05.07.2013
Gesundheit für alle: Die Helsinki-Stellungnahme zu Gesundheit in allen Politikfeldern
8. Globale Konferenz zur Gesundheitsförderung
Frank Lehmann, Deutsche Gesellschaft für Sozialmedizin und Prävention (DGSMP)
Schlagwörter:Gesundheitspolitik, Konferenz, WHO
In der Zeit vom 10. bis zum 14. Juni 2013 fand die 8. Gesundheitsförderungskonferenz der Weltgesundheitsorganisation WHO in Helsinki, Finnland, statt. Ausgangspunkt der Konferenz waren die bereits in der Erklärung von Alma Ata (1978) und der Ottawa-Charta (1986) formulierten Ideen und Erkenntnisse. Schon darin wurden intersektorale Zusammenarbeit und eine gesundheitsförderliche Gesamtpolitik als wesentliche Elemente der Gesundheitsförderung, der Schaffung gesundheitlicher Chancengleichheit und der Verwirklichung von Gesundheit als Menschenrecht formuliert. Die Ottawa-Konferenz war die erste in einer Reihe globaler Gesundheitsförderungskonferenzen der WHO, die u.a. in Adelaide (1988), Mexico City (2000) und Nairobi (2009) abgehalten wurden und die wichtigsten Grundsätze der Gesundheitsförderung festigten.
Auf der diesjährigen Konferenz diskutierten etwa 700 eingeladene Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus ca. 140 Ländern und aus verschiedenen politischen Sektoren (Gesundheit, Bildung, Umwelt, Arbeit, Finanzen u.v.m.). Die Teilnehmenden repräsentierten verschiedene Regierungsebenen der Mitgliedsstaaten, der Vereinten Nationen und weiterer internationaler Organisationen; und sie vertraten die Zivilgesellschaft, internationale Finanzinstitute und Stiftungen.
Gegen eine Gesundheitsförderung light
Schwerpunkt der 8. Globalen Gesundheitsförderungskonferenz war die Frage, wie Gesundheit und gesundheitliche Chancengerechtigkeit durch den Health in All Policies-Ansatz (HiAP) gefördert werden können. HiaP als gesundheitsförderliche Gesamtpolitik hat zum Ziel, alle Politikfelder in die Schaffung gesundheitlicher Chancengerechtigkeit einzubeziehen. Aus verschiedenen Ländern wurden zum Teil von höchster Regierungsebene Beispiele für gelungene HiAP dargestellt, z.B. Ecuador und Irland. Deutlich wurde, dass die Gesundheit ganzer Bevölkerungen insbesondere durch gesamtgesellschaftliche Entwicklungen (z.B. Auswirkungen der Wirtschaftskrise in Portugal, Irland, Russland) und durch deren gesamtpolitische Bewältigung (z.B. Finnland) beeinflusst wird. Gesundheitsförderung sollte insofern überhaupt nicht mehr als Light-Version (Verhaltensprävention), sondern immer nur als HiAP verstanden werden.
Positive Beispiele waren insbesondere dadurch gekennzeichnet, dass sie ressortübergreifend (interministerielle Arbeitsgruppe und Steuerung) angelegt waren und die Zivilgesellschaft einbezogen. Außerdem wurde die Bedeutung der lokalen Ebene herausgestellt (think global - act local). Beispiele hierfür waren New York, Mexico-City und Malmö.
Insgesamt wurde durch die Ergebnisse der Konferenz der kommunale Partnerprozess „Gesund aufwachsen für alle!“ bestätigt. Der Partnerprozess konzentriert sich auf die kommunale Ebene und die Lebenswelten insbesondere sozial Benachteiligter. Er beinhaltet als zentrales Steuerungselement die ämterübergreifende Zusammenarbeit auf kommunaler Ebene und setzt auf Partizipation - ist also ohne zivilgesellschaftliches Engagement nicht denkbar.
Gesundheit für alle!
Im Rahmen der 8. Globalen Gesundheitsförderungskonferenz wurde die Stellungnahme "Helsinki Statement on Health in All Policies" von allen Teilnehmenden befürwortet und unterstützt. "Gesundheit für alle!" wird darin als ein notwendiges gesellschaftliches Ziel der Regierungen und als ein bedeutender Meilenstein nachhaltiger Entwicklungen betont. Neben der Stellungnahme wurden außerdem Maßnahmen zur Umsetzung von Health in All Policies innerhalb der Länder in einem Rahmenpapier festgehalten.
Auszüge aus der Stellungnahme*:
Wir rufen unsere Regierungen dazu auf, ihren Verpflichtungen in Bezug auf Schaffung gesunder Lebensverhältnisse nachzukommen und folgende Maßnahmen zu ergreifen:
- Festlegung von Gesundheit und gesundheitlicher Chancengleichheit als einer politischen Priorität
- Sicherstellung effektiver Strukturen, Prozesse und Ressourcen, die die Umsetzung einer gesundheitsförderlichen Gesamtpolitik ermöglichen
- Kompetenzstärkung der Ministerien für Gesundheit, um innerhalb eines Landes und über Ländergrenzen hinweg bessere Gesundheitschancen zu ermöglichen
- Aufbau institutioneller Kompetenzen und Fähigkeiten, die die Umsetzung von Health in All Policies ermöglichen und Daten zum Zusammenhang von Gesundheit und Ungleichheit sowie zu effektiven Gegenmaßnahmen bereitstellen
- Einführung von Kontrollen und Rechenschaftspflicht
- Erarbeitung von Methoden zur Überwindung von Interessenskonflikten , um politische Entscheidungen vor (wirtschaftlicher) Einflussnahme zu schützen
- Einbezug von Öffentlichkeit, gesellschaftlichen Bewegungen und Zivilgesellschaft in die Entwicklung, Umsetzung und Kontrolle einer gesundheitsförderlichen Gesamtpolitik mit dem Ziel, innerhalb der Bevölkerung ein Gesundheitsbewusstsein („health literacy“) zu schaffen
Das Statement wurde von allen Regionaldirektionen der WHO unterstützt und soll der Weltgesundheitsversammlung zur Beschlussfassung vorgelegt werden.
*Diese Auszüge wurden durch Marion Amler, Gesundheit Berlin-Brandenburg übersetzt.
Ausführlichere Informationen
Ergebnisse der vergangenen Konferenzen finden Sie unter:
www.who.int/healthpromotion/en