Veröffentlichung: 2008
Kinderhaus Malstatt
Kurzbeschreibung mit Zielen und Maßnahmen
Die Bewohnerstruktur des Saarbrücker Stadtteils Malstatt ist geprägt von einem niedrigen Durchschnittsalter und hoher Arbeitslosigkeit. Die prozentual am häufigsten von Armut betroffene Altersgruppe in Malstatt ist die der Kinder im Alter von null bis fünf Jahren. Aus dieser Gruppe leben circa 50 Prozent im Sozialgeldbezug. Aufgrund bekannter Zusammenhänge von Armut und Gesundheit ist bei diesen Kindern das Risiko für Entwicklungsverzögerungen und andere gesundheitliche Probleme stark erhöht. So waren beispielsweise 11 Prozent der Malstatter Kinder zum Zeitpunkt der Einschulung im Jahr 2004 untergewichtig bis stark untergewichtig und 36 Prozent zeigten fein- oder grobmotorische Auffälligkeiten. Das Kinderhaus in Malstatt versucht durch niedrigschwellige Unterstützungsangebote für Familien und Kinder die Auswirkungen von Kinderarmut abzumildern. Der Ansatz des Projektes basiert auf den Erkenntnissen der Resilienzforschung und der Gemeinwesenarbeit. Angebote wie das gemeinsame Einkaufen und Zubereiten eines Mittagessens sowie Bewegungsspiele verfolgen das Ziel, die Gesundheit der Kinder zu unterstützen. Das Projekt wird seit 2003 vom iSPO-Institut begleitet. Die 2007 eigens entwickelten Resilienzbögen dokumentieren auf einer Skala von eins bis zehn eine positive Entwicklung der teilnehmenden Kinder in den Bereichen seelisches Befinden, Leistungsvermögen und Autonomie um jeweils zwei Stufen. Zur Steigerung der Effektivität ist das Kinderhaus entlang einer entwickelten so genannten Präventionskette mit Kindergärten, Schulen und anderen Akteuren im Stadtteil vernetzt.
Kontakt
Herr Carsten Freels
Neustrasse 23
66115 Saarbrücken (Saarland)
Telefon: 0681 / 9471342
E-Mail: c.freels(at)quarternet.de
Website: http://www.dwsaar.de
Weitere Ansprechperson
Frau Rosie Divivier
Rembrandtstrasse 17-19
Telefon: 06821 / 956164
E-Mail: rosie-divivier(at)dwsaar.de
Projektträger
Diakonisches Werk an der Saar gGmbH
Rembrandtstrasse 17-19
66538 Neunkirchen
Hintergrund
Der Distrikt Unteres Malstatt ist ein Stadtteil Saarbrückens mit ungefähr 5.600 Einwohnern. Die überdurchschnittliche Zahl von Zu- (600), Um- (800) und Wegzügen (500) pro Jahr offenbart eine sich ständig verändernde Einwohnerschaft. Aufgrund des Phänomens der sozialräumlichen Segregation variiert die Einwohnerstruktur bezogen auf die soziale Lage aber nur wenig: Im Jahr 2006 waren 30 Prozent der Bewohner 24 Jahre und jünger, 28 Prozent der Bewohner besaßen eine ausländische Staatsangehörigkeit, 24 Prozent der Personen im erwerbsfähigen Alter waren arbeitslos gemeldet, 50 Prozent der Kinder im Alter von null bis fünf Jahren und 40 Prozent der Kinder im Alter von sechs bis 17 Jahren lebten im Sozialgeldbezug (Amt für Statistik und Wahlen, 2006).
