Veröffentlichung: 2011
Naschgarten Holzminden
Kurzbeschreibung mit Zielen und Maßnahmen
Übergewicht, Fehlentwicklungen im Ernährungsverhalten sowie zunehmende Bewegungsdefizite gelten als ein gesundheitliches Problem bei Kindern und Jugendlichen. Auch in der Stadt Holzminden werden die Folgen dieser Entwicklung sichtbar. Die Daten der Schuleingangsuntersuchungen des Landkreises für die städtischen Schulen zeigen, dass in den Jahren 2003-2005 durchschnittlich ca. 20 Prozent der Kinder bei der Einschulung (5 bis 7 Jahre) übergewichtig waren. Davon war jedes zweite bis dritte Kinder adipös. Vor Ort wird darauf mit einem Projekt reagiert, das Mädchen und Jungen Naturspielerlebnisse verbunden mit einem natürlichen Obst- und Gemüseanbau zugänglich macht, dabei den Bedarf an offenen Erfahrungs-, Bewegungs- und Spielräumen aufgreift und partizipativ die Zielgruppe mit einbezieht. Auf einem 8.000 qm großen Grundstück werden in dem Projekt Kinder gestalten ihren Naschgarten die Kinder aktiv in die Planung und Gestaltung ihrer Lebenswelt eingebunden. Auf eine spielerisch erlebbare Art und Weise werden die Mädchen und Jungen auf den Geschmack einer gesunden Ernährung gebracht.
Das Gelände wird von den Kindern sowohl über die kooperierenden Einrichtungen, in denen sie sich täglich aufhalten, wie auch selbständig in ihrer Freizeit genutzt. Mit diesem Ansatz wird ein neuer Weg in die Adipositas-Prävention verfolgt. Durch das niedrigschwellig angelegte Projektvorhaben soll insbesondere Kindern aus sozial benachteiligten Familien die Teilhabe an den erlebnispädagogischen Angeboten und den gemeinsamen Spielerlebnissen erleichtert werden. Das kommunale Projekt wird in private-public-partnership mit verschiedenen Partnern und aus unterschiedlichen Quellen finanziert. Durch die gelungene Kooperation von Einrichtungen aus dem schulischen, kirchlichen und dem Jugendhilfebereich wird die Nachhaltigkeit über den Projektstatus hinaus sichergestellt.
Dokumente zur Darstellung des Angebotes
Kontakt
Herr Matthias Moersener
FB Jugend, Familie, Bildung und Sport
An der Bleiche
37603 Holzminden (Niedersachsen)
Telefon: 05531 959-247
E-Mail: Jugend-Familie(at)holzminden.de
Website: https://www.holzminden.de/portal/seiten/naschgarten-holzminden-900000044-25610.html
Weitere Ansprechperson
Frau Stephanie Schluck
Fenskeweg 2
30165 Hannover (Niedersachsen)
E-Mail: stephanie.schluck(at)gesundheit-nds.de
Weitere Ansprechperson
Frau Kerstin Utermark
Fenskeweg 2
30165 Hannover (Niedersachsen)
Telefon: 0511 / 388118939
E-Mail: kerstin.utermark(at)gesundheit-nds.de
Projektträger
Stadt Holzminden
Neue Straße 12
37603 Holzminden
Hintergrund
Übergewicht bei Kindern ist inzwischen ein gesundheitliches Problem, nicht nur in Deutschland. Ergebnisse aus der KiGGS-Studie des Robert Koch-Institutes zeigen für Deutschland, dass insgesamt 15% der Kinder und Jugendlichen von 3-17 Jahren übergewichtig sind und 6,3% adipös (RKI 2006). Entsprechend diesen Ergebnissen besteht ein höheres Risiko für Übergewicht und Adipositas vor allem bei sozial benachteiligten Kindern und bei Kindern mit Migrationshintergrund. Erklärungsansätze zum Zusammenhang von niedrigem sozioökonomischen Status und der erhöhten Prävalenz von kindlicher Adipositas verweisen unter anderem auf die mangelnde Teilhabe sozial benachteiligter Mädchen und Jungen (KIGGS Studie 2003-2006, Robert-Koch-Institut).
Bisherige verhaltenstherapeutische Strategien zur Bekämpfung der Adipositas wirken nicht ausreichend und nachhaltig, sie setzen außerdem zu spät an (Blättner et al. 2006). Auch die bisher gewählten, allgemein präventiven Interventionen in den Settings Schule und Vorschule, die auf die Veränderung der Ernährung und die Erhöhung der körperlichen Aktivität zielen, scheinen nicht ausreichend wirksam zu sein (ebd.). Die wissenschaftliche Evaluation von Präventionsprogrammen hat zudem gezeigt, dass insbesondere Ansätze erfolgversprechend sind, die sowohl auf gesundheitsgerechtes Verhalten wie auf gesundheitsfördernde Rahmenbedingungen in der Lebenswelt zielen. Wichtig hierbei ist eine Umgebung, die zu körperlicher Aktivität anregt und die die Kinder für sich selbst schaffen und erobern können.
