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Empowerment

Definition

Empowerment ist ein Prozess, der Fähigkeiten stärkt und das Handlungspotenzial von Personen bzw. Personengruppen steigert. Ziel von Empowerment ist, die sozialen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen gemeinsam mit denjenigen zu verbessern (Partizipation), deren Spielräume für eine selbstbestimmte Lebensführung eingeschränkt sind. Voraussetzung für Empowerment ist, die Diversität von Lebenslagen anzuerkennen und entsprechend differenzierte und ergebnisoffene Unterstützung anzubieten. 

Ausgangspunkt für Empowerment als Teil gesundheitsfördernder Maßnahmen sind Fragen und Probleme, die Auswirkungen auf die Gesundheit haben. Empowerment setzt bei den individuellen Kompetenzen einzelner Personen und der gemeinsamen Handlungskapazität engagierter Personengruppen an (Zielgruppenbezug).

Für Akteurinnen und Akteure der Gesundheitsförderung bedeutet Empowerment, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass alle Beteiligten ihre individuellen und gemeinschaftlichen Ressourcen entdecken, sie weiterentwickeln und im praktischen Handeln nutzen können. Dazu gehören auch konkrete Umsetzungsschritte im sozialen, räumlichen und politischen Umfeld (Setting-Ansatz), welches die Entwicklung und den Einsatz von Ressourcen mitbestimmt. Empowerment steht in engem Zusammenhang mit erfolgreicher Partizipation, Teilhabe und Gemeinschaftsbildung. Letztere stärken ihrerseits die Entwicklung von Fähigkeiten und Kompetenzen. Gleichzeitig kann erfolgreiches Empowerment zur Nachhaltigkeit gesundheitsfördernder Wirkungen beitragen (Belege für Wirkungen und Kosten). 

Stufen des Kriteriums „Empowerment“

Erläuterung der Stufen

Stufe 1 Es werden Möglichkeiten geschaffen, eigene Anliegen zu formulieren

Einflussfaktoren eines guten, gesunden Lebens sowie die eigenen Veränderungswünsche und Einflussmöglichkeiten sind nicht immer offensichtlich. Eigene Lebenserfahrungen entstehen in einem gesellschaftlichen Kontext, der grundsätzlich sowohl individuell als auch gemeinsam gestaltbar ist. Zusammenhänge zwischen eigenen Erfahrungen und gesellschaftlichen Bedingungen können in der gemeinsamen Reflexion beleuchtet werden. Dazu braucht es Möglichkeiten und Räume für Austausch über Problemlagen und Veränderungsmöglichkeiten. Fachkräfte können bei der Initiierung solcher Treffen mitwirken und sie unterstützen. Auf dieser Stufe stehen Kontaktaufnahme und Themensammlung im Vordergrund.

Beispiel Stufe 1                                                                                                                             

Den Mitarbeitenden eines geschlechtsspezifisch arbeitenden Gesundheitsladens fällt auf, dass gesundheitsbezogene Angebote für männliche Jugendliche fehlen. Aus diesem Grund versucht das Team, attraktive Angebote für Jungen zu konzipieren und die Räume des Treffpunkts für diese Zielgruppe zu öffnen. Die Ansprache erfolgt zunächst klassisch über eine konkretes Gesundheitsthema: ein Beratungsangebot für übergewichtige Jungs und ihre Eltern wird konzipiert.

Stufe 2 Einzelanliegen werden zum gemeinsamen Thema gemacht

Ziel ist es, gemeinsam die Entstehungszusammenhänge persönlicher Anliegen zu reflektieren, Einflussfaktoren zu identifizieren und Handlungsmöglichkeiten zu entwickeln. Zunächst einigen sich die Beteiligten auf ein gemeinsames Problem oder ein gemeinsames Anliegen, das sie behandeln wollen. Fachkräfte können hier eine initiierende und prozessbegleitende oder lediglich eine beratende Rolle übernehmen. Bei dieser Stufe stehen die Gruppenbildung und der Wille zum gemeinsamen Handeln im Vordergrund.

