03.12.2013
Die Gesundheit von Kindern und Jugendlichen im Familienkontext
Vorstellung des UNICEF-Bericht zur Lage von Kindern in Deutschland 2013
Andreas Klocke, Forschungszentrum Demografischer Wandel (FZDW), Fachhochschule Frankfurt am Main
Schlagwörter:Armut und Gesundheit, Bericht, Familie, Kindesentwicklung
Am 24. Oktober wurde in einer Pressekonferenz der neue UNICEF-Bericht zur Lage von Kindern in Deutschland 2013 vorgestellt. Darin heißt es, dass benachteiligte Kinder und Jugendliche in Deutschland Gefahr laufen, immer stärker von der sozialen Entwicklung abgehängt zu werden. Ihre Teilhabechancen müssen dringend verbessert werden. Hierzu rufen UNICEF Deutschland und der Familiensoziologe Prof. Hans Bertram mit dem Bericht zur Lage der Kinder in Deutschland 2013 auf. Namhafte Wissenschaftler stellen in dem Report ihre Forschungsergebnisse vor. Ausgewiesene Journalisten vertiefen diese mit konkreten Erfahrungen und Beispielen für wirksame Maßnahmen.
Prof. Dr. Andreas Klocke hat sich im vierten Kapitel des Berichts zu Risikoverhalten mit dem Thema Gesundheit von Kindern und Jugendlichen im Familienkontext auseinander gesetzt. Prof. Dr. Andreas Klocke leitet das Forschungszentrum Demografischer Wandel (FZDW) an der Fachhochschule Frankfurt am Main. Seine Arbeitsschwerpunkte sind unter anderem: Soziologie sozialer Ungleichheit und Sozialstrukturanalyse, Gesundheitssoziologie, Sozialberichterstattung und Demografie.
Die Gesundheit von Kindern und Jugendlichen im Familienkontext
Die Gesundheit eines Menschen kann, wie kaum ein anderer Indikator, Hinweise auf die Lebensqualität eines Menschen geben. Soziale Lebensbedingungen und Gesundheit stehen in einem ganz engen Wechselverhältnis zueinander. Für die Kindergesundheit ist es von Bedeutung, ob die Eltern arm oder reich sind, wo sie wohnen, was sie einkaufen und wie das Familienklima sich gestaltet. Kinder wachsen unter der Anleitung der Eltern auf und werden unter den Bedingungen groß, die ihnen ihre Familie bietet.
Datengrundlage: HBSC-Studie
Alle vier Jahre wird in Deutschland eine repräsentative Untersuchung der gesundheitlichen Situation von Schulkindern in den Klassen 5, 7 und 9 durchgeführt. Für den UNICEF-Report wurde auf der Basis der Daten der letzten „Health Behaviour in School Aged Children“- Studie (HBSC) die Abhängigkeit von Gesundheit und Gesundheitsverhalten der Kinder von sozioökonomischen Faktoren wie Arbeitslosigkeit, Paar- und Ein-Eltern-Familien und der Eltern-Kind-Beziehung („wie leicht oder wie schwer fällt es, sich bei persönlichen Problemen an Vater oder Mutter zu wenden“) betrachtet. Die Kinder wurden detailliert befragt bspw. nach ihrem subjektiven Gesundheitsgefühl, nach gesundheitlichen Beschwerden, Rauchen und Sport, nach ihrem Medienkonsum und ob sie täglich ein Frühstück einnehmen.
Ergebnisse
Die Bilanz lautet: Kinder in sozial schwachen Familien schneiden in vielen Bereichen gegenüber ihren Altersgenossen in Mittelschichtfamilien schlechter ab:
- Insbesondere die Arbeitslosigkeit eines Elternteils wirkt sich auf das subjektive Gesundheitsempfinden sowie auf das Bewegungsverhalten (Sport) und den TV-Konsum aus.
- Die Familienform (Alleinerziehend/Paar-Familie) wirkt sich ebenfalls in allen Bereichen aus - in signifikantem Maße allerdings nur beim Rauchen und Frühstück an Schultagen.
- Die allgemeine soziale Lage der Familie prägt den gesundheitlichen Status der Kinder lediglich schwach - wohl aber das Gesundheitsverhalten der Kinder und Jugendlichen. Hohe Effekte in allen Bereichen hat die Eltern-Kind-Beziehung.
Insbesondere Alltagsroutinen in der Familie wie Essgewohnheiten, Bewegungsverhalten, oder Rauchen haben häufig einen lebenslangen Effekt - genauso wie die Erfahrung von familiärem Zusammenhalt oder wenn die Eltern das Selbstbild des Kindes und sein Urvertrauen stärken.
Nachlassende motorische Fähigkeiten, ungünstige Erziehungsstile und übermäßiger Medienkonsum charakterisieren eine wachsende Minderheit im Jugendalter. Kommen familiale Defizite hinzu, können diese Tendenzen kaum kompensiert werden. Damit gilt zusammengefasst: Die familialen Lebensbedingungen strahlen auf die Gesundheit und insbesondere auf das Gesundheitsverhalten der Kinder und Jugendlichen aus. Hier gibt es Handlungsbedarf in der Familienbildung wie auch bei der Gesundheitserziehung zum Beispiel in Ganztagsschulen. Gesundheitserziehung ist dann ein Zusammenspiel mehrerer Interventionen, die die verhaltens- und die verhältnisbezogene Ebene bedienen und mehr ist, als einfache Aufklärung über gesundheitliche Gefahren.
Der UNICEF-Bericht zur Lage von Kindern in Deutschland „Reiche, kluge, glückliche Kinder?“ (Hrsg. Hans Bertram) ist im Verlag Beltz Juventa erschienen.
Weitere Informationen finden Sie auf der Seite der UNICEF.