01.06.2019
Fachforum “Gesundheitliche Chancengleichheit in allen Lebensphasen” in Niederbayern
Dr. Kathrin Steinbeißer, bis April 2023: Landeszentrale für Gesundheit in Bayern e. V. (LZG)
Maria Wiethaler, Landeszentrale für Gesundheit in Bayern e. V.
Schlagwörter:Gesundheit, Netzwerk, Vernetzung
Gesundheit für alle!
Die Veranstaltung in Deggendorf brachte Akteurinnen und Akteure aus den verschiedenen Bereichen der Gesundheitsförderung zusammen. Fachkräfte aus Praxis, Wissenschaft und Politik berichteten von Projekten und Erfahrungen und zeigten geeignete Ansätze zum Vorgehen vor Ort auf. Die Teilnehmenden stimmten überein, dass besonders Mut, Geduld, Vernetzung und Engagement für die erfolgreiche Umsetzung von Maßnahmen für Menschen in schwierigen Lebenslagen notwendig seien. Bei allen Akteurinnen und Akteuren besteht eine große Bereitschaft, sich für Gesundheitliche Chancengleichheit einzusetzen. Dieses Gefühl bereicherte den positiven Verlauf des Fachforums.
In den ersten Stunden des Fachforums erhielten die Teilnehmenden interessante Einblicke in die Bedeutung Gesundheitlicher Chancengleichheit. Kathrin Steinbeißer und Iris Grimm, beide Referentinnen der KGC, zeigten Zahlen zur gesundheitlichen Ungleichheit in Bayern auf und erklärten die hohe Bedeutung Gesundheitlicher Chancengleichheit bei Investitionen im Gesundheitsbereich. Außerdem informierten sie über Unterstützungsmöglichkeiten seitens der KGC und über die Möglichkeit eines Beitritts von Kommunen zum bundesweiten Partnerprozess „Gesundheit für alle“.
„Niemals war mehr Anfang als Jetzt!“
Kurz darauf erhielten die Teilnehmenden einen Einblick in gelungene Projekte, durch die Menschen in schwierigen Lebenslagen in ihrer Gesundheit unterstützt werden. Franziska Solger-Heinz, Geschäftsstellenleiterin der Gesundheitsregionplus Passauer Land, präsentierte das Leitprojekt „Gesunde Gemeinden“. Neun Gemeinden aus dem Landkreis Passau wirken aktuell aktiv am Projekt mit und werden begleitet. Franziska Solger-Heinz zeigte, dass über den Projektverlauf das Gesundheitsbewusstsein der Bürgerinnen und Bürger der beteiligten Gemeinden gestärkt wurde und sich einzelne Kooperationspartnerinnen und Kooperationspartner in der jeweiligen Gemeinde und im Landkreis „gewinnbringend“ vernetzten. Mit Umsetzungsbeispielen aus den Bereichen Ernährung, Bewegung und soziale Teilhabe präsentierte sie den Zuhörenden inspirierende Wege für mehr Gesundheitliche Chancengleichheit. Franziska Solger-Heinz schmunzelte, als sie von „mehr Mut, Realismus, Geduld, Humor und charmanter Hartnäckigkeit“ als Voraussetzungen für erfolgreiche Projekte sprach. Sie zeigte mit diesem Projekt, dass durch das Zusammenwirken unterschiedlicher Entscheidungsträger die Lebensqualität im Ort bestmöglich gestaltet werden könne. Ihren motivierenden Beitrag resümierte die Referentin mit der Aussage „Gesundheitliche
Chancengleichheit passiert nicht am Schreibtisch!“ und dem kraftvollen Zitat „Niemals war mehr Anfang als Jetzt!“.
„Das Projekt läuft nicht von selbst!“
Einen Einblick in das Projekt „MiMi - Mit Migranten für Migranten“ gaben die MiMi-Koordinatorinnen Paola Garofalo aus Landshut und Katrin Freund aus dem Landkreis Passau. Das Projekt stärkt Menschen mit Migrationshintergrund in der Eigenverantwortung für ihre Gesundheit und für Präventionsmaßnahmen. Katrin Freund erklärte dem Publikum den Prozess zur Ausbildung der Migrantinnen und Migranten als Gesundheitsmediatorinnen und Gesundheitsmediatoren. Dabei betonte sie, dass die interkulturellen Mediatorinnen und Mediatoren nach ihrer Ausbildung helfen, die gesundheitliche Ungleichheit zu reduzieren, indem sie vermitteln und Brücken zu anderen Migrantinnen und Migranten bauen. Jumana Alhussain aus Landshut und Chang Li aus dem Landkreis Passau berichteten den Teilnehmenden ihre spannenden Eindrücke aus der Arbeit als Mediatorin.
