18.09.2014
Elternarbeit, Frühe Hilfen, Migrationsfamilien
Das niedersächsische Projekt EFi
Anne Grossart, Institut für Sozialpädagogische Forschung Mainz gemeinnützige GmbH (ism gGmbH)
Schlagwörter:Eltern, Frühe Hilfen, Migration
Im Jahr 2010 hat das Land Niedersachsen das landesweite Programm „Elternarbeit, Frühe Hilfen, Migrationsfamilien - EFi“ aufgelegt. Damit werden Kommunen in dem Vorhaben unterstützt, Angebote der Elternarbeit und der Frühen Hilfen besser erreichbar für Familien mit Migrationshintergrund zu gestalten sowie die Netzwerkbildung im Rahmen dieser Themen vor Ort voranzutreiben.
Familien mit Zuwanderungsgeschichte in doppelter Hinsicht benachteiligt
Ausgangspunkte für das Programm waren zum einen der Auf- und Ausbau der Angebote Früher Hilfen, die damit einhergehende Vernetzung der Kinder- und Jugendhilfe mit dem Gesundheitssystem sowie der Bedeutungsgewinn von frühkindlicher Bildung und Eltern-/Familienbildungsangeboten zur Unterstützung von Familien mit vor allem jungen Kindern. Zum anderen wurde immer deutlicher, dass Familien mit Migrationshintergrund im Gegensatz zu Familien ohne Migrationshintergrund in doppelter Weise sozial benachteiligt sind: Einerseits sind sozialstrukturelle Benachteiligungen bei dieser Bevölkerungsgruppe überproportional häufig zu finden, woraus sich ein Unterstützungsbedarf für diese Familien ergibt. Diese Benachteiligungen werden andererseits durch eine mangelnde Ausrichtung und Öffnung der sozialen Infrastruktur auf die Lebens- und Problemlagen von Menschen mit Migrationsgeschichte noch verstärkt.
Aus dieser doppelten Benachteiligung ergibt sich die Notwendigkeit, unterstützende Angebote und Strukturen in der Elternarbeit, der Familienbildung und den Frühen Hilfen stärker migrationssensibel auszugestalten und die Zugänge zu den Familien ebenso wir für die Familien zu verbessern.
Vielfältige Ausgestaltung von EFi
Insgesamt haben seitdem rund 30 Kommunen Fördergelder abgerufen und eigene EFi-Vorhaben initiiert. Die Ausgestaltung von EFi in den Regionen verläuft dabei sehr vielfältig. So werden beispielsweise Elterncafés oder -treffs speziell für Migrantinnen und Migranten, Sprach- und Gesundheitsprojekte, Elternkompetenztrainings, Nähkurse, Musik-/Kunst-/Tanz-/Theater-/Lese-/Kochangebote, Erste-Hilfe-Projekte organisiert, Elternbegleiterinnen und -begleiter ausgebildet oder Projekte wie Griffbereit, Wellcome, Rucksack aufgegriffen. Angebote mit Bezug zum Gesundheitsbereich sind z. B.: Bewegungskurse (Yoga, Schwimmen), Informationsangebote zum gesunden Frühstück von Kindern in der Kindertagesstätte oder spezifische Beratungsangebote für Frauengesundheit, aber auch Vernetzungsaktivitäten wie der gegenseitige Austausch zwischen Fachkräften der Kinder- und Jugend- sowie der Gesundheitshilfe bzw. Informationen für im Gesundheitswesen tätige Personen über Angebote der Frühen Hilfen.
Zentral für das Programm EFi ist neben der Gestaltung und Verknüpfung von Angeboten für Familien und Fachkräfte der Vernetzungsaspekt. Die Netzwerkarbeit ist immanenter Bestandteil von EFi, der darauf zielt, dass die an den EFi-Themen arbeitenden Institutionen und Akteure vor Ort sich stärker austauschen und die Themen in der Kommune gemeinsam angehen.