Neben der Schule als einem klassischen Interventionsort (Setting) der Gesundheitsförderung, gewinnt die Kindertagesstätte zunehmend an Bedeutung, um gesundheitliche Beeinträchtigungen bereits im frühen Kindesalter entgegenzuwirken. Ein weiteres wichtiges, aber bislang eher unterrepräsentiertes Setting ist das Wohnumfeld mit seinen Erfahrungs-, Bewegungs- und Spielräumen. Der Spielraum als Teil des öffentlichen Lebensraumes und des Wohnumfeldes wird durch die dichte Bebauung und das erhöhte Verkehrsaufkommen schon seit längerem zurückgedrängt. Öffentlich zugänglicher Raum zum Spielen ist begrenzt und es gibt weniger Orte, die sich die Kinder erobern und an denen sie kreativ und selbstbestimmt handeln können. Kinder bringen aber ein natürliches Bewegungsbedürfnis mit und haben Spaß daran, sich im Spiel mit sich selbst, mit anderen und mit ihrer Umwelt auseinanderzusetzen. Nicht nur in städtischen Umwelten spielen sie zunehmend in geschlossenen und betreuten Räumen, in der häuslichen Umgebung auch mit Konzentration auf virtuelle Erfahrungswelten wie Fernsehen und Computerspiele.
Projekte, die Mädchen und Jungen Naturerlebnisse zugänglich machen wollen, vermitteln anhand praktischer Erfahrung Wissen über die Natur und über ökologische Zusammenhänge wie auch Naturerleben und soziales Miteinander. Die Natur- und Umweltpädagogik bietet dazu Beispiele wie Abenteuerspielgärten, Stadtteilbauernhöfe, Stadtteilgärten, Interkulturelle Gärten und auch Erlebniswälder.
In der Stadt Holzminden werden die Folgen der beschriebenen Entwicklung deutlich sichtbar. Die Daten der Schuleingangsuntersuchungen des Landkreises für die städtischen Schulen zeigen, dass in den Jahren 2003-2005 durchschnittlich ca. 20 Prozent der Kinder bei der Einschulung (5 bis 7 Jahre) übergewichtig waren. Davon war jedes zweite bis dritte Kind adipös. Damit zeigt sich für das Stadtgebiet Holzminden eine deutliche höhere Prävalenz der Adipositas bei Kindern, deren Reduzierung eine Herausforderung für wirksame Strategien von Public Health werden lässt.
In Holzminden wird darauf mit einem Projekt reagiert, das Mädchen und Jungen Naturerlebnisse zugänglich machen will, dabei den Bedarf an offenen Erfahrungs-, Bewegungs- und Spielräumen aufgreift und partizipativ vorgeht. D.h. die Kinder werden gefragt, wie ein Naschgarten nach ihren Vorstellungen aussehen soll und, jeweils dem Alter angemessen, an den Gestaltungs- und Pflanzarbeiten, der Geländepflege und der Ernte beteiligt. Ebenso sind die Multiplikatoren der Partnereinrichtungen in den Planungs- und Umsetzungsprozess eingebunden. In einer gemeinsamen Arbeitsgruppe, dem sogenannten Naschgarten-Plenum werden Vorschläge erörtert sowie Umgestaltungsmaßnahmen und gemeinsame Aktivitäten auf dem Gelände geplant.
Das Projekt „Kinder gestalten ihren Naschgarten“ bietet für alle Kinder – auch aus sozial benachteiligten Verhältnissen – niedrigschwellige, kostenfreie und frei zugängliche Spielflächen an. Hier können sich die Kinder frei entfalten und ihre Freizeit aktiv gestalten. Durch einen Projektmitarbeiter vor Ort haben die Kinder zeitweise einen Ansprechpartner im Naschgarten. Auch die beteiligten Einrichtungen (z.B. Kitas, Jugendzentren) befinden sich im Einzugsgebiet der Kernstadt. Somit sind dort auch sozial benachteiligte Kinder und Jugendliche anzutreffen. Vor allem das Jugendzentrum bietet Angebotsstrukturen (kostenloser offener Kinder-Treff, Nachmittagsbetreuung mit Mittagessen und Hausaufgabenbetreuung) für sozial benachteiligte Jugendliche.
Holzminden hat ca. 22.000 Einwohnerinnen und Einwohner, 47% aller Berufstätigen in der Stadt sind im produzierenden Gewerbe tätig und 10,7% erwerbslos. Ein Anteil von 14% der Bevölkerung hat einen Migrationshintergrund (davon sind 172 im Alter von 6-10 Jahren). (Statistisches Landesamt Niedersachsen 2007). Holzminden ist bekannt für seinen hohen Anteil an Menschen mit Transferleistungsbezug bzw. sozial benachteiligten Bewohnern. Dem Familienatlas 2007 zufolge gehört Holzminden zu einer gefährdeten Region angesichts einer schwachen Wirtschaftskraft und ungünstiger demografischer Bedingungen (prognos 2007).
Ziele und Zielgruppen
Das Projekt „Kinder gestalten ihren Naschgarten“ entstand im Jahr 2007 durch eine Initiative der Firma Symrise. Der Duft- und Geschmacksstoffhersteller Symrise wollte im Rahmen seines Engagements für soziale Verantwortung am Firmenstammsitz in Holzminden ein Projekt für Kinder mit gesunder Ernährung ins Leben rufen. Die Hochschule Fulda entwickelte daraufhin eine Projektkonzeption, die dann vor Ort mit den Kooperationspartnern weiterentwickelt wurde. Das Projektmanagement wurde Mitte 2007 bei der Landesvereinigung für Gesundheit und Akademie für Sozialmedizin Niedersachsen e.V. (LVG & AFS) eingerichtet und es wurde eine Projektorganisation mit Lenkungsausschuss und dem „Naschgarten-Plenum“ festgelegt.