Aufgrund des bekannten Zusammenhangs von sozialem Status und Gesundheit ist anzunehmen, dass sich die kumulierten sozialen Probleme der Familien im Distrikt Unteres Malstatt negativ auf die Gesundheit der Kinder auswirken. Als Datengrundlage zur Bestimmung der Kindergesundheit werden die Ergebnisse der Einschulungsuntersuchungen durch das Gesundheitsamt in Saarbrücken (2005) aus dem Jahr 2004 für das Einzugsgebiet des gesamten Stadtteils Malstatt herangezogen. Der Abschlussbericht gibt an, dass 13 Prozent der Kinder adipös oder übergewichtig und 11 Prozent untergewichtig oder erheblich untergewichtig waren. Ungefähr 11 Prozent der Kinder wiesen eine Haltungsschwäche auf und 36 Prozent zeigten fein- oder grobmotorische Auffälligkeiten. Auch konnten nur zwei Drittel der Kinder ein vollständig ausgefülltes Vorsorgeheft vorlegen. Verglichen mit den Durchschnittswerten aus den Einschulungsuntersuchungen im gesamten Saarland zu diesem Zeitpunkt, weisen die Kinder aus dem Einzugsgebiet Malstatt einen schlechteren Gesundheitszustand als der Durchschnitt auf. Wegen geringer Fallzahlen kann diese Annahme aber nur unter Vorbehalt bestätigt werden.
Vor dem Hintergrund der vielfältigen sozialen Probleme und einer überdurchschnittlich hohen Anzahl von Kindern im Stadtteil entwickelten die zwei bereits ansässigen Gemeinwesenprojekten und einige Schulen und Kitas die Idee, ein Modellprojekt zu initiieren, mit dem Ziel, die Auswirkungen von Kinderarmut abzubauen. Im Jahr 2003 wurde dann durch das Diakonische Werk an der Saar gGmbh das Kinderhaus eröffnet. Konzeptionell ist das Kinderhaus eine offene Anlaufstelle für Kinder und deren Eltern. Träger ist das Diakonische Werk an der Saar gGmbh. Im Kinderhaus arbeiten derzeit ein Sozialpädagoge und eine Erziehungshelferin. Bei Bedarf werden zusätzlich Honorarkräfte eingesetzt. Die Angebote des Projektes richten sich speziell an einkommensarme Familien und deren Kinder aus den umliegenden Nachbarschaften.
Zeitgleich startete im Stadtteil Alt-Saarbrücken ein Schwesterprojekt mit gleicher Zielsetzung, aber teilweise modifiziertem Arbeitsansatz („Streetwork“). Die Finanzierung beider Maßnahmen erfolgte aus Mitteln des damaligen Ministeriums für Inneres, Familie, Frauen und Sport. Die Einrichtungen wurden während der Umsetzungsphase vom Institut für Sozialforschung, Praxisberatung und Organisationsentwicklung (iSPO GmbH) aus Saarbrücken fachlich begleitet. Dessen Aufgaben bestanden vor allem darin, die Modellprojekte beim Aufbau eines Dokumentationsinstruments und der Selbstevaluation zu unterstützen. Zur fachwissenschaftlichen Beratung hat das iSPO-Institut von 2003 bis 2006 die Sozialwissenschaftlerin Prof. Zander von der Fachhochschule Münster in die Begleitung der Projekte miteinbezogen. Die Laufzeit des so genannten Kinderarmutsprojektes endete im Frühjahr 2006. Während der Projektlaufzeit wurden an beiden Standorten zahlreiche neue Konzepte entwickelt, umgesetzt und evaluiert.
Aufgrund der Erfolg versprechenden Arbeit an beiden Standorten beschloss das saarländische Ministerium für Inneres, Frauen, Familie und Sport, das Kinderhaus in Malstatt und das Projekt des Stadtteilbüros Alt-Saarbrücken weiter finanziell zu unterstützen unter der Voraussetzung, dass sich der Regionalverband Saarbrücken als örtlicher Träger der Jugendhilfe ebenfalls maßgeblich daran beteiligt. Dies wurde realisiert. Das Nachfolgeprojekt trägt den Namen „Freiraum für Prävention – ein Jugendhilfeprojekt zur Vorbeugung gegen Kinderarmut“ und wird wiederum an beiden Standorten durchgeführt. Das Kinderhaus Malstatt und das Stadtteilbüro Alt-Saarbrücken verstehen sich selbst als voneinander unabhängig, realisierten je eigene Standorte, stehen aber trotzdem in engem Austausch miteinander.
