21.07.2017
Gute Praxis Gesundheitsberichterstattung
Leitlinien und Empfehlungen unterstützen die Praxis der Gesundheitsberichterstattung auf allen Ebenen
Dagmar Starke, Akademie für öffentliches Gesundheitswesen
Günter Tempel, Gesundheitsamt Bremen
Jeffrey Butler, Bezirksamt Berlin-Mitte
Anne Starker, Robert Koch-Institut
Christel Zühlke, Niedersächsisches Landesgesundheitsamt
Brigitte Borrmann, Landeszentrum Gesundheit Nordrhein-Westfalen
Schlagwörter:Gesundheitsberichterstattung, Gesundheitswesen, Leitfaden
Die „Gute Praxis Gesundheitsberichtserstattung“ möchte Akteurinnen und Akteure auf kommunaler, Landes- und Bundesebene bei der Entwicklung ihrer Berichterstattung unterstützen. Das Papier gibt anhand von Leitlinien eine erste fachliche Orientierung und erleichtert den Einstieg in das Thema. Nach dem Motto von der Praxis für die Praxis wurde die Empfehlung von einer Arbeitsgruppe mit Vertreterinnen und Vertretern aller Ebenen der Gesundheitsberichterstattung entwickelt.
Ziele und Aufgaben der GBE
Gesundheitsberichterstattung hat den Auftrag, Politik und Öffentlichkeit über Gesundheit, Krankheit, Gesundheitsrisiken und Sterbegeschehen einer räumlich und zeitlich definierten Bevölkerung zu informieren. Sie stellt als gesundheitspolitisches Steuerungsinstrument die empirische Grundlage für rational begründbare Entscheidungen in der Politik bereit. Die Gesundheitsberichterstattung begleitet gesundheitspolitische Prozesse und bietet eine Grundlage für Partizipation. Dabei ist sie in einen politischen Diskurs eingebettet. Die Berichtssysteme auf der kommunalen, Landes- und Bundesebene unterliegen den jeweiligen gesetzlichen und politischen Rahmenbedingungen.
Methodische Grundlagen der GBE
Gesundheitsberichterstattung benötigt eine breite Datenbasis. Grundlage sind valide, im besten Falle einheitlich und standardisiert erhobene Daten. Datenquellen sind eigene, speziell durchgeführte Untersuchungen und Datenerhebungen im Öffentlichen Gesundheitsdienst sowie Daten der amtlichen Statistik und prozessgenerierte Daten anderer Institutionen des Gesundheitssystems (Sekundärdaten). Charakteristisch für Gesundheitsberichterstattung ist der interdisziplinäre Ansatz. Methodisch-wissenschaftliche Grundlage ist in erster Linie die Epidemiologie. Daneben fließen theoretische Konzepte und empirische Erkenntnisse der Sozialwissenschaften, der Medizin, der Sozialmedizin und medizinischen Soziologie, der Gesundheitsökonomie, der Versorgungsforschung, der Gesundheitssystem- und der Evaluationsforschung sowie weiterer Fachdisziplinen ein.
Gute Praxis GBE
Ziel der Guten Praxis Gesundheitsberichterstattung ist es, eine fachliche Orientierung für das Erstellen von Gesundheitsberichten zu geben und die Bedeutung der Gesundheitsberichterstattung als Grundlage für rationales fachpolitisches Handeln hervorzuheben. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf der Interpretation der Ergebnisse hinsichtlich ihrer Public-Health-Relevanz als Grundlage für gesundheitspolitische Entscheidungen. Die Gute Praxis Gesundheitsberichterstattung ergänzt die Leitlinien und Empfehlungen zur Sicherung Guter Epidemiologischer Praxis und die Leitlinien und Empfehlungen der Guten Praxis Sekundärdatenanalyse um zusätzliche, für die Gesundheitsberichterstattung zentrale Aspekte.