Das kommunale Projekt wird in private-public-partnership mit verschiedenen Partnern und aus unterschiedlichen Quellen finanziert. Die Stadt Holzminden stellt das Grundstück kostenfrei zur Verfügung. Die Firma Symrise sichert mit einem verbindlichen Budget das Projektmanagement für die Projektlaufzeit von 2007 bis zunächst Ende 2012. Für die Jahre 2007 bis 2009 finanzierte die Firma außerdem die wissenschaftliche Begleitforschung der Hochschule Fulda. Für die Geländegestaltung hat der Naschgarten in den Jahren 2008 bis 2009 Fördermittel der Niedersächsischen Lottostiftung/ BINGO! Die Umweltlotterie erhalten.
Personell wird das Projekt im Wesentlichen durch die gelungene Kooperation von Einrichtungen aus dem schulischen, kirchlichen und dem Jugendhilfebereich getragen. Im Einzelnen sind das die Kita Neue Straße, die Kath. Kita St. Joseph, die Ev. Luthergemeinde, die Förderschule an der Weser und das Jugendzentrum Holzminden, die Ende 2007 durch eine Informationsveranstaltung gewonnen werden konnten. Im Herbst 2009 konnte, zunächst auf geringfügiger Beschäftigungsbasis ein weiterer Projektmitarbeiter eingestellt werden. Seit 2010 verfügt der „Naschgarten“ über zwei Teilzeit-Projektstellen, womit eine personelle Kontinuität gewährleistet ist.
Das Projekt „Kinder gestalten ihren Naschgarten“ verfolgt einen neuen Weg in der Adipositas-Prävention. Fehlernährung und Bewegungsmangel sollen durch Interventionen reduziert werden, die auf einer partizipativen Freiraumgestaltung und einer naturnahen Erlebnispädagogik beruhen. Vor dem Hintergrund, dass bei der Entstehung von Übergewicht auch soziale Faktoren wie eine mangelnde Teilhabe sozial benachteiligter Mädchen und Jungen eine Rolle spielen, soll der Naschgarten insbesondere auch ein Ort sein, wo Kinder sich unabhängig von ihrem sozialen Status und ihren kognitiven wie auch körperlichen Voraussetzungen wohlfühlen und ihren Erfahrungsschatz rund um das Thema Obst, Gemüse und Naturerlebnis erweitern können. Die Projektverantwortlichen haben sich daher zum Ziel gesetzt, bei der Konzeption von Angeboten stets die Teilhabebedingungen zu überprüfen. D.h. können aufwendige Anmeldeformalitäten und Teilnahmebeiträge vermieden werden? Wie sieht es mit der Erreichbarkeit des Geländes für die Kinder aus? Wie fördert man ein soziales Miteinander der unterschiedlichen Naschgarten-Nutzer?
Der „Naschgarten“ möchte neue Zugänge zu Bewegung und Ernährung ermöglichen und zur Verbesserung gesundheitlicher Chancengleichheit beitragen. Durch die niedrigschwellig angelegte Angebotsstruktur soll erreicht werden, dass finanzielle wie auch körperliche, gewichtsbedingte Voraussetzungen keine Hürden für die Nutzung des Naschgartens darstellen. Auch um sozial benachteiligte Kinder nicht zusätzlich als „Sondergruppe“ zu stigmatisieren, ist die Konzeption des Naschgartens ausdrücklich für alle Kinder ausgelegt. Nach Berichten des Projektmitarbeiters vor Ort ist das Ziel erreicht, die Teilhabe von sozial benachteiligten Kindern und Jugendlichen im Projekt „Kinder gestalten ihren Naschgarten“ zu sichern.
Das langfristige Ziel, ist die Förderung einer gesunden Entwicklung von Kindern. Diese sollen spielerisch an gesundes Essen, mehr Bewegung und an eine Mitgestaltung ihres Lebensumfeldes herangeführt werden, auch vor dem Hintergrund, dass viele Kinder nur wenig oder gar nichts über Herkunft und Anzucht von Lebensmitteln wissen und auch den Geschmack von frischem Obst und Gemüse kaum kennen.
Zielgruppe des Projekts sind Kinder im Alter zwischen 3 und 12 Jahren. Vor allem soll darauf geachtet werden, dass auch Kindern aus sozial benachteiligten Familien eine Teilhabe am Projekt möglich ist.
Vorgehen
Der „Naschgarten“ ist ein 8.000 qm großes Grundstück, direkt im Stadtkern von Holzminden und im Wohnumfeld der Zielgruppe gelegen. Das Wohnviertel in direkter Nachbarschaft zum Naschgartengelände besteht überwiegend aus kleinen Mietwohnungen ohne Garten und auch das weitere Angebot an kindgerecht gestalteten Grünflächen ist im Bereich der Innenstadt von Holzminden gering.
Im Rahmen eines Projektes im Kernstadtbereich sollen die Kinder aktiv in die Planung und Gestaltung ihrer Lebenswelt einbezogen werden und sich dadurch selbst neue Erfahrungs- und Bewegungsräume erschließen. Sie sollen ermutigt werden, ihre Ideen einzubringen und ihren „Naschgarten“ selbst zu planen und zu gestalten, aber auch zu pflegen, z.B. durch den Anbau und die Ernte von Obst und Gemüse.
Auf eine spielerisch erlebbare Art und Weise sollen die Kinder auf den Geschmack einer gesunden, saisonal wechselnden obst- und gemüsereichen Ernährung gebracht werden. Es sollen neue anregende und wohnraumnahe Natur- und Bewegungsräume geschaffen und körperliche Inaktivität reduziert werden. Der Schwerpunkt des Naturerlebens verfolgt das Ziel, den Kindern ein positives Verhältnis zur Natur und auch zur Verantwortung ihr gegenüber zu vermitteln.
