17.06.2014
EVA - Evaluation der Modellprojekte "Gesunder Landkreis - Runde Tische zur Regionalen Gesundheitsförderung"
Tobias Fleuren, Hochschule für angewandte Wissenschaften Coburg, Institut für angewandte Gesundheitswissenschaften (IaG)
Annekatrin Bütterich, Hochschule für angewandte Wissenschaften Coburg, Institut für angewandte Gesundheitswissenschaften (IaG)
Holger Hassel, Hochschule für angewandte Wissenschaften Coburg, Institut für angewandte Gesundheitswissenschaften (IaG)
Schlagwörter:Evaluation, Gesundheitsbildung, Nachhaltigkeit, regionale Akteure
Einleitung
Durch die fortwährende Diskussion eines bundesweiten Präventionsgesetzes gewinnt die Debatte um gesunde Lebensweisen und deren aktive Förderung durch die Politik stetig an Bedeutung.
Seit Anfang 2013 werden im Rahmen der Gesundheitsinitiative „Gesund.Leben.Bayern“ acht Gesundheitsämter (siehe Abb. 1) durch das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege über eine Laufzeit von 24 Monaten gefördert. Das Ziel des Modellprojektes „Gesunder Landkreis - Runde Tische zur Regionalen Gesundheitsförderung“ ist es, kommunale Gesundheitsförderung systematisch zu planen und umzusetzen. Dieses Tätigkeitsfeld soll im Aufgabenspektrum des Öffentlichen Gesundheitsdienstes (ÖGD) gestärkt und nachhaltig verankert werden.
Die Begleitung sowie die Gesamtevaluation liegen bei der Hochschule für angewandte Wissenschaften Coburg.
Hintergrund
Im Modellprojekt wird die Implementierung und Umsetzung einer systematischen und nachhaltigen regionalen Gesundheitsförderung als ein Zusammenspiel von unterschiedlichen Elementen begriffen. Neben der Realisierung von Gesundheitsprojekten stehen vor allem Prozesse der Strukturentwicklung sowohl im Landkreis als auch in den Gesundheitsämtern selbst im Vordergrund.
Die unterschiedlichen Stränge wurden zu Beginn der Pilotphase definiert und zu den drei Säulen der Evaluation zusammengeführt (siehe Abb. 2). Sie strukturieren den Projektverlauf und legen die Inhalte der Gesamtevaluation fest.
Die Säule „Strategie“ beinhaltet Aufgabenschwerpunkte, die traditionell im ÖGD verankert sind, deren Umsetzung jedoch häufig zu kurz kommt. Die Rede ist von Gesundheitsberichten oder Gesundheitskonferenzen auf Landkreisebene. Auch Schulungen zur Gesundheitsförderung im eigenen Haus und für Multiplikatoren stehen im Fokus.
Des Weiteren soll die Vernetzung auf Landkreisebene ausgebaut werden, um bestehende Ressourcen zu nutzen und zu bündeln. Auch für die Entwicklung von Gesundheitsprojekten sind solche Kooperationen von zentraler Bedeutung. Maßgeblich bei der Planung und Durchführung von Gesundheitsmaßnahmen ist die Berücksichtigung von Qualitätsstandards, wie sie in den Gesundheitswissenschaften formuliert wurden (vgl. z.B.: Wright (Hrsg.) 2010, BZgA 2011, www.partizipative-qualitaetsentwicklung.de, www.quint-essenz.ch/de). Ein solches Vorgehen grenzt sorgfältig geplante Gesundheitsprojekte von reinem Aktionismus ab.
Zwei Methoden zur Selbstevaluation
Wie aber kann ein kontinuierliches Qualitätsmanagement in den Arbeitsprozess integriert werden, damit Gesundheitsprojekte ein Mindestmaß an Good-Practice-Kriterien erfüllen?
Die Bereitstellung von Informationen und Methoden zur Qualitätssicherung alleine sind nicht ausreichend. Im Idealfall wird ein solcher Prozess, insbesondere bei dessen Einführung extern beraten und evaluiert.
Die Hochschule Coburg hat diese Aufgabe für die acht Gesundheitsämter wahrgenommen. In acht Coachings werden für den Projektverlauf relevante Themen, wie beispielsweise Vernetzung oder Strategien zur Nachhaltigkeit bearbeitet.
Darüber hinaus wurde in diesem Rahmen eine systematische Projektplanung und Selbstevaluation etabliert. Zwei partizipative Methoden werden im Folgenden vorgestellt:
1. Goal Attainment Scaling (GAS)
Mit dem Goal Attainment Scaling werden Projektziele operationalisiert und messbar gemacht. Charakteristisch ist ein hohes Maß an Partizipation durch die Zielgruppe und relevante Akteure aus dem Gesundheitswesen (vgl. Tempel/Kolip 2011: 33). Sie sind systematisch in die Festlegung von Projektzielen, deren Überprüfung und Reflexion eingebunden. Im Rahmen der Modellprojekte haben sich die Runden Tische als Forum hierfür angeboten.
