03.01.2013
Gemeinsam für ein gesundes Aufwachsen
Ein Jahr kommunaler Partnerprozess „Gesund aufwachsen für alle!“
Frank Lehmann, Deutsche Gesellschaft für Sozialmedizin und Prävention (DGSMP)
Schlagwörter:Broschüre, Familie, Good Practice, Handlungsempfehlungen, Netzwerk, Partnerprozess
Seit dem Startschuss für den kommunalen Partnerprozess „Gesund aufwachsen für alle!“ im November 2011 ist ein Jahr intensiver Aufbauarbeit, des Austauschs und Erfahrungsgewinns vergangen. Dies ist ein Anlass, kurze Zwischenbilanz zu ziehen und auf Kommendes zu blicken.
Die Identifizierung und Abbildung von Beispielen guter Praxis zeigte eindrucksvoll, dass in den Kommunen bereits vielfältige Aktivitäten zur Unterstützung von Familien in schwieriger sozialer Lage umgesetzt werden. Doch wie können diese erfolgreichen Einzelangebote so in kommunale Strategien gebündelt werden, dass sie sich auf einander beziehen und gegenseitig verstärken? Die Ansätze der Städte Monheim und Dormagen zur Umsetzung von „Präventionsketten“ gaben den Anstoß, eine lebenslauforientierte Perspektive zu wählen. Sie setzt einen konzeptionellen Rahmen für die Abstimmung von zielgruppen- und altersphasenspezifischen Aktivitäten sowie für die Gestaltung biografischer Übergänge, z.B. von der Kita in die Schule. Diese Ideen wurden in zahlreichen Gesprächen, Diskussionen und Experten-Workshops des Kooperationsverbundes thematisiert. Im Ergebnis wurde der kommunale Partnerprozess „Gesund aufwachsen für alle!“ ins Leben gerufen: Der Partnerprozess bietet ein Forum für Kommunen, sich über die Entwicklung und Umsetzung lebenslauforientierter Gesundheitsstrategien bundes- und landesweit auszutauschen und in gemeinschaftliche Entwicklungsprozesse einzutreten.
Erste Kommunen nehmen am Partnerprozess teil
Auf dem 9. Jahrestreffen des Kooperationsverbundes am 30. November 2011 überreichte Prof. Dr. Elisabeth Pott (Direktorin der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung) den ersten Partner-Kommunen die Partnerschaftsvereinbarung. Von kreisfreien und kreisangehörigen Städten und Gemeinden über Stadtbezirke und Landkreise bis hin zum Stadtstaat konnten bereits zu diesem Zeitpunkt die unterschiedlichsten Kommunaltypen für eine aktive Beteiligung am Partnerprozess gewonnen werden. Seitdem sind weitere Kommunen hinzugekommen. Allen beteiligten Partner-Kommunen ist gemein, dass sie planen oder sich bereits auf den Weg gemacht haben, eine kommunale Strategie zur Förderung der Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in schwieriger sozialer Lage umzusetzen.
Der Partnerprozess ist online
Um den Kommunen einen Rahmen zu bieten, wo sie ihre eigenen Aktivitäten vorstellen und mit anderen Kommunen, Institutionen und Personen in den Dialog treten können, wurde ein modernes Internet-Angebot entwickelt. Im Laufe des Jahres 2012 wurden die technischen Möglichkeiten kontinuierlich erweitert und durch die ersten Partner-Kommunen erprobt. In der weiteren Arbeit wird vor allem die Anregung und Unterstützung des Austauschs zwischen den am Partnerprozess beteiligten Kommunen im Fokus stehen. Hier gilt es, den Austausch zu einem Gewinn für die kommunale Arbeit zu entwickeln und Erfahrungen mit unterstützenden, aber auch ggf. hemmenden Elementen und Funktionen der Website zu sammeln und diese an die Bedarfslagen der Nutzer/innen anzupassen.