Im Naschgarten werden Familien, Kindergärten und Schulen einbezogen. Die Arbeit im Naschgarten beschränkt sich aber nicht alleine auf diese zentralen Settings, sondern beteiligt weitere Institutionen vor Ort als wichtige Kooperationspartner. Der Naschgarten ist auch ein Ort, der nicht in Gruppen organisierten Kindern eine Gelegenheit bietet, sich am gemeinsamen Spiel zu beteiligen.
Um in Einrichtungen für Beteiligung zu werben, wurde das Projekt in der Anfangsphase durch das Projektmanagement und die Hochschule Fulda auf einer Informationsveranstaltung in Holzminden vorgestellt. Auch Anlässe wie das städtische Erntedankfest werden regelmäßig für Information und Öffentlichkeitsarbeit genutzt.
Im November 2007 gründete sich dann eine interne Steuerungsgruppe (das Naschgarten Plenum) mit den Vertreterinnen und Vertretern aller beteiligten Einrichtungen. Nach einer moderierten Auftaktsitzung zu Zielen und zum Rollenverständnis im Projekt, begann die gemeinsame Maßnahmenplanung.
Es folgten weitere Schritte der Projektimplementierung. Im Frühjahr 2008 wurde auf dem Gelände ein kleines Kinderfest – als Auftakt für das Projekt – veranstaltet, um den Kindern und Familienangehörigen das Gelände zu zeigen. So konnten sich die Kinder spielerisch mit dem Gelände vertraut machen und bei heißen Getränken am Lagerfeuer kamen die Eltern ins Gespräch.
Die Maßnahmenplanung begann mit einer gemeinsamen Erstellung eines Geländefunktionsplanes, dem ein Grundstücksbenutzungsvertrag durch die Stadt Holzminden mit entsprechendem Ratsbeschluss vorausging. Im Rahmen der ersten Geländearbeiten erhielt im April/Mai 2008 jede beteiligte Einrichtung zunächst eine eigene Gartenparzelle. Die Gestaltung und Bepflanzung der Parzellen begann zunächst kleinschrittig und nach dem Prinzip „Ideen entstehen beim Handeln“. Angepflanzt wurden Beerensträucher, Obstbäume, Kräuter und Kürbisse.
Ein Kürbiswettbewerb hat sogar dazu geführt, dass die Kinder allein oder mit ihren Eltern in der betreuungsfreien Zeit am Wochenende oder in den Ferien zum Gießen auf das Gelände kamen. Später, zum städtischen Erntedankfest wurden mit viel öffentlicher Aufmerksamkeit der schönste und der schwerste Kürbis prämiert.
Ein Highlight bei der weiteren Gestaltung des Geländes war der Kauf eines alten Bauwagens als Gruppenraum, den die Kinder nach ihren Ideen und Vorstellungen gestalten durften. Im April 2009 kam als ein weiteres Gestaltungselement der „Vorzeigegarten“ hinzu. Das Gemüseangebot wurde hierdurch erweitert. Nun wurden auch Kartoffeln, Brokkoli, Kohlrabi und Grünkohl im Naschgarten angebaut.
Nachdem der erste Sommer im Naschgarten vorüber war, folgte eine weitere Stufe der beteiligungsorientierten Geländeplanung. Die Kinder waren soweit mit dem Gelände vertraut, dass nun gemeinsam im Rahmen einer Zukunftswerkstatt an der Weiterentwicklung des Geländekonzepts gearbeitet werden konnte. Nach einer Kritikphase unter der Fragestellung „Was soll bleiben?“ und „Was soll weg?“ folgte eine Fantasiephase. Bleiben sollte nach Meinung der Kinder die Obstwiese und der Bach. Auch die neu gepflanzten Beerensträucher und Sonnenblumen durften bleiben. Am häufigsten wurden die Brennnesseln und die Würmer in den Äpfeln kritisiert. In der Fantasiephase wurde gefragt, was sich die Kinder für den Garten wünschen. Dies bildete die Grundlage für die nächsten Umsetzungsschritte bei der gemeinsamen Geländegestaltung.
Die meisten Wünsche der Zukunftswerkstatt wurden bereits umgesetzt. So entstanden fünf Weidenbauwerke und es wurde ein mobiler Seilgarten gekauft. Es wurden ein Seilaufstieg als Kletterelement und eine Rutsche am Hang angelegt, aber auch Sitzmöglichkeiten geschaffen wie z.B. eine Steintribüne am Hang und eine Gruppe von Findlingen. Einige Wünsche der Kinder sind noch offen. Noch nicht umgesetzt wurden ein Lehmofen, ein Sandkasten, ein Baumhaus und eine Brücke über den Bach. Doch die Kinder sind kreativ und erfinderisch und so wurde an einer Stelle am Bach ein Matsch- und Wasserspielbereich als natürliche Variante des Sandkastens errichtet.
Im Oktober 2008 wurde der Naschgarten mit dem Preis „Ort im Land der Ideen 2008“ des Wettbewerbes der Standortinitiative „Deutschland – Land der Ideen“ ausgezeichnet. Unter knapp 1.500 Bewerbungen wurde der Naschgarten im Rahmen der bundesweiten Veranstaltungsreihe ausgesucht. Die Preisverleihung erfolgte zeitgleich mit dem städtischen Erntedankfest. Im Jahr 2009 beteiligte sich der Naschgarten am städtischen Kinderfest und im September gab es zum Thema „Naturnahe Spielräume – mit Kindern gesunde Lebenswelten gestalten“ eine landesweite Fachtagung bei der der Naschgarten als Modellbeispiel vorgestellt wurde.