Paola Garofalo machte deutlich, dass die Herausforderungen des Projekts in den Sprachbarrieren liegen. Die grundsätzlichen Informationen werden meist verstanden, jedoch scheitere es laut Paola Garofalo oft an den Details. Ein Erfolg des Projekts ist daher die schrittweise Überwindung dieser Barriere: „Die kultursensiblen Informationsveranstaltungen in neun Sprachen erleichtern den Migrantinnen und Migranten den Zugang zu unserem Gesundheitssystem.“ Katrin Freund aus dem Landkreis Passau betonte am Schluss die Herausforderungen in Stadt und Landkreis. „Das Projekt läuft nicht von selbst!“. Die Zusammenarbeit der vorhandenen Netzwerke und die Aktivitäten in den einzelnen Gruppen sind maßgeblich für den Erfolg des Projekts.
Viele Ideen und Engagement in den Workshops
In den angebotenen Workshops beantworteten die Akteurinnen und Akteure Fragen zum Thema Gesundheitliche Chancengleichheit in ihrer Region und knüpften so fachbereichsübergreifend Kontakte. Durch einen regen Austausch zu laufenden Projekten wurden die Ziele und Wünsche der Teilnehmenden zum Thema Gesundheitliche Chancengleichheit klar. Für die Region wurden verschiedene Handlungsbedarfe identifiziert, aus denen sich Ideen für mögliche Projekte entwickelten.
Mit der Identifikation von möglichen Anknüpfungspunkten zeigten die Akteurinnen und Akteure ihren Tatendrang für einen gerechteren Zugang zu Gesundheitsleistungen im Regierungsbezirk Niederbayern.
Im Workshop „Gesundes Aufwachsen“ von Iris Grimm tauschten sich die Teilnehmenden zunächst über schon bestehende Projekte aus. „Es gibt bereits sehr viel und es ist schön, das breite Angebot in der eigenen Region kennenzulernen“, so ein Teilnehmer. Alle waren sich einig, dass es jedoch wichtig sei, die Hürden für die häufig sehr aufwändigen Antragstellungen langfristig zu ebnen. Die Teilnehmenden berichteten von gelungenen Angeboten und Maßnahmen, die mit viel Eigeninitiative, ehrenamtlichem Engagement, Unterstützern und Sponsoren auf den Weg gebracht wurden. Mit ausreichend personellen und finanziellen Ressourcen und vor allem politischer Unterstützung gäbe es noch viele Ideen und Möglichkeiten für eine gute und gelungene Umsetzung von Angeboten für Kinder aus Familien in schwierigen Lebenslagen.
Die Teilnehmenden identifizierten im Workshop „Gesund bleiben im mittleren Lebensabschnitt“ die bestehenden Strukturen und Maßnahmen für die Gesundheitsförderung der Menschen in dieser Lebensphase. Aus dem Workshop nahmen die Teilnehmenden die positive Erkenntnis mit, dass es bereits viele Netzwerkpartnerinnen und Netzwerkpartner gibt, die sie zukünftig in ihre Vorhaben einbinden möchten. Jedoch erkannten die Teilnehmenden auch, dass die Zielgruppe im mittleren Lebensabschnitt besonders schwer zu erreichen sei, da „der Fokus in dieser Lebensphase auf vielen anderen Themen als auf der eigenen Gesundheit liegt“, so ein Teilnehmer.
Kathrin Steinbeißer übernahm den Workshop „Gesundes Altern“. Die Teilnehmenden tauschten sich über ihre Erfahrungen zu Erfolgen und zukünftigen Handlungsbedarfen zur Gesundheitsförderung älterer Menschen aus. Dabei wurde klar, dass die Teilnehmenden den älteren Menschen in ihrer Lebensphase noch besser gerecht werden möchten. Ziel ist, dass die älteren Menschen so lang wie möglich so gesund wie möglich bleiben können. Als Problemlage identifizierten die Teilnehmenden häufig ein Informationsdefizit, welches ältere Menschen oft an der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben hindert. Viele Ideen entstanden, um dieses Defizit zu beheben. Die Teilnehmenden waren sich jedoch auch einig, dass für die Umsetzung Fachpersonal benötigt werde.
Ein erfolgreicher Start für die Gesundheitliche Chancengleichheit in Niederbayern
Mit dem Fachforum gab die KGC in Niederbayern einen gelungenen Startschuss für die weitere Zusammenarbeit mit Akteurinnen und Akteuren aus Niederbayern. Die Veranstaltung verdeutlichte, dass Fachkräfte aus dem Gesundheitsbereich mit viel Leidenschaft, Engagement und Herzblut viel erreichen können. Das Forum schuf Mut und Zuversicht für die Verbesserung der Gesundheitlichen Chancengleichheit in Niederbayern und ganz Bayern.