Das neue Projekt veränderte den konzeptionellen Ansatz im Kinderhaus insofern, als die vorher informell bestehende Kooperation mit den Mitarbeitern des Jugendamtes nun transparenter erscheint und sich in Form gemeinsamer Fallbesprechungen ausdrückt. Die Schwerpunkte der bisherigen Arbeit, wie beispielsweise die Förderung der sozialen Kompetenzen und des Selbstwertgefühls der Kinder oder die Beratung von Eltern in lebenspraktischen Angelegenheiten, haben sich nicht geändert. Die Bekämpfung der gesundheitlichen Auswirkungen von Armut wird zum großen Teil über implizite Ansätze der Gesundheitsförderung umgesetzt. Aber auch Maßnahmen, die der Gesundheit direkt zugute kommen wie ein gesundes Mittagessen oder Bewegungsspiele, werden angeboten.
Den Erfolg der kontinuierlichen Arbeit zeigt sich in den stetig steigenden Zahlen von Kindern und Eltern, die die Angebote des Kinderhauses nutzen möchten. Mittlerweile sind die Kapazitätsgrenzen erreicht und Angebote mit begrenzter Teilnehmerzahl müssen eine Warteliste einrichten.
Vorgehen
Das Kinderhaus ist eine Begegnungsstätte für Kinder und Eltern aus dem Saarbrücker Stadtteil Malstatt. Das Oberziel des Projektes ist es, den materiellen und immateriellen Auswirkungen von Kinderarmut entgegenzuwirken. Aus der übergeordneten Zielsetzung wurden für das Kinderhaus ein Zielsystem sowie ein Maßnahmenplan entwickelt. Um den umfassenden Ansatz zu erläutern, muss die Arbeit auf zwei Ebenen, der Klienten- und der Multiplikatorenebene, betrachtet werden, wobei sich die Klientenebene wiederum auf die pädagogische Arbeit mit Kindern und Eltern aufteilt.
Die Hauptaufgabe der Projektmitarbeiterinnen und -mitarbeiter ist die direkte Arbeit mit Kindern und Eltern. Täglich kommen etwa 30 Kinder im Grundschulalter in das Kinderhaus, um andere Kinder zu treffen, sich Rat zu holen oder die Hausaufgabenhilfe in Anspruch zu nehmen. Die Vernetzungsstruktur aller Einrichtungen für Kinder und Jugendliche im Stadtteil vermittelt besonders auffällige Kinder in die je geeignete Einrichtung. Trotzdem bleibt das Kinderhaus eine offene Anlaufstelle für alle Kinder des Stadtteils. Die Kinder, die das Haus nutzen, stammen zum großen Teil (90 Prozent) aus Familien mit drei und mehr Kindern und leben zu 30 Prozent nicht mehr bei beiden leiblichen Eltern. In der Folge des erhöhten Armutsrisikos stehen 50 Prozent der Kinder im Sozialgeldbezug.
Die Hausaufgabenhilfe dient als Einstieg in die Einzelfallbetreuung und ist zugleich Türöffner in Bezug auf die Eltern. Da das Platzangebot sehr begrenzt ist (zwölf Kinder können teilnehmen) erfolgt die Vergabe der freien Plätze in einem erprobten Verfahren, bei dem über abgestufte Kontakte zu den Eltern und dem Kind ein sorgfältiger Entscheidungsprozess durchlaufen wird: Wird der Wunsch seitens des Kindes geäußert, an dem Angebot teilzunehmen, suchen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Kinderhauses den Kontakt zu den Eltern. Wird den Kindern die Teilnahme erlaubt, informiert das Team die Eltern regelmäßig über die Fortschritte ihres Kindes und bahnt einen engeren Kontakt an.
