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05.01.2015

Fit für den Arbeitsmarkt - mit gesunder Beschäftigungsförderung zurück ins Berufsleben!

Carolin Voigt, Landesvereinigung für Gesundheitsförderung Thüringen AGETHUR

Schlagwörter:Erwerbslosigkeit, Gesundheitsbewusstsein, Gesundheitsbildung

Die Ge­sund­heits­för­de­rung bei erwerbslosen Personen ist nicht nur ei­ne wichtige Auf­ga­be im Zu­sam­men­hang mit der Herstellung ge­sund­heit­licher Chan­cen­gleich­heit, son­dern kann auch ei­nen wesentlichen Bei­trag zur beruflichen Wie­der­ein­glie­de­rung leis­ten. Es gilt da­her in den Be­rei­chen Ge­sund­heits- und Arbeitsförderung „an ei­nem Strang zu zie­hen“. In diesem Zu­sam­men­hang unterstützt und berät die Thü­rin­ger Landesvereinigung für Ge­sund­heits­för­de­rung - AGETHUR - Träger beschäftigungsfördernder Maß­nah­men.

Ge­sund­heit und Be­schäf­ti­gungsfähigkeit

Ge­sund­heit und Be­schäf­ti­gungsfähigkeit ste­hen in ei­nem en­gen Zu­sam­men­hang. Denn mit unserem Be­ruf verbinden wir nicht nur ei­ne Qualifizierung und da­mit gesellschaftliches Ansehen, son­dern auch soziale Kontakte und persönliche Selbst­ent­fal­tung (vgl. Elkeles 2008). Die tägliche Be­schäf­ti­gung in ei­nem Ar­beits­ver­hält­nis birgt so­mit auch gesundheitsförderliches Potenzial. Entfremdet man sich durch anhaltende Ar­beits­lo­sig­keit vom Ar­beits­markt, neh­men die Be­las­tung­en zu. Ein ausgeprägtes Krankheitsempfinden, fehlende Mo­ti­va­ti­on so­wie Stö­rung­en im Sozialverhalten kön­nen die Fol­ge sein und sich auf die Ge­sund­heit der Lang­zeit­ar­beits­lo­sen aus­wir­ken. Laut dem finnischen Professor Juhani Ilmarinen (vgl. Ilmarinen/Tem­pel 2011) bildet je­doch ge­ra­de die Ge­sund­heit das wesentliche Fun­da­ment, um ar­beits­fä­hig zu sein und da­mit ei­ne berufliche Tä­tig­keit im All­tag aus­üben zu kön­nen.

Mit Ge­sund­heits­för­de­rung Vermittlungschancen er­hö­hen

Eine früh anset­zende, gelingende Ge­sund­heits­för­de­rung und Krankheitsprävention in Zeiten der Ar­beits­lo­sig­keit er­hö­hen die Vermittlungschancen von Er­werbs­lo­sen und verringern ge­sund­heit­liche Fol­gekosten. Dabei rei­chen individuelle Verhaltensänderungen al­lein oft nicht aus, so­dass Maß­nah­men mög­lichst mit ei­ner Verhältnisprävention ein­her­ge­hen sollten. Adamy (2010) be­tont, dass be­son­ders diejenigen Maß­nah­men er­folg­reich sind, wel­che Ele­men­te von Be­schäf­ti­gung, Qualifizierung, Sozialbetreuung so­wie Maß­nah­men der Prä­ven­ti­on und Ge­sund­heits­för­de­rung ent­hal­ten und ei­nen Be­zug zur betrieblichen Wirk­lich­keit haben. Explizit empfiehlt Adamy, den Ge­sund­heits­för­de­rungs- und Prä­ven­ti­onsgedanken stärker in den Be­ra­tungs- und Vermittlungsprozessen der Arbeitsförderung zu verankern.