Die fachliche Begleitung der Umsetzung
Mit der fachlichen Begleitung der Umsetzung des EFi-Vorhabens hat das Land Niedersachsen das Institut für Sozialpädagogische Forschung Mainz (ism) bereits im Jahr 2010 beauftragt. Gegenstand der Praxisbegleitung waren zum einen regelmäßige Fachkonferenzen für die EFi-Standorte, bei denen die Wissensvermittlung und der Erfahrungsaustausch sowie die Bearbeitung zentraler Umsetzungsfragen im Mittelpunkt stehen. Ergänzend zu diesen EFi-internen Veranstaltungen wurden zwei Expertenworkshops durchgeführt, in denen Fachkräfte einerseits aus der Jugendhilfeplanung und andererseits aus den Frühen Hilfen hinzukamen, um Aspekte der Verknüpfung von EFi mit Aktivitäten und Netzwerken vor Ort zu diskutieren. In der Folge der EFi-Veranstaltungen wird im Dezember (10. und 11.12.2014) die nächste landesweite Fachveranstaltung in Hannover stattfinden. Informationen zu den begleitenden Veranstaltungen sind hier verfügbar: www.efi-nds.de (EFi-Fachveranstaltungen).
Parallel zu den Veranstaltungen hat das ism die Projektträger zu ihren EFi-Vorhaben befragt. Die Ergebnisse der Befragung sowie der Beratung und Begleitung der EFi-Standorte wurden in einem Praxishandbuch (PDF-Datei, 2,6 MB) gebündelt. Das Handbuch enthält zudem viele Erkenntnisse für eine erfolgreiche Arbeit mit Migrationsfamilien im Kontext von Elternarbeit, Familienbildung und Frühen Hilfen sowie Hinweise zu geeigneten Programmen der Elternbildung/Elternarbeit und vertiefender Literatur. Das EFi-Praxishandbuch ist hier abrufbar: www.efi-nds.de
Die Erkenntnisse aus der EFi-Arbeit
Sowohl aus der Perspektive der Kinder- und Jugendhilfe als auch aus den Bereichen Gesundheit, Migration und Teilhabe lässt sich hinsichtlich dieser Programme und Projekte übereinstimmend bestätigen, dass
- Eltern in den unterschiedlichen Lebenslagen und -phasen befähigt werden können, mit den Erziehungsanforderungen selbsttätig zu Recht zu kommen,
- über niedrigschwellige Zugänge auch benachteiligte und bildungsferne Eltern erreicht werden können,
- Programme und Projekte lebensweltnah an den Regelinstitutionen angebunden (räumlich, konzeptionell, kooperativ) sind, sowohl in räumlicher als auch in konzeptioneller und kooperativer Hinsicht,
- das Zusammenspiel von Ehrenamtlichen und Professionellen sowie Erziehungs- und Bildungspartnerschaften gefördert werden,
- etwaige Krisen durch Frühe Hilfen vermieden und der Kinderschutz verbessert wird
- und dass dabei systematisch die Anforderungen von Bildung, Betreuung und Erziehung und des gleichberechtigten Zusammenlebens in einer Migrationsgesellschaft berücksichtigt sind, weil ein richtungsweisender Weg eingeschlagen wird.
Zentral sind bei der Umsetzung der Vorhaben die kommunale Verankerung der Aktivitäten sowie das Vorhandensein eines Gesamtkonzepts, welches Initiativen und Angebote vor Ort zusammenführt. Die Vernetzung der an den Schnittstellenthemen arbeitenden Akteure ist dafür notwendiger Gelingensfaktor und wird durch die spezifische Ausrichtung von EFi befördert.
Dokumente zum Downloaden
- EFi-Praxishandbuch (externer Link)
- Eckpunktepapier des Programms EFi (2010) (externer Link)
- Weitere Informationen (externer Link)