Der Partnerprozess ist in den Bundesländern angekommen
Die Koordinierungsstellen Gesundheitliche Chancengleichheit „Regionale Knoten“ in den Bundesländern sind wichtige Ansprechpartner für die Kommunen im Rahmen des Partnerprozesses „Gesund aufwachsen für alle!“. Modellhaft begleiten und unterstützen sie Kommunen bei der Umsetzung integrierter kommunaler Strategien für ein gesundes Aufwachsen. In vielen Ländern wurden mit Unterstützung der BZgA Regionalkonferenzen durchgeführt, um auf den Partnerprozess und die damit verbundenen Ansätze integrierter kommunaler Gesundheitsstrategien aufmerksam zu machen. In einigen Bundesländern wurden zudem die Aktivitäten der Koordinierungsstellen im Rahmen des Partnerprozesses mit denen bestehender Landesinitiativen und -konzepte verknüpft, wie zum Beispiel in Baden-Württemberg und im Berliner Bezirk Marzahn-Hellersdorf. Eine weitere Unterstützungsleistung der „Regionalen Knoten“ für Kommunen ist die Durchführung von Qualifizierungsworkshops. Diese werden in Abhängigkeit der Nachfrage und entsprechend der Bedarfe der Kommunen angeboten. Erste Workshops fanden mit Unterstützung der Techniker Krankenkasse in Mecklenburg-Vorpommern und in Sachsen statt.
Erste inhaltliche Erkenntnisse konnten gewonnen werden
Erste inhaltliche Auswertungen der eingestellten Materialien und Beiträge in den Online-Instrumenten zum Partnerprozess verdeutlichen die Vielfalt der gewählten Ansätze und Strategien, die auch Ausdruck der sehr unterschiedlichen kommunalen Handlungsbedingungen sind. Es zeigt sich aber auch, dass im Prozess ein gemeinsames Verständnis von Zielen und zentralen Begriffen entwickelt werden muss. Deutlich wird dies beispielsweise bei der Betrachtung der kommunalen Beiträge und Materialien zum Thema „Beteiligung“ (Partizipation). Zwar ist die Bedeutung einer aktiven Beteiligung der Zielgruppe(n) von fast allen Akteuren anerkannt- was aber genau darunter verstanden wird und welche Methoden angewandt wurden, um Beteiligung zu erreichen, weicht oft stark voneinander ab: Ist Beteiligung bereits dann erreicht, wenn die Zielgruppe aktiv an Angeboten teilnimmt? Um ein gemeinsames Verständnis zur Beteiligung zu entwickeln, werden perspektivisch sowohl online als auch im Rahmen von Veranstaltungen Möglichkeiten des Austausches geschaffen.
Wie geht es weiter mit dem Partnerprozess?
Nicht nur in den Kommunen, auch auf Bundesebene fördert der Partnerprozess eine engere Zusammenarbeit von Gesundheitsförderung und Jugendhilfe. Durch die Novellierung des Kinderschutzgesetztes Anfang 2012 und den Start der Bundesinitiative Netzwerke Frühe Hilfen sechs Monate später sind nun auch im Handlungsfeld der Frühen Hilfen Themen wie Netzwerkarbeit und intersektorale Kooperation stärker in den Fokus gerückt. Gemeinsam mit dem Nationalen Zentrum Frühe Hilfen (NZFH) wird seit Herbst 2012 ein Online-Portal aufgebaut, das den interessierten Kommunen einen einfachen Zugang sowohl zum Partnerprozess als auch zu den Aktivitäten der Bundesinitiative ermöglicht. Perspektivisch entsteht hier eine Plattform für einen fachübergreifenden Austausch zu allen Fragen rund um unterstützende Ansätze für Kinder, Jugendliche und ihre Familien. Dabei werden sowohl die Bundesinitiative mit ihrem Schwerpunkt der unterstützenden Arbeit bis zum dritten Lebensjahr der Kinder als auch der Partnerprozess mit seiner lebenslaufbegleitenden Perspektive eigenständig und deutlich erkennbar bleiben. In der täglichen Arbeit des Portals sollen gemeinsame Perspektiven und Synergien erschlossen werden, die beide Prozesse fachlich bereichern.
Die Broschüre "Gemeinsam für ein gesundes Aufwachsen" dokumentiert den Zwischenstand und Ausschnitte aus der Arbeit im Rahmen des Partnerprozesses.
Sie finden hier Informationen über die bislang beteiligten Partner-Kommunen, Beiträge zu anschlussfähigen Entwicklungen auf der Landesebene und Hintergrundmaterialien zu Konzepten und Inhalten des Partnerprozesses.
Selbstverständlich sind alle aktuellen Entwicklungen sowie die Beiträge der Partnerkommunen auch online verfügbar unter www.gesundheitliche-chancengleichheit.de/partnerprozess.