Neben den beschriebenen Veranstaltungen gibt es auch regelmäßige Aktivitäten im Naschgarten. Die Kinder- und Jugendeinrichtungen sind im Projekt verantwortungsübernehmend beteiligt und sind mit ihren Kindern regelmäßig auf dem Gelände. Mit der Zeit entwickelten sich feste Tage. Darüber hinaus bietet das Jugendzentrum Angebote in den Ferien (Ostern, Sommer, Herbst) an. Seit Oktober 2008 besteht eine eigene Naschgarten-Kindergruppe, ein offenes Angebot, das alle zwei Wochen am Nachmittag stattfindet. Ohne Anmeldung oder andere Verbindlichkeiten können alle Kinder dieses Angebot unter Betreuung eines Projektmitarbeiters nutzen.
Ein naturnaher Spielraum wie der Naschgarten bietet eine Vielzahl an herausfordernden Erfahrungs- und Bewegungsanreizen. Im Naschgarten finden viele Aktionen und Projekte statt, die zu kreativen Spielideen in und mit der Natur anregen. Im Folgenden werden einige davon beispielhaft vorgestellt:
Das Kartoffel-Projekt
Die Kinder der Kita Neuen Straße haben Ende März 2009 zum ersten Mal Kartoffeln für den Naschgarten „vorgezogen“. Hierfür wurden Pflanzkartoffeln hochkant in Kisten gestapelt und an einem hellen Ort bei Zimmertemperatur zum Keimen gebracht. Sobald ca. 1 cm lange Keime aus den Kartoffeln ragten, wurden sie in die Erde verpflanzt. Im Spätsommer wurde dann die Ernte mit einem großen Kartoffelfest gefeiert. Außerdem wurde ein eigenes Buch mit Wissenswertem rund um die Knolle verfasst und natürlich viele Rezepte ausprobiert. Besonders die selbstgemachten Kartoffel-Waffeln waren der Renner bei den Kindern.
Kreativ-Werkstatt
Acht Kinder des Jugendzentrums haben im Rahmen einer Kreativ-Werkstatt ein großes Eingangsschild für den Naschgarten hergestellt. Mit Hilfe von Kaninchendraht und Leinentuch wurden die Buchstaben des Naschgarten-Schriftzugs 3-dimensional modelliert und anschließend mit einem bunten Farbanstrich verschönert. Die örtliche Jugendwerkstatt hat den passenden Holzrahmen gebaut und das Schild am Gelände aufgestellt.
Mobiler Seilpfad
Zwei große Birken und ein zusätzlich installierter Pfosten bilden im Naschgarten das Grundgerüst für den Seilgarten. Unter Anleitung können die Kinder unterschiedliche Seilstrecken aufbauen und ausprobieren. Mit ein paar Handgriffen und gemeinsamer Tatkraft sind die Seile leicht zu spannen und zu verknoten und bieten vielfältige Bewegungsanreize, wie Schwingen und Balancieren oder sich über einen imaginären Sumpf zu hangeln. Nach der Benutzung wird der Seilpfad wieder abgebaut und verstaut. Der Vorteil eines mobilen Seilgartens ist, dass es nicht zu Vandalismusschäden kommen kann, da die Seile nie unbeaufsichtigt bleiben.
Die Ziele für die nächsten drei Jahre (2010-2012) sind die Etablierung von Alltagsroutinen und der Abschluss der Geländerahmenbedingungen sowie die Übergabe der Projektträgerschaft an die Stadt und Verbreitung des Projektansatzes.
Good Practice in
Partizipation
Ein Grundprinzip des Projektes ist die Beteiligung der Kinder an Planung, Aufbau und Ernte des Naschgartens. Für die Erwachsenen heißt dies häufig, sich mit den eigenen Vorstellungen und Ansprüchen zurückzunehmen, den Kindern gut zuzuhören und ihnen Freiräume anzubieten. Die Rolle der Erwachsenen im Planungsprozess ist also eher moderierend. Sie begleiten und unterstützen, geben Impulse, machen auf Stolpersteine aufmerksam und zeigen, wo nötig, auch Grenzen auf. Kindern früh Verantwortung zu übergeben, führt zur Entwicklung eines Empfindens von Bedeutsamkeit und Selbstwirksamkeit.
Die Grundstückspflege bringt viel Spaß und Motivation für alle mit sich, wenn sie gemeinschaftlich erfolgt. Für die Kinder bedeuten diese Anlässe meist ein großes Spiel und für die Erwachsenen bzw. Eltern eine gute Gelegenheit, sich besser kennen zu lernen und auszutauschen. Unter Mitarbeit von Kindern und Erwachsenen werden z. B. die folgenden Tätigkeiten durchgeführt: Bau von Stützgerüsten, Zusammentragen von Mahdgut, Weidenschnitt, Gehölzschnitt, Bau eines einfachen Zauns, Gestaltung von Gelände-Schildern und Hinweistafeln, Wässerung von Neupflanzungen, Mulchen von Beeten und Baumscheiben und eine gemeinsame Obst- und Gemüseernte.
Bei der Planung der Geländegestaltung in Form einer Zukunftswerkstatt konnten Kinder im Alter von 6 bis 11 Jahre ihre Ideen und Vorstellungen äußern, z. B. zu Fragen wie „Was soll weg?“ und „Was soll bleiben?“. Bleiben sollte nach Ansicht der Kinder die Obstwiese, der Bach und der Kürbisgarten. Die Brennnesseln hingegen brauchten nicht im Naschgarten zu bleiben. Viele Kinder haben aber auch gemeint, dass gar nichts stört. Danach folgte die Fantasiephase, hier wurden die Kinder gefragt, was sie sich für den Garten als nächstes wünschen und was davon auch machbar ist, dies wurde in der 3. Phase – der Realisierungsphase – umgesetzt. Die Wünsche der Kinder reichten von Sitzgelegenheiten über einen Sandkasten bis hin zu Klettermöglichkeiten.
