20.02.2012
BodyGuard - Das IB-Gesundheitsprogramm für sozial benachteiligte Jugendliche
Wie kann Gesundheitsförderung bei benachteiligten Jugendlichen gelingen?
Stephanie Heck, Internationaler Bund (Freier Träger der Jugend-, Sozial- und Bildungsarbeit e.V.), BodyGuard
Schlagwörter:Bewegungsförderung, Empowerment, Gesundheitsbewusstsein, Gesundheitsbildung, Good Practice, Nachhaltigkeit, Prävention, Sport
Gefördert von der Aktion Mensch startete der Internationale Bund 2006 das IB-Gesundheitsprogramm BodyGuard für sozial benachteiligte Jugendliche. In der dreijährigen wissenschaftlich begleiteten Modellphase wurde das Programm in neun Berufsbildenden Einrichtungen und in einem Jugendhaus entwickelt und erprobt.
Die Gesundheitsförderung stellt im Bildungszentrum Mannheim einen festen Bestandteil des Ausbildungsplans dar und ist somit mit keinen Zusatzveranstaltungen verbunden. Außerdem sind die Angebote kostengünstig angelegt. Die Teilnahme ist meist kostenlos oder weist lediglich einen geringen Kostenanteil für die TeilnehmerInnen auf. Das Material wie Laufschuhe, Sportgeräte o.ä. werden überwiegend gestellt. Die Angebote finden in den bekannten Räumlichkeiten vor Ort satt. An andere Orte werden die TeilnehmerInnen begleitet.
Ziel des Gesundheitsprogramms ist es, durch zielgruppengerechte Angebote benachteiligten Jugendlichen gesundheitsbezogenes Wissen zu vermitteln und sie zu gesundheitsförderndem Verhalten zu motivieren. Ebenso soll durch das Einüben von gesundheitsgerechtem Verhalten die Persönlichkeitsentwicklung der Jugendlichen positiv unterstützt und ein soziales Lernen ermöglicht werden.
Auf dem Weg zur Schaffung einer gesundheitlichen Chancengleichheit sind die Strategien und Methoden zur Erreichung der Zielgruppe von großer Bedeutung. Denn von herkömmlichen Gesundheitsförderungsangeboten werden sozial benachteiligte Jugendliche meist nicht erreicht, hier bedarf es einer besonderen, vor allem einer niederschwelligen Herangehensweise.
Die Freiwilligkeit gesundheitsfördernde Angebote wahrzunehmen ist die Grundlage jeglicher Aktivitäten der Gesundheitsförderung. Da die Gesundheit gerade für die Zielgruppe der Jugendlichen ein unattraktives Thema darstellt, liegt die Herausforderung von gesundheitsförderlichen Angebote darin, dieses möglichst interessant und bedürfnisgerecht zu gestalten. Die Angebote müssen für die Jugendlichen ein persönliches Verwertungsinteresse aufweisen. Die Vermittlung von Wissen, Erfahrungen und Erleben darf nicht oberflächlich und funktionslos bleiben. Eine nachhaltige Wirkung der Angebote benötigt eine intrinsische Motivation der TeilnehmerInnen, eine emotionale Verankerung der Themen und der Erfahrungen, sowie eine Anschlussfähigkeit an bereits vorhandenes Wissen.
Die Inhalte und Themen der Angebote dürfen für die TeilnehmerInnen dauerhaft weder unter- noch überfordernd sein. Denn so verlieren die Jugendlichen, aufgrund von fehlender Orientierung und Kontrolle, nicht nur die Lust an den Angeboten, hinzu kommt auch ein negativer Einfluss auf das Selbstwertgefühl. Die Angebote sind demzufolge so angelegt, dass den Jugendlichen das Erleben von Erfolg, Selbstwirksamkeit und eigener Kompetenz ermöglicht wird.
Die Angebote folgen keinen starren Vorgaben und können von den Jugendlichen beeinflusst und mitgestaltet werden. Die Jugendlichen werden dazu angeregt Wünsche, Interessen und Vorstellungen einzubringen und Kritik zu äußern. Zudem sollen die Angebote einen Rahmen bilden, in dem die Jugendlichen als Individuen wahrgenommen werden und für ihre Leistungen und Mitwirkung in der Gestaltung der Angebote die entsprechende Anerkennung erhalten.
Die Ergebnisse der Evaluation des Bodyguard Programms durch die TU Dresden stellen die Bedeutsamkeit von sozialen Aktivitäten deutlich heraus. Die Angebote werden von den Jugendlichen als besonders bedeutsam wahrgenommen, wenn sie sich sozial eingebunden und gefordert fühlen. Der Zielgruppe geht es beim Wahrnehmen der Angebote weniger um das gesundheitsfördernde Verhalten und dessen Wirkung auf ihre Gesundheit, vielmehr steht das Erleben in der Gruppe im Vordergrund, das das Gefühl der Zugehörigkeit und die Entwicklung eines Wir-Gefühls bedingt. Wohnt den Angeboten eine soziale Verbindlichkeit inne, entsteht für die Jugendlichen ein gewisser „freiwilliger Zwang“ und das Durchhaltevermögen wird gestärkt. Eine soziale Verbindlichkeit lässt sich ebenfalls durch bereits bekannte Vertrauenspersonen leichter herstellen.
Der Erlebnischarakter von Aktivitäten besitzt ebenfalls einen deutlichen Einfluss auf die kontinuierliche Teilnahme. Die Angebote sollen hierzu von den Jugendlichen als etwas Besonderes, als eine Abwechslung zum Ausbildungsalltag in der Werkstatt wahrgenommen werden. Die Jugendlichen bekommen in den Angeboten die Chance, neue Erfahrungen und Eindrücke zu sammeln.
Die Erfahrung im BodyGuard-Programm zeigt, dass sich der Fokus der Gesundheitsförderung für sozial benachteiligte Jugendliche weniger auf das physisch-psychische biomedizinische Modell der Gesundheit, sondern vielmehr auf den sozialen- und Erlebnisfaktor richten sollte, um diese Zielgruppe nachhaltig mit gesundheitsfördernden Angeboten zu erreichen. BodyGuard leistet in diesem Sinn einen wesentlichen Beitrag zur gesundheitlichen Chancengleichheit.
- Durch die Erfahrung von Selbstwirksamkeit und Annerkennung wird die Entwicklung von Selbstbewusstsein gefördert und mit Hilfe von dauerhaft angelegten Angeboten werden Durchhaltevermögen und Frustrationsgrenzen gestärkt.
- Die Bewältigungsressourcen der Jugendlichen werden durch die Teilnahme an den Angeboten gestärkt.
- Ein soziales Lernen wird durch Gruppenaktivitäten und Partizipation ermöglicht.
- Die Jugendlichen werden in dem Erleben von positiven Erfahrungen unterstützt und gefördert, sodass sie auch über das Programm hinaus zu einer gesünderen Lebensweise angeregt werden.
Weitere Informationen zum Projekt finden Sie in der Praxisdatenbank sowie auf der projekteigenen Website.