Der aktuelle Entwicklungsstand im Be­reich Ar­beits­marktintegrativer Ge­sund­heits­för­de­rung ist durch ei­ne zielgruppenadäquate Aus­rich­tung auf Grund­la­ge von kombinierten Stra­te­gien der Ge­sund­heits- und Be­schäf­ti­gungsförderung gekennzeichnet. Bei der Nut­zung der An­ge­bo­te ist je­doch ein Prä­ven­ti­onsdilemma zu verzeichnen: Sozial benachteiligte Personengruppen neh­men von sich aus gesundheitsfördernde An­ge­bo­te nicht oder nur sel­ten in An­spruch. Ursachen hierfür lie­gen nicht pri­mär in der Person an sich, son­dern vielmehr in den strukturellen Rah­men­be­din­gung­en die­ser An­ge­bo­te. Schwie­rig­keit­en in der Probandenrekrutierung, Stig­ma­ti­sie­rung, Kosten, Implementationsschwächen, lückenhafte Dokumentations- und Eva­lu­a­ti­onspraxis so­wie unklare Befunde zu Wirk­sam­keit und Wirt­schaft­lich­keit hinsichtlich gesundheitsfördernden Maß­nah­men stel­len Herausforderungen im Be­reich der Ar­beits­marktintegrativen Ge­sund­heits­för­de­rung dar (vgl. Elkeles 2008). Die Re­a­li­sie­rung der Prinzipien der Bedarfs- und Zielgruppenspezifität, der Nichtstigmatisierung und Niedrigschwelligkeit so­wie Frei­wil­lig­keit in Be­mü­hung­en um gesundheitsbezogene Interventionen ste­hen noch am An­fang (siehe da­zu Elkeles 2008).

Die Ge­sund­heit von arbeitslosen Menschen mit Arbeitsgelegenheiten und PROAKTIV  stärken

Die Landesvereinigung für Ge­sund­heits­för­de­rung Thü­rin­gen e.V. - AGETHUR - unterstützt und berät Träger beschäftigungsfördernder Maß­nah­men und Jobcenter zum The­ma Ge­sund­heits­för­de­rung. Dabei er­fol­gen ei­ne Be­ra­tung zum Konzeptaufbau, Schu­lung­en zu Themen der Ge­sund­heits­för­de­rung und Prä­ven­ti­on, ei­ne bedarfsgerechte Vermittlung von Re­fe­ren­tin­nen und Referenten so­wie die Be­reit­stel­lung von Handmaterialien mit zielgruppenorientierten Me­tho­den.
Ein Bei­spiel für die er­folg­reiche Zu­sam­men­ar­beit bietet das Pro­jekt der Fortbildungsakademie der Wirt­schaft gGmbH (FAW) Je­na.
Um Ge­sund­heit für langzeiterwerbslose Menschen „zum The­ma“ zu ma­chen, entwickelte die FAW als Träger von Bildungs- und Be­schäf­ti­gungsmaßnahmen in enger Ko­o­pe­ra­ti­on mit dem Jobcenter „Jenarbeit“ und Unterstützung der AGETHUR ein entsprechendes Projekt. Ziel ist u.a. die Schaf­fung ei­ner Arbeitsgelegenheit (AGH) zur För­de­rung der Be­schäf­ti­gungsfähigkeit. Dabei wird die Ge­sund­heits­för­de­rung aus­drück­lich in den Blick genommen. Es richtet sich an Menschen, wel­che sich durch anhaltende Ar­beits­lo­sig­keit zuneh­mend vom Arbeitsalltag und da­mit vom Ar­beits­markt ent­fernt haben. Seit Ap­ril 2014 bietet die entstandene AGH „Ge­sund­heitsführer Je­na“ die Mög­lich­keit, sich mit An­ge­bo­ten zur ge­sun­den Lebensführung in Je­na aus­ei­nan­derzuset­zen. Die Teilneh­menden beschäftigen sich in­ten­siv mit Netzwerken und kostenfreien An­ge­bo­ten rund um das The­ma „Ge­sund­heit“ in der Re­gi­on Je­na. Aus den Ergebnissen entsteht ein Ge­sund­heitsführer, der zu­künf­tig den Bür­ge­rin­nen und Bürgern der Stadt in Form ei­ner Homepage oder ei­ner Bro­schü­re zur Verfügung gestellt wer­den soll.
Darüber hinaus bietet die FAW Je­na seit September 2014 im Rahmen der Maß­nah­me PROAKTIV Module zur Ge­sund­heitsorientierung und Sta­bi­li­sie­rung der langzeitarbeitslosen Teilneh­menden an. Die integrierten Gruppenangebote, Gruppentrainings und Einzelcoachings er­mög­li­chen den Teilneh­menden ei­ne schritt­wei­se Heranführung an die (Wieder-) Herstellung der Be­schäf­ti­gungsfähigkeit. Dabei wer­den ge­mein­sam mit den Teilneh­menden bedarfsorientiert Themen wie z.B. Er­näh­rung, Be­we­gung und Stressregulation bearbeitet, das persönliche Ge­sund­heitsverhalten reflektiert und ei­ne Tagesstruktur aufgebaut. Ein besonderer Fo­kus liegt da­bei auf der Stär­kung der individuellen Res­sour­cen, da­mit Lebenskrisen zu­künf­tig bes­ser bewältigt wer­den kön­nen.
Punktuell erfolgt ei­ne Verknüpfung der AGH-Maß­nah­me „Ge­sund­heitsführer Je­na“ mit Modulen von PROAKTIV. Durch die Be­schäf­ti­gung mit Themen und An­ge­bo­ten zur Ge­sund­heit in Je­na sollen die Teilneh­menden für die Re­fle­xi­on ihres eigenen Ge­sund­heitsverhaltens sensibilisiert wer­den, da­mit im nächsten Schritt ei­ne Re­ak­ti­vie­rung des Arbeitsverhaltens er­fol­gen kann.