Daneben verfolgt der Naschgarten aber vor allem den Ansatz, dass die Beteiligung der Kinder im Alltag stattfinden soll. Ideen, die beim Spielen und Handeln aufkommen, sollen umgesetzt werden, was für die Arbeit in der Kindergruppe bedeutet, Kinder immer wieder zu fragen, was sie machen möchten und sie daraufhin eigene Projekte entwickeln lassen.
Das folgende Beispiel aus dem Naschgarten soll dies verdeutlichen:
Im Sommer trocknete der Bach auf dem Gelände aus, sodass die Kinder ihre Matschbaustelle nicht mehr nutzen konnten. Spontan überlegten sie sich, einen kleinen Wassergraben von der 20 Meter entfernten Schwengelpumpe bis zur Wasserspielfläche am Bach anzulegen. Die Idee wurde sofort in die Tat umgesetzt und später mit einem unterirdischen Rohrsystem perfektioniert. So konnte die Wasserbaustelle wieder mit frischem Wasser versorgt werden.
Niedrigschwellige Arbeitsweise
Bei der Suche nach einem geeigneten Gelände für den Naschgarten waren viele Kriterien zu berücksichtigen. Neben den Aspekten der Sicherheit (verkehrsberuhigter Bereich, Bodenqualität) und Standortattraktivität (alter Baumbestand, Wasserspielmöglichkeit, u.a.) sollte auch die Erreichbarkeit des Geländes für die Kinder so einfach wie möglich gestaltet sein. Der finanzielle und organisatorische Aufwand (Stichwort Teilnahmegebühren und Elterntaxi) sollte so gering wie möglich gehalten werden. Den Projektinitiatoren ist es gelungen mit Hilfe der Stadt ein städtisches Grundstück in direkter Nachbarschaft zur Fußgängerzone und dem anliegenden Wohnviertel zu finden. Das Gelände ist wie ein öffentlicher Spielplatz oder Park jedem frei zugänglich. Eintrittsgelder gibt es nicht. Auch Teilnahmegebühren für betreute Aktionen konnten bislang durch die Akquise von Fördermitteln und durch die Unterstützung von Sponsoren und Ehrenamtlichen vermieden werden. Die Teilnahme an der Naschgarten-Kindergruppe ist für jedes Kind kostenlos und ohne Anmeldung möglich.
Der Naschgarten ist kein abgeschlossenes Gelände, sondern bewusst öffentlich zugänglich gehalten. Die Kinder können das Gelände sowohl über die kooperierenden Einrichtungen nutzen, in denen sie sich täglich aufhalten, wie auch selbständig in ihrer Freizeit. Viele Kinder kommen in ihrer Freizeit zu Fuß oder mit dem Fahrrad vorbei. Seit Oktober 2009 konnte sich eine Naschgarten-Kindergruppe etablieren. Betreut wird dieses offene Angebot von einem Projektmitarbeiter. Die Gruppe trifft sich alle 2 Wochen auf dem Gelände. Die Teilnahme ist unverbindlich und kostenfrei, eine Anmeldung nicht erforderlich. Die niedrigschwelligen und kostenlosen Angebote des Naschgartens sind natürlich kein Selbstläufer. Auch der Naschgarten ist hierfür auf die personelle und finanzielle Unterstützung der Kommune, von ortsansässigen Geschäftsleuten und Ehrenamtlichen angewiesen. Der Hauptsponsor des Projekts, die Firma Symrise, sichert seit Projektbeginn mit einem verbindlichen Budget die Grundfinanzierung des Naschgartens.
Um den Naschgarten für Sponsoren attraktiv zu machen bzw. zu halten, werden regelmäßig öffentlichkeitswirksame Aktionen veranstaltet, wie z.B. ein Sponsorenlauf, eine Beteiligung an Kinderfesten und die Teilnahme an Wettbewerben. Auch eine kontinuierliche Pressearbeit gehört dazu. Das erfordert viel Fleiß und Hartnäckigkeit. Aber die Rückmeldungen belohnen den Aufwand.
Die Zusammenarbeit mit den Kinder- und Jugendeinrichtungen vor Ort hat den Vorteil, dass möglichst viele Kinder unabhängig von ihrer sozialen Herkunft erreicht werden. Außerdem können die Kinder so zunächst in Begleitung das vielleicht unbekannte Naschgarten-Gelände erkunden und sich mit den Gegebenheiten vertraut machen.
Wünschenswert wäre für die Zukunft eine stärkere Einbindung der Grundschulen. Entsprechende Konzepte sind in Arbeit.
Der Naschgarten ist auch ein Ort, der Kindern, die nicht in Gruppen organisiert sind, eine Gelegenheit bietet, sich am gemeinsamen Spiel zu beteiligen. Wer sagt, dass Kinder nur unter Betreuung spielen und wichtige Erfahrungen für das Leben machen können? Der Naschgarten möchte den Kindern genügend Freiraum für Eigeninitiative und selbstbestimmtes Spiel bieten. Voraussetzung für diese Freiräume ist jedoch eine Achtsamkeit bzgl. möglicher Sicherheitsrisiken und die Einhaltung der Verkehrssicherungspflicht.