Den von Mittwoch bis Freitag angebotenen Mittagstisch nehmen durchschnittlich etwa 18 Kinder wahr. Das Essen wird grundsätzlich ohne Schweinefleisch zubereitet und zum Preis von einem Euro ausgegeben. Im Jahr 2007 wurde ein zusätzliches Angebot etabliert, bei dem zwei Mal monatlich ein Ernährungswissenschaftler mit den Kindern einen Kochnachmittag veranstaltete. Die einzelnen Schritte, vom Einkaufen über Zubereiten bis hin zum gemeinsamen Essen waren zentrale Elemente der Maßnahme. Leider konnte das Angebot aus Kostengründen nicht aufrechterhalten werden.
Die Eltern nutzen die Einrichtung, um Unterstützung in behördlichen, familiären, schulischen und persönlichen Angelegenheiten zu erhalten. Methodisch kommen hier informelle und strukturierte Beratungsgespräche zum Einsatz. Dabei achten die Mitarbeitenden darauf, nicht defizitorientiert, sondern positiv verstärkend vorzugehen. Gemeinsam mit den Eltern und ihren Kindern werden unterstützende Verabredungen getroffen, die dann beim nächsten Elterngespräch reflektiert und gegebenenfalls angepasst werden. Zudem finden regelmäßig Elternabende und vormittage zu Erziehungsthemen statt. Die lange und dadurch auch enge Anbindung der Eltern an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Kinderhauses führt zu einer guten Beteiligung an den Elterntreffen. Der fehlende moralisierende Zeigefinger bei Kontaktaufnahme mit den Eltern fördert diese Entwicklung.
Im Mittelpunkt der klientenbezogenen Arbeit steht die Fähigkeit von Kindern und ihren Familien, mit schwierigen Lebensbedingungen umzugehen. Diese Kompetenzen, die auch Resilienzfaktoren genannt werden, sind bei Menschen mit schwierigem sozialem Hintergrund häufig nur gering ausgeprägt. Durch die Stärkung bestimmter Resilienzfaktoren wie zum Beispiel der Fähigkeit, den Übertritt in einen neuen Lebensabschnitt zu bewältigen (Transitionskompetenz), wird die Zielgruppe auf belastende Situationen vorbereitet und kann adäquat reagieren. Gesundheitsriskantes Verhalten, das häufig zum Ausgleich von Stresssituationen benutzt wird, lässt sich so vermeiden. Auch die direkten Auswirkungen von Stress auf Körper und Psyche werden abgemildert.
Die Maßnahmen auf der Multiplikatorenebene beziehen sich auf die Vernetzung der Einrichtungen im Stadtteil, der engen Zusammenarbeit mit dem Jugendamt und die Kooperation mit dem Schwesterprojekt im Stadtteil Alt-Saarbrücken. Die Vernetzung im Stadtteil erfolgt über den Arbeitskreis Soziale Einrichtungen, an dem alle Institutionen im Stadtteil wie Kitas, Schulen und das Kinderhaus teilnehmen. Zudem wurde durch das Kinderhaus eine so genannte Präventionskette als übersichtliche Darstellung aller Institutionen im Unteren Malstatt erstellt. Gegliedert nach Altersbereich der Zielgruppe, Öffnungszeiten, Angeboten können den Kindern und Eltern passgenaue Hilfen vermittelt werden. Im Jahr 2007 wurde auch die Zusammenarbeit mit der Jugendhilfe aufgenommen. Nach mehreren Kooperationstreffen zur Strukturierung der Zusammenarbeit kam es im Jahr 2007 zur Besprechung von drei Präventionsfällen. Die Kooperation mit dem Schwesterprojekt wird über die gemeinsame Arbeit mit dem Jugendamt und durch einen Koordinierungskreis hergestellt. Eine detaillierte Beschreibung der Vernetzungsstrukturen findet sich im Unterpunkt Vernetzung.
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Kinderhauses planen für das Jahr 2008, die Prozessabläufe der Fallberatungen besser zu strukturieren, um den zeitlichen Aufwand effizienter gestalten zu können. Zudem muss die räumliche Situation überdacht werden. Am bisherigen Standort ist eine Ausweitung des Angebotes nicht mehr möglich.
