05.12.2011
Fachtagung "Kommunalen Herausforderungen strategisch begegnen"
Gesundheitsförderung als integrierendes Gestaltungsprinzip
Uta Maercker, Landesvereinigung für Gesundheitsförderung Thüringen AGETHUR
Schlagwörter:Fachtagung, Kommunen, Strukturaufbau, Veranstaltungsbericht
Rund 80 Teilnehmer kamen am 24.11.11 in der Kassenärztlichen Vereinigung Thüringen zusammen, um gemeinsam am Thema „Kommunalen Herausforderungen strategisch begegnen“ - Gesundheitsförderung als integrierendes Gestaltungsprinzip - zu arbeiten.
Städte und Gemeinden haben elementare Bedeutung für das Leben ihrer Bewohner. Durch die Art, wie sie ihren Anforderungen gerecht werden, beeinflussen sie u.a. die sozialen und gesundheitlichen Entwicklungen eines Landes. Der Strukturwandel, eine rückläufige und alternde Bevölkerung sowie knappe Kassen stellen die Kommunalpolitik vor große Herausforderungen. Sie lassen sich am ehesten meistern, wenn alle Beteiligten, wie Kommunalverwaltung und -politik, Vereine, Verbände, die örtliche Wirtschaft und Bürgerinitiativen, bereit sind, sich zu engagieren, zusammenzuarbeiten und gegebenenfalls neue Wege zu beschreiten.
Um diesen Herausforderungen gerecht zu werden, bedarf es einer gesundheitsförderlichen Kommunalentwicklung, denn Gesundheitsförderung ist immer auch Strukturentwicklung. Die Ausarbeitung geeigneter Strategien, die Vernetzung und Kooperation von Beteiligten, welche Gesundheit in der Kommune mit gestalten, bedürfen einer aussagekräftigen Datenbasis als Planungsgrundlage, die den Zusammenhang von sozialer und gesundheitlicher Lage der Bevölkerung kleinräumig widerspiegelt. Aufgrund der Komplexität und engen Verflechtung von Kommunalverwaltung und -politik können Veränderungen im Sinne einer engeren Vernetzung und Kooperation aller Beteiligten auch nur systemisch angegangen werden.
Ziel der Tagung war es, die Teilnehmer für die Bedeutung, die Notwendigkeit und den Gewinn eines kommunalen gesundheitsförderlichen Handlungsprinzips zu sensibilisieren. Hierbei standen drei relevante Schwerpunkte im Mittelpunkt der Veranstaltung:
- Erkennen von Gesundheit als kommunalen Standortfaktor
- kleinräumige Daten als Basis von kommunalen Entscheidungen
- gesundheitsförderliche Strukturbildung durch Vernetzung kommunaler Entscheider und Akteure
Zu diesen Schwerpunkten luden die Veranstalter am Vormittag den Sozialdezernenten des Rhein-Sieg-Kreises Hermann Allroggen, Frau Dr. Dagmar Starke von der Akademie für Öffentliches Gesundheitswesen Düsseldorf und Frau Dr. Birgit Böhm vom nexus-Institut für Kooperationsmanagement und interdisziplinäre Forschung Berlin ein.
Im Zentrum des Nachmittages standen Ideencafés, die dazu einluden, mit den Referenten ins Gespräch zu kommen, Wissen und Erfahrungen auszutauschen und neue Idee zu entwickeln.
Das Ideecafé 1 arbeitete zum Thema Struktur- und Qualitätsentwicklung. Den beiden Inputs war gemeinsam, dass die Entwicklung eines Leitziel oder einer Leitlinie Gesundheit in der Kommune dargestellt wurde. Ausgehend von den Inputs trugen die Teilnehmer zusammen, welchen Schulungsbedarf sie für Akteure der Thüringer Gesundheitsförderung sehen, um in diesen Prozessen Gesundheitsförderung positionieren zu können. Die Stärkung der Führungskompetenzen für Gesundheitsförderung wurde dabei intensiv diskutiert. Kompetenzen sind in diesem Zusammenhang:
- Kenntnisse der Organisationsentwicklung
- Prozessmoderation und -gestaltung
- Argumentationsketten für Gesundheitsförderung entwickeln, das bedeutet auch, Gesundheitsförderung zu „übersetzen“ für Akteure aus anderen Fachbereichen
- Rhetorik
- Führen von unten: Paradigmenwechsel im Rollenverständnis der Gesundheitsförderung: Was wollen wir bewirken, wie wollen wir es tun?! Weniger: Wie können wir die Effekte von Gesundheitsförderung beweisen?
Im Ideencafé zum Thema „Datenbasis“ wurde mit drei Thüringer Experten aus dem Thüringer Ministerium für Familie, Soziales und Gesundheit, dem Paritätischen Landesverband Thüringen und der Universität Jena zu Ansätzen der (integrierten) Berichterstattung diskutiert. Seitens der Teilnehmer bestand zum Thema großer Wissensbedarf bei gegenwärtigem Bewusstsein, dass Berichterstattung als Planungshilfe zu sehen (zu nutzen?) ist. Zielgerichtetes Planen und Handeln braucht eine kleinräumige Zusammenführung von Daten.
Im Zentrum des Ideencafés „Gesund Aufwachsen für alle“ standen die Handlungsemp-fehlungen „Gesundheitschancen von sozial benachteiligten Kindern nachhaltig verbessern“ als ein Aspekt kommunaler Strategien zur Armutsprävention und der auf der Basis dieser Empfehlungen entwickelter Unterstützungs-, Lern- und Austauschprozess für und mit Kommunen (Partnerprozess). Die für diesen Prozess entwickelten Materialien, Werkzeuge und das Onlineangebot wurden vorgestellt und mit den Teilnehmern in Bezug auf ihre Anwendungsmöglichkeiten in der kommunalen Praxis diskutiert. Es stellte sich heraus, dass es in der Praxis sehr viel Engagement vorhanden ist, um kommunale Präventionsketten aufzubauen. Als hemmende Faktoren werden in diesem Prozess jedoch strukturelle und kommunikative Barrieren genannt. Zur Förderung eines gelingenden Austausches, Wissenstransfers und Lernprozesses zwischen Akteuren auf kommunaler Ebene aber auch über die Grenzen einer Kommune hinaus wurde der Partnerprozess als eine gute Unterstützungsmöglichkeit eingeschätzt. Auf der Basis der Ergebnisse des Ideencafés wird der Regionale Knoten Thüringen ein Konzept zur Etablierung des Partnerprozesses in Thüringen entwickeln.
Veranstalter der Fachtagung war die Landesvereinigung für Gesundheitsförderung Thüringen e.V. mit dem Regionalen Knoten Thüringen. Gefördert wurde dieser Fachaustausch durch die AOK-Plus, das TMSFG, der BZgA und prae-venio e.V. Die Tagung ist eingebettet in den Thüringer Gesundheitszieleprozess.
Die Dokumentation der Veranstaltung können Sie hier (PDF-Dokument, 720 kB) herunterladen. Unter www.agethur.de finden Sie zudem die Vorträge aller beteiligten Referentinnen und Referenten.