Gesammelte Erfahrungen (Lessons Learned)
Neben etablierten Interventionsorten der Gesundheitsförderung, wie z.B. Kita und Schule, wird es zunehmend bedeutsam sein, auch das Wohnumfeld mit seinen Erfahrungsräumen in den Blick zu nehmen. Mit dem Projekt „Kinder gestalten ihren Naschgarten“ konnte dies gelingen. Kindern aus Holzminden im Vorschul- und Grundschulalter werden Naturspielerlebnisse verbunden mit einem natürlichen Obst- und Gemüseanbau zugänglich gemacht. Die wissenschaftliche Begleitung durch die Hochschule Fulda konnte bereits in der Aufbau- und Modellphase des Projektes (2007 – 2009) dies bestätigen. Für Kinder im Vorschulalter konnte gezeigt werden, dass ein Gartenprojekt geeignet ist, um zum körperlich aktiven Spiel im Freien anzuregen. Auch konnte nachgewiesen werden, dass das Interesse an Obst bei den Kindern geweckt wird. Die selbst geernteten Früchte und der selbst gepresste Apfelsaft werden gern verzehrt. Auch Obstsorten, die offensichtlich selten zum Frischverzehr im Supermarkt gekauft werden (z.B. Pflaumen), werden von den Kindern des Naschgartens mit Neugierde aufgenommen. Die wissenschaftliche Begleitung durch die Hochschule Fulda konnte in teilnehmenden Beobachtungen feststellen, dass die Kinder ihre Ideen einbringen konnten und Arbeitsteilungen unter den Kindern ausgehandelt wurden. Als Folgen konnten körperliche Aktivität, gestärktes Selbstbewusstsein, das Entwickeln von Sozialkompetenz und Wohlbefinden beschrieben werden. In Befragungen mit Kindern wurde besonders betont, dass der Naschgarten ein Ort des Wohlfühlens ist. (vgl. Blättner, B. et al. 2010)
Die Etablierung einer wissenschaftlichen Begleitforschung war für die Umsetzung des Projektes „Kinder gestalten ihren Naschgarten“ wesentlich. Sie ist zum einen „Türöffner“ im Sinne der Beantragung von Fördergeldern und zum anderen „Aushängeschild“ für eine positive Wahrnehmung des Projektes in der Öffentlichkeit. Bedeutsam für die Umsetzung eines solchen Projektes ist, dass die Wissenschaft nicht die Praxis vor sich hertreiben darf bzw. es zu Zielkonflikten kommt. Beispielsweise dürfen wissenschaftliche Erkenntnisse einer erfolgreichen Adipositasprävention der Praxis nicht „aufgedrückt“ werden.
Die große Herausforderung in der Aufbauphase des Projektes „Kinder gestalten ihren Naschgarten“ bestand darin, ein Grundstück zu finden und einen finanziellen Rahmen zu legen, womit konkrete Maßnahmen auf dem Gelände umgesetzt werden konnten. Auch musste im Vorfeld sichergestellt werden, Kooperationspartner für die Umsetzung des Projektes einzubinden. Bei einem Projekt im kommunalen Bereich ist es ratsam, verlässliche Partner – insbesondere aus der Kommunalpolitik und Verwaltung – ins Boot zu holen. Für das Projekt „Kinder gestalten ihren Naschgarten“ war es von Vorteil, dass der Projektplan mit der Stadt- bzw. der Kreisverwaltung abgestimmt wurde, um sich Unterstützung und Akzeptanz zu sichern. Damit der Naschgarten auch zukünftig in der Gemeinwesenarbeit bestehen bleibt, gibt es Bemühungen, dass Projekt in eine feste Trägerschaft der Stadt zu überführen.
Für den Aufbau von Kooperationen ist es wichtig, dass insbesondere in der Aufbauphase eines Projektes, viel Zeit und Geduld mitgebracht wird. Das Projekt „Kinder gestalten ihren Naschgarten“ hat die Erfahrungen gemacht, dass der Aufbau von Kooperationen nicht immer einfach war. Während Kitas (z.B. Betriebskita „Symrise“) schnell in die Aktivitäten vor Ort eingebunden werden konnten, gelang dies bei den Schulen nicht oder nur bedingt. Gründe hierfür waren:
- Strukturelle und räumliche Einbindung der Schule,
- Arbeitsbelastung der Lehrerinnen und Lehrer und
- Schuleigene Projektaktivitäten.
Um Zugang zu den Schulen, aber auch Kitas und anderen Einrichtungen (z.B. Jugendzentrum) zu bekommen, war es hilfreich, eine Informationsveranstaltung zum Projekt „Kinder gestalten ihren Naschgarten“ durchzuführen. Erste Schritte einer erfolgreichen Beteiligung von Schulen konnte im Verlaufe des Projektes durch Umsetzung von themenfokussierten Projekttagen realisiert werden.
Zentral für die Projektarbeit ist, dass das Thema „Adipositas“ nicht in den Vordergrund gestellt und die Zielgruppe nicht problematisiert wird. Auch sind Leistungsdruck, Vorgaben und Verbote im Sinne einer „Zeigefinger-Pädagogik“ im Naschgarten nicht zu finden.
Über das ganze Jahr finden im Naschgarten spannende Angebote für die Kinder statt, die den Aspekt der Ernährung und Bewegung aufgreifen. Die bisherige Resonanz war sehr positiv: Kinder haben sich im Naschgarten aktiv beteiligt und ihre Kenntnisse zu Obst- und Gemüsesorten sowie zur saisonalen Ernte erweitert.