Good Practice in
Dokumentation und Evaluation
Das Kinderhaus in Malstatt und das Schwesterprojekt im Stadtteil Alt-Saarbrücken wurden im Rahmen eines Modellvorhabens zur Bekämpfung von Kinderarmut im Jahr 2003 aufgebaut. Um die traditionell enge Kooperation der Gemeinwesenprojekte in Saarbrücken fortzusetzen, beauftragten das Diakonische Werk an der Saar gGmbh und die Paritätische Gesellschaft für Gemeinwesenarbeit gemeinsam das iSPO-Institut in Saarbrücken mit dem übergreifenden Projektmanagement und der Fachberatung. Eine Fremdevaluation war aus Kostengründen nicht realisierbar.
In einem ersten Schritt hat das iSPO-Institut im Jahr 2003 ein bundesweit erprobtes Projektdokumentations- und Managementsystem (PDMS) eingeführt. Beide Projekte fertigten mit Beginn der Maßnahmen bis zur Beendigung des ersten Modellvorhabens ihre Sachstandberichte mit Hilfe des Systems an. Anhand der Zwischenberichte ließ sich eine Selbstevaluation der Maßnahmen im Berichtzeitraum auf der Outcome-Ebene – zum Beispiel Teilnehmerzahlen und Schulnoten der Kinder aus der Hausaufgabenbetreuung – und ein Vergleich mit den Ergebnissen aus den vergangen Jahren umsetzen.
Mit Beginn des Folgeprojektes „Freiraum für Prävention“ im Jahr 2007 wurde auch die Zusammenarbeit mit dem iSPO-Institut fortgesetzt. Neben der Projektdokumentation und Fachberatung kam die effizientere Erfassung der Wirkungen und Effekte der Maßnahmen als Aufgabe für das Institut hinzu. Ausgehend von Instrumenten, die sich in der Kinder- und Jugendhilfelandschaft bewährt haben - EVAS (Institut für Kinder- und Jugendhilfe Mainz), WIMES (Institut für Qualitätsentwicklung Wülfrath) und die sozialpädagogischen Diagnosetabellen des bayerischen Landesjugendamtes -, sowie eigenen Erfahrungen des iSPO-Institutes, wurden die so genannten Saarbrücker Resilienzbögen entwickelt. Hiermit werden diejenigen Kinder erfasst, die eine engere Betreuung durch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Kinderhauses erfahren. Der Aufnahmebogen fragt personenbezogene Daten, Kriterien zur Bestimmung der sozialen Lage, die derzeitige und erwartete Versorgung mit Leistungen der Jugendhilfe sowie Indikatoren zur Einschätzung der physischen, psychischen und sozialen Befindlichkeit des Kindes ab. Der zweite Bogen wurde konzipiert, um die Situation der Kinder bei Verlassen der Betreuung oder jeweils am Jahresende durch das Kinderhaus zu erfassen. Er fragt ab, an welchen Angeboten das Kind und dessen Eltern teilgenommen haben, den Verlauf und die Qualität der sozialpädagogischen Unterstützung, die Erziehungs- und Entwicklungsbedingungen, das Erleben des Kindes aus Sicht der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, 15 Items zur Erfassung gewonnener Kompetenzen der Kinder und sechs Items zur Erfassung der Erziehungskompetenzen der Eltern. Außerdem ermöglicht er einen Vergleich mit dem Aufnahmebogen und macht wahrscheinlich, welche Maßnahmen der Jugendhilfe durch die Betreuung im Kinderhaus vermieden wurden. Beide Bögen werden durch die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Kinderhauses ausgefüllt. Der Zeitaufwand für das Ausfüllen eines Bogens wird mit 30 Minuten angegeben. Die Gesamtauswertung erfolgt durch das iSPO-Institut.
