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29.01.2018

Deutschlandweit erster Gesundheitskiosk in Hamburg eröffnet

Ein innovatives Gesundheitsnetzwerk verbessert gesundheitliche Chancen

Jens Stadtmüller, Facharzt für Innere Medizin und Kardiologie in Hamburg Billstedt
Andrea Schildt-Stadtmüller, Fachärztin für Allgemeinmedizin in Hamburg Horn
Irena Lorenz, Gesundheit für Billstedt/Horn UG (haftungsbeschränkt)
Alexander Fischer, Gesundheit für Billstedt/Horn UG (haftungsbeschränkt)
Helmut Hildebrandt, OptiMedis AG, Gesundheit für Billstedt/Horn UG (haftungsbeschränkt)

Schlagwörter:Gesundheit, Netzwerk, Quartier, Sozialraum, Strukturaufbau

Gemeinsam mit engagierten Ärztinnen und Ärzten, Ge­sund­heitsexpertinnen und -experten, Kran­ken­kas­sen und weiteren Part­ne­rin­nen und Partnern baut die regionale Managementgesellschaft Ge­sund­heit für Billstedt/Horn UG seit An­fang 2017 ein patientenorientiertes Ge­sund­heitsnetzwerk in den Hamburger Stadtteilen Billstedt und Horn auf. Hier le­ben über­durch­schnitt­lich viele Emp­fän­ge­rin­nen und Emp­fän­ger von So­zi­al­leis­tun­gen so­wie Menschen mit Migrationshintergrund. Das Sterbealter ist um rund zehn Jahre niedriger als in bes­ser situierten Stadtteilen Hamburgs. Ziel ist es, den Ge­sund­heitsstatus der so­zi­al be­nach­tei­lig­ten Be­völ­ke­rung zu verbes­sern und mit neuen Netzwerkstrukturen zwi­schen Ge­sund­heitssektor und So­zi­al­raum die Prozesse in der medizinischen Versorgung effektiver zu ma­chen. Ba­sis ist ein bedarfsorientiertes Entwicklungs- und Handlungskonzept, das die OptiMedis AG auf In­iti­a­ti­ve engagierter Ärztinnen und Ärzte und mit Un­ter­stüt­zung der so­zi­alen Ein­rich­tung­en aus Billstedt und Horn erarbeitet hat. Neben diesem Eigeninvestment beteiligte sich die Stadt Hamburg an den Erstellungskosten.

Gründungsmitglieder der Gesundheit für Billstedt/Horn UG:

  • Ärztenetz Billstedt-Horn e. V. (60 Prozent Gesellschaftsanteil),
  • OptiMedis AG (30 Prozent),
  • SKH Stadtteilklinik Hamburg GmbH (5 Prozent)
  • NAV-Virchow-Bund - Verband der niedergelassenen Ärzte Deutschlands e. V. (5 Prozent).

Ge­sund­heit geht ge­mein­sam - und am besten im Team

Zahlreiche regionale Kooperationspartner aus dem Ge­sund­heits-, Sozial- und Bildungssektor so­wie die kommunale Verwaltung un­ter­stüt­zen die Um­set­zung. Eine ausführliche Über­sicht findet sich un­ter http://experten.gesundheit-bh.de/partner/. Aktuelle Arbeitsschwerpunkte sind der Auf­bau der besonderen Versorgungsstrukturen und die Vernetzung der An­ge­bo­te im Quar­tier.

Interventionen - von ein­fach bis komplex

Die Stell­schrau­ben sind ausgerichtet auf den Be­darf in den beiden Stadtteilen und haben in der Sum­me einen beträchtlichen Nutzen für die dort lebenden Menschen. Die Arbeitsschwerpunkte lie­gen in den folgenden drei Bereichen:

  • Versorgungsmanagement
  • Gesundheitsmanagement
  • IT-Lösungen

Versorgungsmanagement

Alle Projekte aus dem Versorgungsmanagement haben das Ziel, die wohnortnahe Versorgung der Pa­ti­en­tin­nen und Patienten mit chronischen Er­kran­kung­en durch bes­ser auf­ei­nan­der abgestimmte Behandlungsschritte zu op­ti­mie­ren und ambulant-sensitive Krankenhausfälle, d. h. vermeidbare und belastende Krankenhausaufenthalte zu re­du­zie­ren. In den letzten Monaten haben Fach- und Hausärztinnen und -ärzte da­zu ge­mein­sam mit weiteren Akteuren in Qualitätszirkeln Schnittstellen und Prozesse definiert. Zusätzlich wurden Module entwickelt, die die Versorgung von Pa­ti­en­tin­nen und Patienten verbes­sern. Beim Gesundheitsprogramm „Herz im Blick“ sind das bei­spiels­wei­se ein Case-Ma­nage­ment oder ein Ma­nage­ment von Risikofaktoren in Form von Ernährungsberatung, Raucherentwöhnung und Bewegungsangeboten. Die ersten Programme wer­den ab dem ersten Quar­tal 2018 ge­mein­sam mit den Haus- und Facharztpraxen, Pfle­geheimen, ambulanten Pfle­gediensten, Krankenhäusern, sozialen Ein­rich­tung­en, Physiotherapie und vielen anderen Akteuren umgesetzt.

