individuell betreuen zu können.

Die Gesamtevaluation der Angebote erfolgt nach Vorliegen der Ergebnisse durch die Friedrich-Schiller-Universität Jena. Als übergeordnete Indikatoren zur Erfolgsbewertung werden der Verbleib der Kinder in den Vereinsstrukturen, die feste Verankerung des Angebots in der Region und eine Beteiligung der Eltern im Bewegungsbereich beschrieben. Aus den Evaluationsergebnissen sollen politische Forderungen abgeleitet werden, die für eine langfristige Implementation derartiger Angebote sprechen, um diesbezüglich ins Gespräch mit Leistungsträgern zu kommen.

Die Angebote erfüllen die Anforderungen des § 20 SGB V und sind über das Qualitätssiegel „Sport pro Gesundheit“ zertifiziert.


Laufzeit des Angebotes

Beginn: August 2005

Abschluss: kein Ende geplant


Das Angebot richtet sich insbesondere an folgende Altersgruppen

  • 6 bis 10 Jahre
  • 11 bis 14 Jahre

Das Angebot umfasst geschlechtsspezifische Angebote für

  • Keine geschlechtsspezifischen Angebote

Das Angebot wird hauptsächlich in folgenden Lebenswelten umgesetzt

  • Kindertageseinrichtung / Kindertagespflege
  • Schule

Stand

07.05.2015

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