Bei der Einbindung der Grundschulkinder in die Aktivitäten des Naschgartens müssen einfache Zugangsmöglichkeiten geschaffen und vor allem ihre zeitlichen Ressourcen berücksichtigt werden. Beispielsweise nimmt die Zeit für Hausaufgaben viel Zeit in Anspruch, wo dann noch wenig Zeit besteht, um in den Naschgarten zu kommen. Auch sollten alle Kinder an den Erfahrungsräumen teilhaben können, d.h. auch Kinder aus sozial benachteiligten Familien. In diesem Zusammenhang ist die räumliche Anbindung (Entfernung zwischen Wohnung und öffentlichen Naturspielraum) zu beachten. Der finanzielle oder organisatorische Aufwand (Stichwort Teilnahmegebühren und Elterntaxi) ist daher so gering wie möglich zu halten.
Die Beteiligung der Kinder im Naschgarten und von Multiplikatoren, die die Kinder ansprechen, ist ein Grundprinzip des Projektes. Es hat sich gezeigt, dass je frühzeitiger die Kinder in die Planung von Maßnahmen einbezogen werden, desto passgenauer können dann auch Angebote zugeschnitten werden. Und vor allem: Umso besser werden die Angebote akzeptiert und angenommen. Doch in der Realität ist diese Entscheidungsfreiheit für die Zielgruppe nicht einfach umzusetzen. Die Beteiligung von Kindern ist zeitaufwendig und abhängig von der Haltung und der Bereitschaft der Erwachsenen. Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, die Eltern einzubinden. Dies gelang insbesondere durch Auftaktfeste (Familienfeste) für Kinder und weniger durch Elternabende.
Auch der Pflegeaufwand für z.B. Spielgeräte, befestigte Wege und Beetanlagen muss berücksichtigt werden. Hier muss auch mit Rückschlägen – bspw. in Folge von Vandalismus – oder wetterbedingten Verzögerungen von Baumaßnahmen gerechnet werden. Sichtkontrollen, Reparatur- und Wartungsarbeiten sowie Bewässerung und Aufräumarbeiten sind Routinetätigkeiten, die einkalkuliert werden müssen. Hier ist es wichtig, entsprechende Kooperationspartnerschaften für die Geländepflege aufzubauen und zu pflegen. Nach Möglichkeit sollten an der Geländepflege Kinder und ihre Familien beteiligt werden. Die Identifikation mit dem Gelände wird erhöht und ein Gefühl für den Pflegeaufwand vermittelt. Die Vergabe von Beet- oder Baum-Patenschaften ist eine sinnvolle Form der Beteiligung und schafft außerdem Entlastung bei der Flächenbewirtschaftung.
Um auf Aktivitäten im Rahmen der Projektarbeit (z.B. Spendenlauf, Familiengottesdienst) aufmerksam zu machen, ist eine gute Öffentlichkeitsarbeit von großer Bedeutung. Die Pflege zur örtlichen Presse ist hierbei wesentlich, um die Akzeptanz des Projektes in der breiten Öffentlichkeit zu stärken und die Motivation für alle Beteiligten zu steigern. Eine gute Öffentlichkeitsarbeit eines Projektes, das eine regionale Reichweite hat, hilft auch, sich für potentielle Geldgeber attraktiv zu machen.
Literatur
Blättner B, Grewe A, Heckenhahn S, Kohlenberg-Müller K: Prävention von Adipositas bei Kindern – Ein Gartenprojekt. Prävention und Gesundheitsförderung 4/2010, DOI:10.1007/s11553-010-0262-1
Blättner B, Grewe A, Kohlenberg-Müller K: Prävention von Adipositas bei Kindern und Jugendlichen: Neue Strategien sind erforderlich. Prävention 2006: 42-46
Blättner B, Kohlenberg-Müller K, Grewe A: Adipositas-Programme für Kinder und Jugendliche. Weshalb sind sie nur bei manchen Kindern erfolgreich? Prävention und Gesundheitsförderung 2/2006, DOI:10.1007/s11553-006-0018-0
Robert Koch-Institut (Hrsg.) (2006): Erste Ergebnisse der KiGGS-Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland. Berlin: Peperoni Werbeagentur GmbH
Utermark, Kerstin: Leitfaden „NaturSpielRäume – mit Kindern gesunde Lebenswelten gestalten“ Hannover, 2010
Internetquellen:
www.naschgarten.com (Zugriff: 13.12.09.MEZ)
www.prognos.com/Familienatlas-2007.176.0.html (Zugriff: 12.01.10.13.17.MEZ)
www.hs-fulda.de/index.php?id=6687#c19984 (Zugriff: 29.01.10.12.16.MEZ)
Laufzeit des Angebotes
Beginn: Juni 2007
Abschluss: kein Ende geplant
Welche Personengruppe(n) in schwieriger sozialer Lage wollen Sie mit Ihrem Angebot erreichen?
Menschen in schwieriger sozialer Lage stellen keine besondere Zielgruppe des Angebotes dar.
Das Angebot richtet sich insbesondere an folgende Altersgruppen
- 1 bis 3 Jahre
- 6 bis 10 Jahre
- 11 bis 14 Jahre
- 4 bis 5 Jahre
Das Angebot umfasst geschlechtsspezifische Angebote für
- Jungen / Männer
- Mädchen / Frauen
Schwerpunkte des Angebotes
- Bewegungs- und Mobilitätsförderung
- Ernährung
- Kommunale Strategie / Netzwerkarbeit
Das Angebot wird hauptsächlich in folgenden Lebenswelten umgesetzt
- Kindertageseinrichtung / Kindertagespflege
- Schule
- Stadt / Stadtteil / Quartier / Kommune
Stand
26.06.2024