Das Kinderhaus in Malstatt kann bei der Arbeit mit Kindern und Eltern auf deutliche Fortschritte zurückblicken. So sind die Angebote mit einer begrenzten Aufnahmekapazität wie die Hausaufgabenhilfe mit zwölf Plätzen immer voll ausgelastet; es gibt sogar Wartelisten. Die offene Anlaufstelle arbeitet mit einer durchschnittlichen täglichen Besucherzahl von 30 Kindern ebenfalls an der Kapazitätsgrenze. Das Verhältnis zwischen Jungen und Mädchen betrug 2007 im Durchschnitt 30 zu 70 Prozent. Der Anteil ausländischer Kinder stieg in den zurückliegenden Jahren von 20 Prozent auf 35 Ende 2007. Im Rahmen der Selbstevaluation der Projektarbeit seien hier noch exemplarisch die Zielindikatoren „konstruktive Konfliktlösung“, „selbständiges Einkaufen und Kochen“ sowie „Schulleistungen“ hervorgehoben. Positive Entwicklungen in diesen Bereichen fördern die Widerstandsfähigkeit gegenüber den schwierigen Lebensbedingungen der Kinder und stellen Möglichkeiten dar, mit denen die Kinder ihre Chancen für die Zukunft verbessern können. Eines der bemerkenswertesten Ergebnisse ist die Entwicklung bei der konstruktiven Konfliktlösefähigkeit; fast alle Kinder sind nun dazu fähig, ihre Konflikte untereinander gewaltfrei und mit Hilfe des Teams zu lösen. In Bezug auf das selbständige Einkaufen und Kochen zeigt sich, dass über die Hälfte aller Kinder in der Lage ist, mehrere Gerichte selbständig einzukaufen und zuzubereiten. Auch die Schulleistungen haben sich bei 13 von insgesamt 18 Kindern deutlich verbessert.
Beratungsgespräche mit Eltern wurden im Berichtszeitraum 2007 etwa 100 durchgeführt. Zusätzlich nahmen an 19 Abendveranstaltungen durchschnittlich jeweils sieben Elternteile, an den sechs Vormittagsterminen durchschnittlich je sechs Personen teil. Zusammenfassend stellt das iSPO-Institut fest, dass ein regelmäßiger Kontakt von Eltern und Projektteam sehr wichtig für die Entwicklungsprozesse innerhalb der Familie und im Rahmen der Projektangebote ist. Über die regelmäßigen Kontakte zwischen Eltern und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Kinderhauses lassen sich am ehesten geeignete Hilfsinstanzen vermitteln. Des Weiteren suchen die meisten Eltern beim Projektteam Rat und kümmern sich aktiv um Unterstützung durch weitere Institutionen. Die relativ häufig genannte Einschätzung, dass trotz einer engen Anbindung der Eltern an das Kinderhaus keine Änderung stattgefunden hat, führt das Institut in den meisten Fällen darauf zurück, dass bestimmte Eltern unverändert Rat und Unterstützung suchen. Probleme, die von den Eltern vor einem Beratungsgespräch nicht wahrgenommen wurden, werden offensichtlich. In der Folge scheint der Beratungsbedarf bei zunehmender Frequenz und Intensität der Gespräche zuzunehmen, was zu einer Verzerrung bei der Beurteilung des Erfolgs führt.
Die Interventionsebene der Vernetzung wurde im Rahmen einer 2006 durchgeführten leitfadengestützten Befragung ausgewertet. Hierzu wurden 19 Interviews in 18 Institutionen ausschließlich mit Expertinnen und Experten geführt, die persönlich Kontakt zu den Kindern im Unteren Malstatt haben. Der Leitfaden bestand aus neun offenen Fragen, mit dem Ziel, das Wissen und die Erfahrung der Sachverständigen zum Phänomen der Kinderarmut möglichst differenziert zu erfassen und die Kooperationen und Kontakte ihrer Institutionen zu beschreiben. Außerdem sollte ein Fragenkomplex zur Institution quantitative Aussagen dokumentieren, etwa wie viele Kinder sie mit dem jeweiligen Angebot ihrer Einrichtungen erreichen. Ein zentrales Ergebnis der Befragungen war die Erkenntnis, dass alle Einrichtungen die Probleme im Stadtteil erkannt haben und bei der Ausrichtung der Maßnahmen an einem Strang ziehen. Übereinstimmend wurde das Kinderhaus als Netzwerkknoten in Malstatt und darüber hinaus bezeichnet.