Ein­bin­dung schafft Mo­ti­va­ti­on

Bereits jetzt zei­gen sich erste Erfolge: feste Be­we­gungstage, Gesprächsrunden und ein ge­mein­sames Früh­stück sind wäh­rend der Pro­jektlaufzeit von PROAKTIV für die Teilneh­menden zu wichtigen Ritualen geworden. Wünsche und Kritik der langzeiterwerbslosen Frauen und Männer flie­ßen di­rekt in die Wochenplanung ein. Der hohe Grad an Par­ti­zi­pa­ti­on ist ein Grund da­für, dass die Teilneh­menden pünktlich und re­gel­mä­ßig an den Treffen teil­neh­men und Vertrauen zu­ei­nan­der ge­fasst haben. En­de 2014 wurde ergänzend zu den Feedbackgesprächen außerdem ei­ne Eva­lu­a­ti­on mithilfe von Fragebögen durchgeführt.
Fortbildungsakademie der Wirtschaft (FAW) gGmbH


Für weiterführende Literaturhinweise klicken Sie bitte auf "mehr"

Adamy, W.: Studie Arbeitslosigkeit und Gesundheit (2010). Veröffentlicht auf den Seiten des Deutschen Gewerkschaftsbundes. | zur PDF-Datei (94kB)
Elkeles, T. (2008): Gesundheitliche Ungleichheit am Beispiel von Arbeitslosigkeit und Gesundheit - Befunde, Erklärungen und Interventionsansätze. In: Bauer, U., Bittlingmayer, U. H., Richter, M. (Hrsg.) (2008): Health Inequalities. Determinanten und Mechanismen gesundheitlicher Ungleichheit, 1, VS Verlag für Sozialwissenschaften.
Ilmarinen, J.; Tempel, J. (2011): Arbeitsfähig in die Zukunft. In: Giesert, M. (Hrsg.) (2011): Arbeitsfähig in die Zukunft. Willkommen im Haus der Arbeitsfähigkeit!, DGB Bildungswerk e.V. Düsseldorf. Hamburg: VSA-Verlag.

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