Die Zielerreichungsskala umfasst Werte von +2 (viel mehr als erwartet) bis -2 (viel weniger als erwartet). Ihre einzelnen Stufen werden für jedes Projektziel eigens am Runden Tisch ausformuliert.
Die folgende Abbildung (vgl. Abb.3) verdeutlicht diesen Prozess:
2. Peer-Evaluation: Begutachtung nach Qualitätskriterien der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA)
Bei dieser Methode stellten die Gesundheitsämter einzelne Projekte anhand vorher ausgewählter Qualitätskriterien vor. Die übrigen Teilnehmer begutachteten diese Gesundheitsprojekte als Experten für jeweils ein Qualitätskriterium (Peer-Evaluation). Als Anleitung haben die Bewertungsskalen (vgl. BZgA 2011) sowie ein hierfür erstellter Bewertungsleitfaden gedient. Das gegenseitige Feedback ermöglicht eine Rückmeldung auf Augenhöhe, also unter Kollegen, die mit ihrer Arbeit alle das gleiche Ziel verfolgen.
Ergebnisse
Sowohl das Goal Attainment Scaling wie auch die Peer-Evaluation wurden im Rahmen von Projekttreffen eingeführt, geübt und kontinuierlich begleitet. In der Praxis können die Methoden zukünftig eigenständig für eine Prozess- oder Ergebnisevaluation angewendet werden.
Sieben Gesundheitsämter realisieren gegenwärtig Projekte guter Praxis zur Gesundheitsförderung. In der achten Modellregion werden derzeit Runde Tische gebildet, an denen Gesundheitsprojekte zukünftig realisiert werden.
Neben den Maßnahmen zur Selbstevaluation werden die acht Modellprojekte durch eine Gesamtevaluation begleitet. Zu derzeit zwei von vier Messzeitpunkten wurde der jeweils aktuelle Projektstand erhoben.
In erster Linie werden durch die Gesamtevaluation Entwicklungstendenzen in den acht Modellregionen sichtbar gemacht. Die gewonnen Erkenntnisse, also Förderer und Barrieren in der Projektarbeit, fließen in einen Handlungsleitfaden ein, der zum Ende des Projektes in Kooperation mit den acht Gesundheitsämtern erstellt wird.
Diskussion
Die unmittelbare Begleitung in der Anwendung des Goal Attainment Scaling zeichnet folgendes Bild: Die Methode ist gut geeignet, um Partizipation herzustellen und die Qualität eines Gesundheitsprojektes zu sichern und zu dokumentieren. Es bleibt jedoch der Umfang zu beachten, in dem ein solches Verfahren partizipativ eingesetzt wird.
Denn nicht nur die Methode ist in der Regel für die Mitglieder des Runden Tisches neu, auch die Formulierung von Zielen und den zugehörigen Skalen will geübt sein und benötigt Zeit. Für die Projektverantwortlichen bedeutet dies in erster Linie einen erhöhten Zeitaufwand. In den Modellprojekten hat es sich als praktikabel erwiesen, nur zentrale und größere Projektziele bzw. Teilziele gemeinsam zu evaluieren. Dadurch wird zugleich der Zeitaufwand für die Vorbereitung und Durchführung begrenzt.
Fazit
Ein praktikables und zuverlässiges Qualitätsmanagement ist bei der Realisierung von Gesundheitsprojekten unverzichtbar. Die eingeführten Methoden eignen sich nach den ersten Erfahrungen sehr gut, um die Qualität in einem Projekt zu überprüfen.
Idealerweise ist unterstützend und ergänzend zu diesen Methoden eine kontinuierliche Beratung in der Anwendung, zumindest während der Anfangszeit, vorgesehen.
Literaturverzeichnis
- Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit. 2014. www.zpg-bayern.de/gesunder-landkreis.html. Besucht am 02.06.2014.
- Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA). Kriterien guter Praxis in der Gesundheitsförderung bei sozial Benachteiligten. Köln: BZgA, 2011.
- Gesundheitsförderung Schweiz. quint-essenz. 2000-2014. www.quint-essenz.ch/de. Besucht am 13.05.14.
- Partizipative Qualitätsentwicklung. 2008. www.partizipative-qualitaetsentwicklung.de/. Besucht am 13.05.14.
- Tempel, N., Kolip, P. Qualitätsinstrumente in Prävention und Gesundheitsförderung.: Düsseldorf. LIGA.NRW, 2011.
- Wright, M.(Hrsg.).Partizipative Qualitätsentwicklung in Gesundheitsförderung und Prävention. Bern: Hans Huber, 2010.