Derzeit entwickelt das Institut einen Stadtteilbogen als Instrument zur Erfassung der Netzwerkarbeit.
Nachhaltigkeit
Die Basis für eine erfolgreiche Arbeit besteht in einem tragfähigen und verlässlichen Vertrauensverhältnis zwischen den Akteuren der Stadtteilarbeit und den Bewohnerinnen und Bewohnern. Diese Erkenntnis wurde bereits frühzeitig im Projektverlauf gewonnen und bestärkte das Team des Kinderhauses darin, sich um die Weiterfinanzierung des „Kinderarmutsprojektes“ über die ursprüngliche Laufzeit von 2004 bis 2006 hinaus zu bemühen. Die Erfolg versprechenden Ergebnisse und der Wille der Landesregierung, ein nachhaltig wirksames Angebot zu etablieren, veranlasste die zuständigen Ministerien, bereits frühzeitig weitere Mittel bereitzustellen. Bedingung war eine zusätzliche finanzielle Unterstützung des Kinderhauses über das Jugendamt und die Landeshauptstadt Saarbrücken. Ziel der Weiterfinanzierung des Kinderhauses war der Transfer der Ergebnisse der ersten Phase in die Praxis sowie die Entwicklung einer modellhaften Kooperation von Jugendamt und freien Trägern. Die Ergebnisse dieses Vorhabens werden anderen Projekten zur Verfügung gestellt und sollen zur Verbreitung der Handlungsansätze beitragen.
Angelegt als Modellprojekt zur Bekämpfung von Kinderarmut im Distrikt Unteres Malstatt, wurden in der ersten Finanzierungsphase des Kinderhauses bis 2006 verschiedene Maßnahmen erprobt, ausgewertet und zur Implementierung in anderen Einrichtungen aufbereitet. Im Einzelnen waren dies Methoden zur Vermittlung von Kulturtechniken und eines Bewusstseins für gesunde Ernährung bei Kindern, verschiedene Zugangswege zur Zielgruppe der Eltern und die Gestaltung der Vernetzung im Stadtteil. Als besonders viel versprechend haben sich der gemeinsam mit den Kindern zubereitete Mittagstisch, die Hausaufgabenhilfe – auch als Medium zur Ansprache von Eltern – und die Präventionskette als Instrument einer zielgerichteten Vernetzung erwiesen. Auf der Mitarbeiterebene wurden mit der Methode der kollegialen Beratung gute Erfolge erzielt.
Die weiterentwickelten konzeptionellen Ansätze wurden durch die beiden Projekte im Rahmen einer Fachtagung und eines ausführlichen Abschlussberichtes öffentlich zugänglich gemacht. Darüber hinaus haben sich Vertreterinnen und Vertreter der Projektträger der überregionalen Initiative „Kindbezogene Armutsprävention – Grundideen und Ansätze praktischer Umsetzung“ angeschlossen. Des Weiteren haben Vorträge auf der saarländischen Armutskonferenz, einer Veranstaltung der Friedrich-Ebert-Stiftung, sowie Rundfunk, Fernsehen und Printmedien auf das Projekt aufmerksam gemacht. Die Projektmitarbeiterinnen und -mitarbeiter wurden in diesem Zusammenhang von Praktikern anderer Projekte und Trägereinrichtungen nachgefragt. Vor allem der Zugangsweg zu den Eltern wurde als Erfolgsmodell gehandelt und auch von anderen Einrichtungen übernommen.
