17.12.2013
Beschäftigung ohne Gesundheit?
Dokumentation der Fachtagung vom 27.11.2013 im Thüringer Landtag
Uta Maercker, Landesvereinigung für Gesundheitsförderung Thüringen AGETHUR
Schlagwörter:Agentur für Arbeit, Erwerbslosigkeit
Strukturen, Angebote und Ressourcen: unter diesem Motto stand eine Fachtagung zum Thema Arbeitslosigkeit und Gesundheit, zu der am 27. November 2013 das Thüringer Ministerium für Soziales, Familie und Gesundheit zusammen mit dem Thüringer Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Technologie und der Landesvereinigung für Gesundheitsförderung Thüringen e.V. - AGETHUR - in den Thüringer Landtag eingeladen haben.
Der Einladung folgten ca. 150 Akteure aus den TIZIAN-Projekten (Thüringer Initiative zur Integration und Armutsbekämpfung - Nachhaltigkeit), den Beschäftigungsprojekten des Landesarbeitsmarktprogrammes, Jugendämtern, Jobcentern, der Bundesagentur für Arbeit und aus Wohlfahrtsverbänden.
Eröffnet wurde die Veranstaltung von Dr. Hartmut Schubert, Staatssekretär im Thüringer Ministerium für Soziales, Familie und Gesundheit, sowie von Prof. Dr. Michael Behr, Abteilungsleiter im Thüringer Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Technologie. Beide legten in ihren Grußworten Augenmerk auf die Herausforderungen, die insbesondere durch die zunehmenden psychischen Belastungen (lang)zeitarbeitsloser Menschen sowohl auf den Sozial- und Gesundheitsbereich als auch auf die Arbeitsförderung zukommen. Sie betonten die Notwendigkeit einer engen Zusammenarbeit der unterschiedlichen Ministerien, nachgeordneten Einrichtungen, aber auch der Träger und Institutionen, die vor Ort mit den Betroffenen zusammenarbeiten. Herr Prof. Dr. Behr beschrieb anschaulich eine Schwerpunktverschiebung: Nach den positiven Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt wird der Blick auf die übrig gebliebenen Langzeitarbeitslosen mit erheblichen gesundheitlichen Belastungen umso schärfer, ihnen Integrationsangebote zu machen ist umso dringender. „Wir nähern uns dem harten Kern“, so nannte Prof. Dr. Behr diese Herausforderung.
„Beschäftigungsfähigkeit“ ohne „Gesundheitsfähigkeit“? Irrwege und Auswege für langzeiterwerbslose Menschen
In seinem Impulsreferat (Präsentationsfolien als PDF-Datei, 1 MB) spannte Prof. Dr. Peter Kuhnert (Katholische Hochschule Freiburg) den Bogen von den Belastungen und gesundheitlichen Einschränkungen von erwerbslosen Menschen hin zu den damit einhergehenden ständig steigenden Anforderungen an die Integrationsfachkräfte in den beschäftigungsfördernden Maßnahmen. Er arbeitete sowohl anhand von Zahlen als auch mit vielen Fallbespielen heraus, welchen Herausforderungen durch Armut und prekäre Beschäftigung unsere Gesellschaft gegenüber steht. Er beschrieb Ansätze zur Förderung der Gesundheit arbeitsloser Menschen und zeigtederen Wirkungspotential, aber auch deren Grenzen auf. Dabei machte er deutlich, dass teilweise über Standard-Maßnahmen hinaus gegangen werden muss, dass „Förderketten“ (beispielsweise als Kombinationen von § 16d und § 16e SGB II) und eine längere und intensivere Integrationsbegleitung (ein Beispiel: das Programm „JobPromote“ in Köln) zum Einsatz gebracht werden sollten.
Gleichzeitig stellte Prof. Dr. Kuhnert dar, welche Rolle Vermittlungs- und Integrationsfachkräfte in der Förderung der Gesundheit spielen können, ohne außer Acht zu lassen, dass auch deren Beschäftigung zum Teil prekär ist und sie mit Arbeitsbedingungen konfrontiert sind, die nicht immer gesundheitsförderlich sind. Sein Beitrag machte deutlich, dass Gesundheitsförderung für Erwerbslose bei der Förderung der Gesundheit der Beschäftigten in Integrationsprojekten, Jobcentern etc. anfängt. Nur wenn diese Professionellen über genügend eigene gesundheitliche Ressourcen verfügen, sind sie in der Lage, die Gesundheit ihrer Klienten positiv zu beeinflussen.
Die Reaktion der Integrationsfachkräfte im Teilnehmerkreis zeigte deutlich, dass Prof. Dr. Kuhnert mit seinem Beitrag die Lebens- und Arbeitsrealität vieler Akteure der Beschäftigungsförderung in Thüringen getroffen hat.
„… es braucht Wertschätzung und Anerkennung der Arbeit der Integrationsbegleiter und eine Rehumanisierung der Arbeitswelt …“
Hier können Sie die Dokumentation zur Veranstaltung (PDF-Datei) und eine Kurzevaluation zur Fachtagung (PDF-Datei) herunterladen.