Zum Hauptinhalt springen
Logo vom Kooperationsverbund Gesundheitliche Chancengleichheit und Site-Slogan: Aktiv für Gesundheit und Chancengleichheit (Link zur Startseite)

04.10.2023

Ein Blick in die Praxis: „Gesund bei Hitze im Quartier“

Lisa Wagner, Regionalverband Saarbrücken Gesundheitsamt

Schlagwörter:Hitze, Quartier, Klimawandel, Prävention

Das Projekt "Gesund bei Hitze im Quartier" wird im Regionalverband Saarbrücken im Rahmen der Steuerungsgruppe für Aktivitäten zum Thema Klima und Gesundheit seit 2022 umgesetzt. Das Projekt zielt darauf ab, ältere Menschen niedrigschwellig für das Thema Hitzeprävention zu sensibilisieren.  

 

Im Fokus des Projektes steht die gemeinsame Entwicklung und Umsetzung von verhaltens- und verhältnispräventiven Maßnahmen, um den Auswirkungen extremer Hitze entgegenzuwirken. Können Sie uns hierzu konkrete Beispiele nennen, die Sie umsetzen?  

Ja, bisher konnten wir verschiedene Aktionen und Angebote für unsere Zielgruppen durchführen. Wir haben im letzten Jahr mit einer Kampagne zu kostenlosem Trinkwasser und Toilettennutzung begonnen. Dazu wurden Plakate in den teilnehmenden öffentlichen Gebäuden und in den Geschäften von Gewerbetreibenden in den Saarbrücker Stadtteilen sichtbar aufgehangen. Mittlerweile ist u. a. das Gesundheitsamt des Regionalverbandes Saarbrücken auch offizielle ReFill-Station. Das bedeutet, dass jede*r zu den Öffnungszeiten kostenfrei Leitungswasser in ein mitgebrachtes Trinkgefäß abfüllen darf. 
Als weiterer Schritt folgte die Einrichtung eines Hitzetelefons in einem der teilnehmenden Modellstandorte unseres Projektes, welches auch im Sommer 2023 wieder aktiv ist. Des Weiteren waren verschiedene Akteur*innen des Gesundheitsamtes auf diversen Messen, Stadtteilfesten und Aktionstagen mit einem eigenen Stand vor Ort. Dort wurde Trinkwasser, frisches Obst und Informationsmaterial ausgegeben. Wir haben unser sogenanntes Hitzeinfoblatt, auch als Tischaufsteller erhältlich, überarbeitet und können dieses ergänzend nun in leichter Sprache und mehreren Fremdsprachen anbieten. Als teilnehmender "Landkreis" der Schattenspenderkampagne des Umweltbundesamtes hat der Regionalverband Saarbrücken einen eigenen Hitzeknigge erstellt, der ebenfalls u. a. Handlungsempfehlungen zum Hitzeschutz und Ansprechpersonen im Regionalverband Saarbrücken benennt. In einer Vortragsreihe zu "Gesund bleiben bei Hitze" sind unsere Ärzt*innen des Gesundheitsamtes auch selbst vor Ort in den Gemeinweseneinrichtungen und stehen persönlich für Fragen zur Verfügung. Hier erhalten die Teilnehmenden eigens für das Projekt angefertigte Trinkbecher, um die Notwendigkeit von ausreichender Flüssigkeitszufuhr, insbesondere während extremer Hitzewellen, nochmal zu unterstreichen.Gemeinweseneinrichtungen und stehen persönlich für Fragen zur Verfügung. Hier erhalten die Teilnehmenden eigens für das Projekt angefertigte Trinkbecher, um die Notwendigkeit von ausreichender Flüssigkeitszufuhr, insbesondere während extremer Hitzewellen, nochmal zu unterstreichen.  

 

Sie gehen mit gutem Beispiel voran und arbeiten in dem Projekt kooperativ zusammen. Wer ist wie beteiligt und übernimmt welche Rolle – und vor allem, wie gelingt das Ganze erfolgreich?  

Erste Ideen und Ansätze zum Thema Hitzeprävention sind bereits 2019 in einem Austausch zwischen dem Gesundheitsamt und der Gemeinwesenarbeit entstanden. Konkret in die Umsetzung ging das Projekt jedoch erst 2022, da dies vorher durch die Beschränkungen während der Corona-Pandemie nicht adäquat möglich erschien. Die Steuerungsgruppe "Klima und Gesundheit" entstand auf Initiative des Gesundheitsamtes, welche bis heute die Federführung innehat. Der Teilnehmendenkreis setzt sich aus verschiedenen Akteur*innen des Gesundheitsamtes, dem Klimaschutzmanager*innen, der Sozialplanung und der Pressestelle des Regionalverbandes Saarbrücken zusammen sowie aus Vertreter*innen der Landeshauptstadt Saarbrücken aus dem Amt für Klima- und Umweltschutz sowie dem Amt für Brand- und Bevölkerungsschutz und den fünf Standorten der Gemeinwesenarbeit bzw. der dort angesiedelten Seniorenarbeit.  
Alle Teilnehmenden können Themen und Ideen einbringen. Es findet stets ein Austausch über aktuelle Bedarfe und Entwicklungen statt. Dies funktioniert, trotz verschiedener Professionen und Disziplinen, sehr gut. Thematisch widmete sich die Gruppe zunächst den verschiedenen Aufgaben des Öffentlichen Gesundheitsdienstes und damit auch dem Klima- und Hitzeschutz als Gesundheitsschutz und dem Thema Trinkwasser.  
Aus der Steuerungsgruppe heraus entwickelte sich dann das Modellprojekt "Gesund bei Hitze im Quartier". Die Leitung des Projektes übernehme ich als Koordinatorin für den Aufbau gesundheitsfördernder Strukturen. Das Projekt ist somit ein Leuchtturm meiner Arbeit im Gesundheitsamt. Die anderen Teilnehmenden tragen die Themen und die gemeinsame Arbeit in ihre Fachbereiche und Ressorts mit dem Ziel, dass Gesundheit, Hitzeschutz und Klimaanpassung zukünftig stärker in anderen Bereichen mitgedacht werden. Mit unserem Klimaschutzmanager*innen und unserer Pressestelle habe ich zum Beispiel den Hitzeknigge erarbeitet. Unser Amt für Brand- und Bevölkerungsschutz, welches bei der Landeshauptstadt angesiedelt ist, hat mittlerweile ebenfalls eine eigene Arbeitsgruppe gegründet und widmet sich dem Thema Hitzevorsorge auf Stadtebene. Dies sind nur zwei Beispiele. Langfristig sollen die Erkenntnisse und Erfahrungen des Modellprojektes in einen gemeinsamen Hitzeaktionsplan einfließen. 