Die geplanten Versorgungsprogramme im Über­blick:

  • Versorgungsprogramm „Herz im Blick“
  • Versorgungsprogramm „Di­a­be­tes im Blick“
  • Versorgungsprogramm „Rücken im Blick“
  • Versorgungsprogramm „Pfle­ge im Blick“

Arzneimittelversorgung älterer Menschen - ei­ne Herausforderung
Viele der älteren Ein­woh­nerinnen und Ein­woh­ner sind multimorbide und neh­men zahlreiche Medikamente gleich­zei­tig ein. Dabei kann es zu Über- oder Fehlversorgung mit Arzneimitteln kom­men, Ne­ben­wir­kung­en oder so­gar Krankenhauseinweisungen kön­nen die Fol­ge sein. Ein Lösungsansatz sind strukturierte Arzneimittelkonsile, in de­nen Ärztinnen und Ärzte mit Phar­ma­ko­lo­gin­nen und Phar­ma­ko­lo­gen herstellerneutral die Arzneimitteltherapie ihrer Pa­ti­en­tin­nen und Patienten be­spre­chen. Mit dem sogenannten FORTA-Konzept verfolgen wir diesen An­satz auch im Gesundheitsnetzwerk in Billstedt und Horn. Weitere Serviceleistungen sind die Medikamentenregistrierung so­wie praxisindividuelle Aus­wer­tung­en der Arzneimittelversorgung.

Ge­sund­heitsmanagement

Pa­ti­en­tin­nen und Patienten im Blick - die stärkste Res­sour­ce ist die eigene Mo­ti­va­ti­on

Unser Ge­sund­heitssystem erfordert ein hohes Maß an Ei­gen­stän­dig­keit von den Pa­ti­en­tin­nen und Patienten. Vielen Menschen fällt es aber schwer, gesundheitsrelevante Informationen zu fin­den, zu verstehen, zu be­ur­tei­len und umzusetzen. Eines unserer Ziele ist da­her, die Ge­sund­heitskompetenz der Pa­ti­en­tin­nen und Patienten zu verbessern bzw. ein Um­feld zu er­zeu­gen, in dem sie aktiv einbezogen wer­den. Hierbei spielt der Ge­sund­heitskiosk ei­ne wichtige Rol­le. Weitere Ele­men­te sind Maß­nah­men zur Aktivierung von Pa­ti­en­tin­nen und Patienten, wie zum Bei­spiel die Praxis-Kampagne „3 Fra­gen für Ihre Ge­sund­heit".

Ge­sund­heitskiosk - kos­ten­lose Be­ra­tung in vielen Spra­chen

Ende September 2017 hat der bun­des­weit erste Ge­sund­heitskiosk in Hamburg-Billstedt eröffnet. Hier berät ein multiprofessionelles Team Pa­ti­en­tin­nen und Patienten zu Fra­gen der Ge­sund­heit, bereitet Arztbesuche nach und vermittelt an Ein­rich­tung­en und Verei­ne im Stadt­teil. Die Pa­ti­en­tin­nen und Patienten kom­men mit ei­ner ärztlichen Über­wei­sung, auf Emp­feh­lung durch ei­ne Stadt­teileinrichtung oder auf eigene In­iti­a­ti­ve in den Ki­osk. Eine der wichtigen Auf­ga­ben der Gesundheitsfachkräfte ist es, die Wir­kung der ärztlichen Emp­feh­lung­en zu er­hö­hen und die Pa­ti­en­tin­nen und Patienten nach­hal­tig zu un­ter­stüt­zen, ihr Verhalten zu verändern. Seit der Er­öff­nung suchten be­reits über 1000 Menschen Rat im Ki­osk (Stand Ja­nu­ar 2018). Die ersten Er­fah­rung­en sind sehr positiv: Die Pa­ti­en­tin­nen und Patienten schät­zen das vielfältige An­ge­bot so­wie die Zeit, die die Beratenden sich für sie neh­men. Insbesondere für Ratsuchende aus anderen Kulturen ist es hilfreich, dass auch in den im Stadt­teil am häufigsten gesprochenen Spra­chen be­ra­ten wird, da­run­ter zum Bei­spiel Türkisch, Russisch, Portugiesisch, Polnisch und Farsi. Die Be­ra­tung ist für die Versicherten der beteiligten Kran­ken­kas­sen kos­ten­los. Häufige Be­ra­tungsanlässe sind bei­spiels­wei­se Gewichtsreduktion und Ernährungsberatung, Informationen zum Ge­sund­heitssystem (Su­che nach Ärztinnen und Ärzten, Auf­klä­rung, Un­ter­stüt­zung bei Anträgen), die Er­läu­te­rung von Befunden so­wie Psychosoziale Anliegen. Mit­ar­bei­tende des Instituts und der Po­li­kli­nik für All­ge­mein­me­di­zin am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf un­ter­stüt­zen die Beratungskräfte vor Ort durch Fort­bil­dung­en und regelmäßige Supervision.

