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09.11.2023

Das Informationsportal „hitzeservice.de“ – kompetenter Hitzeschutz für Kommunen

Julia Schoierer, AG Globale Umweltgesundheit und Klimawandel am Institut und der Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin des Klinikums der Ludwig-Maximilians-Universität München
Hannah Lehmann, AG Globale Umweltgesundheit und Klimawandel am Institut und der Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin des Klinikums der Ludwig-Maximilians-Universität München
Amelie Bauer, Institut für Soziologie der Ludwig-Maximilians-Universität München
Sophie Duschinger, Institut für Soziologie der Ludwig-Maximilians-Universität München
Lars Galwoschus, ecolo – Agentur für Ökologie und Kommunikation

Schlagwörter:Kommunen, Informationsportal, Hitzeschutz, Hitze, Klimawandel

Mit dem Klimawandel nehmen auch in Deutschland die gesundheitlichen Belastungen durch Hitze zu. Das betrifft alle Menschen quer durch die Bevölkerung, nicht nur einzelne vulnerable Gruppen. Der Hitzeschutz aller Bevölkerungsgruppen ist daher eine wichtige Aufgabe von Kommunen geworden. Um Kommunen über den gesundheitlichen Hitzeschutz zu informieren und sie zur Entwicklung und Umsetzung eigener Maßnahmen anzuregen, wurde im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit das Informationsportal hitzeservice.de entwickelt. Es bietet Vertreter*innen von Kommunen Informationen über den gesundheitlichen Hitzeschutz im Klimawandel, Best-Practice-Beispiele und einen umfangreichen Maßnahmenkatalog sowie weitere Services wie aktuelle Förderangebote, Netzwerke und Beratungsstellen.

Gesundheitliche Auswirkungen von Hitze

Bei extremer Hitze droht eine Überhitzung des Körpers, da die körpereigenen Kühlmechanismen – wie Schwitzen und die Erweiterung der Blutgefäße zur Abgabe der Wärme an die Umgebung – nicht mehr ausreichend funktionieren. Zusammen mit Wasser- und Elektrolytverlust werden vor allem das Gehirn, Herz und Gefäße sowie Lunge und Nieren belastet, bestehende Erkrankungen dieser Organe können sich verschlechtern und schwerwiegende plötzliche Erkrankungen wie Herzinfarkt und Schlaganfall auftreten.

Hitzewellen mit hohen Lufttemperaturen führen neben der Zunahme von Hitzeerkrankungen (z. B. Hitzeerschöpfung, Sonnenstich, Hitzekollaps) und damit steigenden Notfällen und Krankenhauseinweisungen regelmäßig auch zu signifikant erhöhten Sterberaten. So gab es im Jahr 2018 etwa 8.700 hitzebedingte Sterbefälle und in den vorangegangenen Hitzejahren 1994 und 2003 wurden sogar jeweils ca. 10.000 Sterbefälle durch Hitze geschätzt (Deutsches Ärzteblatt 2022; Robert-Koch-Institut 2022).

Wer ist besonders durch Hitze betroffen?

Wie stark jeder Mensch von Hitze betroffen und gesundheitlich belastet ist, hängt von unterschiedlichen physiologischen (z. B. Alter, Gesundheitszustand, Akklimatisierungszustand) und sozialen (z. B. Tätigkeit, Arbeits- und Wohnumfeld, soziales Netzwerk, Gesundheitswissen) Faktoren, Umweltbedingungen (z. B. Wohnlage, Mikroklima) sowie den verfügbaren Anpassungsstrategien (z. B. Ess- und Trinkverhalten, Tragen angemessener leichter Kleidung)ab. Folgende Personengruppen sind tendenziell besonders vulnerabel gegenüber Hitze und müssen daher besonders vor den gesundheitlichen Auswirkungen von Hitze geschützt werden:

  • Ältere Menschen über 65 Jahre
  • Pflegebedürftige Menschen
  • Menschen mit chronischen Erkrankungen
  • Menschen, die Medikamente einnehmen
  • Kinder und Säuglinge
  • Schwangere
  • Menschen mit Abhängigkeitserkrankungen
  • Menschen mit Übergewicht
  • Wohnungslose Menschen
  • Sozial isoliert lebende Menschen
  • Sozioökonomisch benachteiligte Menschen
  • Menschen, die im Freien körperlich schwer arbeiten
  • Menschen, die viel Sport treiben

Das Informationsportal hitzeservice.de

Das Portal hitzeservice.de wurde im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit im Rahmen des Projekts „HitzeService statt Hitzestress – was brauchen Kommunen?” vom Klinikum der LMU München, der Agentur ecolo und dem Institut für Soziologie der LMU München entwickelt.