 

Als zentrale Akteur*innen vor Ort - wie sind die Gemeinwesenarbeit bzw. Stadtteilarbeit in das Projekt konkret eingebunden? 

Die fünf Modellstandorte sind durch Vertreter*innen in der Steuerungsgruppe repräsentiert. Für uns war von Anfang an wichtig, dass die Maßnahmen zusammen mit Personen geplant und umgesetzt werden, die die Lebenswelt, die Bedarfe und Bedürfnisse der Zielgruppen kennen und einen Zugang zu ihnen haben. Außerdem sollen das Wissen zur Hitzeprävention indem eigenen richtigen Verhalten und den Möglichkeiten im eigenen Quartier nachhaltig verankert werden. Die Gemeinwesenarbeit ist aus unserer Sicht ein wichtiger Kooperationspartner und unterstützt uns dabei, die Maßnahmen und Angebote erfolgreich in den Stadtteilen und Kommunen zu etablieren. Wir haben uns zunächst vor allem auf die Landeshauptstadt Saarbrücken als eine von zehn Kommunen des Regionalverbandes Saarbrücken konzentriert und darunter nochmal fünf Gemeinweseneinrichtungen ausgewählt, die unter anderem aktiv in der Arbeit mit Senior*innen sind. Dabei handelt es sich um das BürgerInnenZentrum Brebach (Diakonie Saar), die Gemeinwesenarbeit Folsterhöhe (Caritasverband für Saarbrücken und Umgebung e. V.), das Stadtteilbüro Alt-Saarbrücken (Paritätische Gesellschaft für Gemeinwesenarbeit gGmbH), sowie das Stadtteilbüro Malstatt (Diakonie Saar) und das ZAM - Zukunftsarbeit Molschd (Paritätische Gesellschaft für Gemeinwesenarbeit gGmbH). Die Zielgruppe der Älteren ist besonders bei extrem hohen Temperaturen gesundheitlich gefährdet. Durch die unterschiedliche Infrastruktur der Stadtteile – von ländlich, über Stadtrand bis sehr urban – können verschiedene Angebote für die Bürger*innen ausgearbeitet und erprobt werden. Natürlich stellen wir die Informationsmaterialien allen Interessierten zur Verfügung und sind bei Fragen Anlaufstelle für den gesamten Regionalverband Saarbrücken. 

 

Ihnen ist es wichtig, dass Informationen zur Hitzeprävention direkt bei den Zielgruppen ankommen. Wie gehen Sie hier vor, um vorhandene Barrieren abzubauen?  

Insbesondere über die Gemeinwesenarbeit. Bei der Ideensammlung und Entwicklung von Maßnahmen konnten wir sogar zwei Zielgruppen (Kinder/Jugendliche und Senior*innen)  durch ein gemeinsames Lehrforschungsprojekt mit der Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes direkt beteiligen. In diesem Rahmen fanden neben Interviews mit den Stadtteilbewohnenden auch Begehungen vor Ort statt. Wir haben also auch hier die Chance genutzt, die Bürger*innen, die regelmäßig die Angebote der Gemeinwesenarbeit nutzen, zu partizipieren und mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Darüber hinaus kommen wir durch unsere Seniorenberatung oder den Sozialpsychiatrischen Dienst sowie durch Vorträge und Stadtteilfeste in Kontakt. Diese offene und niedrigschwellige Herangehensweise wurde bereits sehr positiv von den Bürger*innen aufgefasst und zurückgemeldet, was uns natürlich freut. Man könnte von dem Konzept des "Gesundheitsamtes vor Ort" sprechen, welches – meines Erachtens nach– Vertrauen in unsere Angebote und Transparenz schafft. Unser Hitzeinfoblatt, ist ein konkretes Beispiel wie man mittels leichter Sprache und Fremdsprachen möglichst viele Menschen erreichen kann. 

 

Der Handlungsdruck im Themenfeld Hitzeprävention ist hoch und es werden gute Vorgehensweise gesucht. Wird ihr Projekt evaluiert, um Erkenntnisse in andere Regionen übertragbar zu machen? 

Wir hatten bisher lediglich die Möglichkeit, eine wissenschaftliche Begleitung des Modellprojektes durch die Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes zu erhalten. Jedoch ist es uns ein Anliegen, gelingende Maßnahmen auf weitere Stadtteile und Kommunen im Regionalverband Saarbrücken auszuweiten und auf einen Hitzeaktionsplan hinzuarbeiten. Daher ist am Ende dieses Jahres eine Selbstevaluation geplant, um die nächsten konkreten Schritte strategisch und gezielt angehen zu können.  

Zurück zur Übersicht