Beispiel Stufe 2                                                                                                                                    

In der Übergewichtssprechstunde der Jungs stellt sich heraus, dass die Jugendlichen vor allem unter Stigmatisierung aufgrund ihres Körperbildes leiden, und sich daher bei Hobbies und Freizeitaktivitäten stark eingeschränkt fühlen. Daraufhin wird das Konzept um Gruppenangebote erweitert, um gemeinsam Möglichkeiten für den Umgang mit Diskriminierungserfahrungen zu entwickeln. Schnell zeigen sich weitergehende Anliegen: Die Jungs möchten gemeinsam für mehr Akzeptanz ihres Körperbildes eintreten. Zudem wünschen sie sich ein Bewegungsangebot, dass sie nicht als Gruppe herausstellt, die besondere Angebote braucht.

Stufe 3 Gezielter Ressourceneinsatz erweitert Handlungsspielräume

Neben der Schaffung von Gelegenheiten zur Formulierung eigener Anliegen (Stufe 1) und dem Ziel, Einzelanliegen zum gemeinsamen Thema zu machen (Stufe 2), können das Empowerment durch weitere Ressourcen gestützt und Handlungsspielräume erweitert werden:

  • Orientierungshilfen anbieten und Informationsquellen erschließen,
  • die Erarbeitung von Entscheidungen, Lösungen und Zielen unterstützen,
  • zwischen unterschiedlichen Positionen und Perspektiven vermitteln (Mediation).

Neben den kompetenzstärkenden Angeboten der Gesundheitsförderung bedarf es auch sozialpolitischer Einflussnahme. Dazu müssen Entscheidungstragende einbezogen und Veränderungsmöglichkeiten aufgezeigt werden. Auf dieser Stufe steht im Vordergrund, lokale Kapazitäten aufzubauen, um die konkreten Verbesserungsvorschläge in politische bzw. gesellschaftliche Entscheidungsprozesse einzubringen und so eine Umsetzung möglich zu machen.

Beispiel Stufe 3                                                                                                                          

Die Jungs gestalten in Abstimmung mit Fachkräften des Gesundheitsladens den Ablauf der Gruppenangebote und bestimmen selbstständig die zu behandelnden Themen. Mit Unterstützung von Fachkräften organisieren sie die von ihnen gewünschten Bewegungsangebote. Eine Kooperation mit dem örtlichen Sportverein sorgt dafür, dass für die Jungs zweimal in der Woche Bewegungsangebote in einem geschützten Raum durchgeführt werden.

Stufe 4 Selbstorganisation verstetigt die Durchsetzung eigener Anliegen

Die gesundheitsfördernde Arbeit unterstützt jede Form von Selbstorganisation, mit deren Hilfe die Beteiligten ihre individuellen und gemeinschaftlichen Lebensbedingungen selbstbestimmt gestalten können. Ziel ist, Unterstützung und Begleitung durch Fachkräfte nach und nach überflüssig zu machen und innerhalb vorhandener Strukturen dauerhaft eine aktiv gestaltende Mitwirkung zu ermöglichen.

Beispiel Stufe 4

Die Jungs bereiten die einmal in der Woche stattfindenden Gruppenstunden aktiv mit vor, indem sie Themen setzen, Beiträge vorbereiten und die Moderation übernehmen. Das Team des Gesundheitsladens unterstützt die Ausarbeitung und Umsetzung von Ideen, z. B. für eine Öffentlichkeitskampagne. Die Jungs arbeiten mit dem Sportverein im Rahmen einer festen Mitgliedschaft zusammen. Sie organisieren und gestalten die von ihnen gewünschten Bewegungsangebote in Absprache mit den entsprechenden Trainerinnen und Trainern. Die Bewegungsangebote finden zweimal wöchentlich als Regelangebot statt. Sie beziehen ihren Verein auch in ihre Öffentlichkeitsarbeit ein, um Diskriminierungen zur Sprache zu bringen und für einen differenzierteren Umgang mit verschiedenen Körperbildern in allen Abteilungen zu werben.

Weiterführende Literatur:

Weitere Materialien zum Good Practice-Kriterium Empowerment