In der zurzeit laufenden zweiten Finanzierungsphase „Freiraum für Prävention“ werden die entwickelten Maßnahmen weitergeführt und gleichzeitig neue Horizonte ins Auge gefasst. Exemplarisch soll hier die gemeinsam mit dem Team des Saarbrücker Jugendamtes initiierte präventive Fallarbeit hervorgehoben werden. Die enge Zusammenarbeit basiert auf informellen Kontakten zwischen Kinderhaus und Jugendamt während der ersten Phase des Projektes. Die Zusammenarbeit im Folgeprojekt regelt ein Kooperationsvertrag. Formale Fragen wie die des Datenschutzes sind damit geklärt: Eltern bestimmen selbst, was im Rahmen der Sitzungen an Informationen weitergegeben wird. Auch die Kompetenzbereiche der einzelnen Maßnahmenträger sind nun abgestimmt. Ende November 2007 wurden die ersten drei Fallberatungen durchgeführt. Die Mitbetreuung der auffälligen Familien durch das Kinderhaus hat nach Einschätzung des Jugendamtes eine vollstationäre sowie zwei teilstationäre Unterbringen verhindert. Auch die Eltern gaben in Gesprächen stets positive Rückmeldung in Bezug auf die abgestimmte Vorgehensweise der Jugendhilfe- und Projektmitarbeiterinnen und -mitarbeiter.
Die Projektergebnisse werden wie in der ersten Projektphase dokumentiert und nach Beendigung der zweiten Phase verbreitet. Ein Schwerpunkt liegt auf der Selbstevaluation der präventiven Wirkung der Fallbetreuung. Eigens entwickelte Resilienzbögen halten die psychosoziale Fortentwicklung der betreuten Kinder fest. Geplant ist auch eine Auswertung der präventiven Arbeit unter ökonomischen Gesichtspunkten. Der Regionalverband Saarbrücken zeigt bereits jetzt großes Interesse, die entwickelten Konzepte in anderen Bezirken zu implementieren.
Literatur
DIAKONISCHES WERK AN DER SAAR gGMBH, Paritätische Gesellschaft für Gemeinwesenarbeit gGmbh (Hrsg.) (2008). Sachstandsbericht 2007 des Modellprojektes „Freiraum für Prävention – ein Jugendhilfeprojekt zur Vorbeugung gegen Kinderarmut“. Saarbrücken.
Gesundheitsamt Saarbrücken (2005). Ergebnisse der Einschulungsuntersuchungen aus dem Jahr 2004, unveröffentlichtes Skript.
iSPO-Institut Saarbrücken (Hrsg.) (2006). Abschlussbericht der beiden Modellprojekte zur Bekämpfung von Kinderarmut. URL:
www.ispo-institut.de/Hauptseite_Downloads_1_1_1_1_1_1_1.html (Stand 17.07.2008)
Stadtteilbüro Malstatt (Hrsg.) (2007). Jahresbericht 2006. Saarbrücken.
Laufzeit des Angebotes
Beginn: Juli 2003
Abschluss: kein Ende geplant
Welche Personengruppe(n) in schwieriger sozialer Lage wollen Sie mit Ihrem Angebot erreichen?
- Personen mit niedrigem beruflichen Status (z.B. ungelernte Arbeiter/-innen)
- Personen mit sehr niedrigem Einkommen (z.B. Personen im Niedriglohnsektor, Personen mit niedrigen Rentenbezügen)
- Personen mit niedriger Schulbildung (z.B. Personen ohne qualifizierten Schulabschluss)
Das Angebot richtet sich insbesondere an folgende Altersgruppen
- 6 bis 10 Jahre
- 11 bis 14 Jahre
- 30 bis 49 Jahre
Das Angebot umfasst geschlechtsspezifische Angebote für
- Keine geschlechtsspezifischen Angebote
Schwerpunkte des Angebotes
- Elternschaft / Schwangerschaft
- Ernährung
- Psychische Gesundheit
Das Angebot wird hauptsächlich in folgenden Lebenswelten umgesetzt
- Schule
- Stadt / Stadtteil / Quartier / Kommune
Qualitätsentwicklung
Wie dokumentieren Sie Ihre Arbeit? (z.B. Konzepte, Handreichung)
Quelle der Veröffentlichung/URL: Resilienzbögen
Stand
24.09.2008