  • Weitere Leistungen im Gesundheitskiosk:
    • Beratung rund um die Gesundheit
    • Lotsung durch das Gesundheitssystem
    • Medikamentenregistrierung
    • Gesundheitskurse und Vorträge
    • Case-Management und Risikofaktoren-Management

Praxis-Kampagne 3 Fra­gen für Ihre Ge­sund­heit

Die Ak­ti­on „3 Fra­gen für Ihre Ge­sund­heit“ hilft Pa­ti­en­tin­nen und Patienten, die begrenzte Zeit in der ärztlichen Pra­xis so effektiv wie mög­lich zu nut­zen und regt sie da­zu an, drei Fra­gen zu stel­len:

  • Welches ge­sund­heit­liche Problem habe ich?
  • Was kann ich da­ge­gen tun?
  • Warum ist das wich­tig für mich?

Zusätzlich wer­den z. B. strukturierte „Zielvereinbarungsgespräche“ zwi­schen Arzt bzw. Ärz­tin und Pa­ti­en­tin­nen und Patienten so­wie Elternkonferenzen in Kitas und Schulen zur För­de­rung der Gesundheitskompetenz (Fo­kus 0-10-Jährige Kinder) etabliert. In den Elternkonferenzen wer­den Kinderärztinnen und -ärzte zu Themen wie Fie­ber oder Magen-Darm-Infekten geschult. So kön­nen Eltern ler­nen, Warnsignale für Gesundheitsprobleme rich­tig zu in­ter­pre­tie­ren, um angemessene Gesundheitsentscheidungen zu tref­fen.

IT-Lösungen för­dern die Kom­mu­ni­ka­ti­on

Durch die Ein­bin­dung von IT-Lösungen in die Versorgungsprozesse und ei­ne verbesserte digitale Vernetzung las­sen sich Prozesse der Datenverarbeitung und Behandlungsschritte noch effektiver ko­or­di­nie­ren. Das gilt für die direkte Kom­mu­ni­ka­ti­on zwi­schen Ärz­tinnen bzw. Ärzten und ihren Pa­ti­en­tin­nen bzw. Patienten so­wie die Kom­mu­ni­ka­ti­on zwi­schen den Behandelnden glei­cher­ma­ßen.

Unsere Interventionen:

  • Lifetime App in Arztpraxen, Apo­the­ken und im Ge­sund­heitskiosk für die direkte Kom­mu­ni­ka­ti­on zwi­schen Ärz­tinnen bzw. Ärzten und ihren Pa­ti­en­tin­nen bzw. Patienten
  • Einrichtungsübergreifende elektronische Patientenakte und Im­ple­men­tie­rung von KV-SafeNet/KV-Connect in Arztpraxen

Finanzierung und Über­trag­bar­keit auf an­de­re Regionen

Das Vorhaben wird vom Innovationsausschuss des Gemeinsamen Bundesausschusses für drei Jahre mit bis zu 6,3 Millionen Eu­ro gefördert. Langfristig soll es sich durch Ein­spa­rung­en fi­nan­zie­ren, die auf Sei­ten der beteiligten Kran­ken­kas­sen in­fol­ge der besseren Versorgungsstrukturen ent­ste­hen. Das Hamburg Center for Health Economics (HCHE) an der Uni­ver­si­tät Hamburg begleitet das Modellprojekt wis­sen­schaft­lich, um die Über­trag­bar­keit auf weitere Städte und Regionen zu eva­lu­ie­ren.

Weitere Infos unter www.gesundheitskiosk.de

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