Ziel des Portals ist es, bundesweit Städte, Gemeinden und Kreise unterschiedlicher Größe kurz und prägnant über konkrete Handlungsmöglichkeiten zum Schutz der Bevölkerung vor den gesundheitlichen Auswirkungen von Hitze zu informieren und sie anzuregen, selbst eigene Maßnahmen zu entwickeln und beim Aufbau wirksamer Strukturen und Prozesse beim Hitzeschutz zu unterstützen.

Mittels einer umfassenden Literatur- und Sachstandsanalyse wurden die Handlungsmöglichkeiten von Kommunen sowie Best-Practice-Beispiele und bereits bestehende Materialien und Instrumente zur gesundheitlichen Hitzeanpassung zusammengetragen. Durch Leitfadeninterviews, Workshops und eine bundesweite Onlinebefragung wurden Bedarfe der Kommunen im Bereich der kommunalen Hitzevorsorge erhoben. Dabei zeigte sich sehr deutlich, dass „Hitze“ für Kommunen eine zunehmend wichtige Thematik und der Bedarf nach kompetenter Information entsprechend groß ist. Gleichwohl wissen Kommunen und Kreise mit den bestehenden Informationsangeboten oftmals wenig anzufangen, da diese zu „unübersichtlich“, „zu akademisch“, „ohne Praxisbezug“ oder „viel zu umfangreich“ gestaltet oder vorhandene Angebote erst gar nicht bekannt seien. Zugleich wurde die Idee, den Bedarf nach hitzespezifischen Informationen durch eine eigene Website für Kommunen abzudecken, sehr positiv eingeschätzt und entsprechend hohe Erwartungen in den Nutzen des Portals gesetzt. Allerdings müssten die benötigten Informationen für dieses „Querschnittsthema“ prägnant, übersichtlich und leicht verständlich aufbereitet werden. Für die kommunale Arbeit erforderlich seien dabei insbesondere kurze Maßnahmenkataloge für akute Hitzeereignisse, zum vorbereitenden Hitzeschutz und für die langfristige Planung. Wünschenswert seien auch Best-Practice-Beispiele aus anderen Kommunen, Material für die Öffentlichkeitsarbeit sowie Umsetzungshilfen für Hitzeaktionspläne. Idealerweise werde auch eine Austauschplattform zur Vermittlung von Kontakten zu anderen Kommunen in dieser Website implementiert.

Basierend auf der Zusammenführung dieser Wünsche und Bedarfe wurde das Informationsportal hitzeservice.de erstellt und mit Inhalten zur Umsetzung kommunaler, gesundheitlicher Hitzeschutzmaßnahmen gefüllt. Dabei wurde systematisch die kommunale Perspektive in alle Projektschritte einbezogen. Insbesondere dazu wurde auch ein wissenschaftlicher Projektbeirat etabliert, der aus kommunalen Akteur*innen, Vertreter*innen relevanter Spitzenverbände und der Forschung bestand:

  • Deutscher Städtetag
  • Deutsches Institut für Urbanistik
  • Gesundes Städtenetzwerk
  • Klimabündnis
  • Technische Universität München
  • Landkreis Aichach-Friedberg
  • Die Städte Chemnitz, Dresden, Erfurt, Mannheim, München, Worms, Zwickau

Die Online-Plattform hitzeservice.de ist seit Juni 2023 frei zugänglich und steht kostenlos zur Verfügung. Es informiert Kommunen über die gesundheitlichen Auswirkungen von Hitze, unterstützt bei der Erstellung eines kommunalen Hitzeaktionsplans und stellt konkrete Maßnahmen vor, die Kommunen während akuter Hitzeperioden, zur Vorbereitung auf den Sommer und in der langfristigen Planung umsetzen können. Umsetzungsbeispiele und hilfreiche Materialien geben den Kommunen Tipps für die Umsetzung der jeweiligen Maßnahme. Zudem werden Beratungsstellen, Informationsportale und Finanzierungsmöglichkeiten zum Thema Hitze und Gesundheit zusammengestellt.   

Ausblick

Das Thema Hitzeschutz ist in Deutschland angekommen. Immer mehr Länder, Kommunen und Kreise entwickeln Konzepte und Maßnahmen. Auch der im Juni 2023 vorgestellte nationale Hitzeschutzplan möchte zu mehr und besserem Hitzeschutz beitragen. hitzeservice.de stellt dabei ein wichtiges Instrument dar. Die Stärkung der kommunalen Vernetzung unter dem Begriff des “Voneinander lernens” sollte nun ein weiterer wichtiger Schritt für den gesundheitlichen Hitzeschutz der Bevölkerung sein.

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