Leitlinien und Empfehlungen
Die 11 Leitlinien thematisieren ethische Prinzipien der Gesundheitsberichterstattung, erforderliche Rahmenbedingungen, Themenauswahl (Berichtsgegenstand), Arbeitsgrundlagen (Datenqualität), Datenaufbereitung, -auswertung und -interpretation, Datenschutz, Kommunikation und Qualitätssicherung:
Leitlinie 1: Gesundheitsberichterstattung muss im Einklang mit ethischen Prinzipien durchgeführt werden und Menschenwürde sowie Menschenrechte beachten.
Leitlinie 2: Gesundheitsberichterstattung bedarf definierter politischer und organisatorischer Rahmenbedingungen und gesetzlicher Grundlagen auf allen politischen Ebenen.
Leitlinie 3: Gesundheitsberichterstattung liefert eine datenbasierte Grundlage für gesundheitspolitische Entscheidungen.
Leitlinie 4: Gesundheitsberichterstattung beschreibt aktuell und datengestützt definierte Aspekte des Gesundheitszustands der Bevölkerung oder von Bevölkerungsgruppen. Sie liefert Darstellungen und Analysen zu gesundheitlichen Determinanten, Rahmenbedingungen und anderen gesundheitsrelevanten Bereichen.
Leitlinie 5: Gesundheitsberichterstattung basiert auf den bestmöglichen zugänglichen Daten und berücksichtigt den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand.
Leitlinie 6: Für die Erfassung und Haltung aller für die Gesundheitsberichterstattung benutzten Daten sowie für deren Aufbereitung, Plausibilitätsprüfung, Kodierung und Bereitstellung ist ein detailliertes Konzept zu erstellen.
Leitlinie 7: Die Auswertung von Daten für die Gesundheitsberichterstattung soll zeitnah unter Verwendung wissenschaftsbasierter Methoden erfolgen. Die den Ergebnissen zugrunde liegenden Rohdaten sind in vollständig reproduzierbarer Form gemäß den Informationsfreiheitsgesetzen aufzubewahren.
Leitlinie 8: Die Interpretation der Ergebnisse ist Aufgabe der Gesundheitsberichterstattung.
Leitlinie 9: Bei der Verwendung von Daten in der Gesundheitsberichterstattung sind die geltenden Datenschutzvorschriften einzuhalten.
Leitlinie 10: Gesundheitsberichterstattung ist kein Selbstzweck. Sie konkurriert mit anderen gesellschaftlich relevanten Themen um öffentliche Aufmerksamkeit.
Leitlinie 11: In der Gesundheitsberichterstattung ist eine begleitende Qualitätssicherung aller relevanten Instrumente und Verfahren sicherzustellen.
Wie geht es weiter?
Die Gute Praxis Gesundheitsberichterstattung ist eine von den beteiligten Personen und Organisationen autorisierte Fassung. Im Sinne einer Evaluation ist geplant, die Erfahrungen der Gesundheitsberichterstatterinnen und Gesundheitsberichterstatter und der Fachöffentlichkeit mit der Guten Praxis Gesundheitsberichterstattung zu sammeln.
Dazu ist ein Stellungnahme-Verfahren vorgesehen. Bitte senden Sie Kommentare, Hinweise und Verbesserungsvorschläge zur Leitlinie per E-Mail bis zum 31.03.2018 an Dr. Dagmar Starke, Referentin für Epidemiologie und Gesundheitsberichterstattung, Akademie für Öffentliches Gesundheitswesen in Düsseldorf: starke(at)akademie-oegw.de.
Bei Rückmeldungen wäre es hilfreich, wenn Sie sich auf die entsprechende Leitlinie beziehen und vorgeschlagene Änderungen begründen könnten.
Die Arbeitsgruppe wird nach Ablauf der Kommentierungsphase alle eingegangenen Stellungnahmen sichten und, falls erforderlich, eine Überarbeitung der Guten Praxis Gesundheitsberichterstattung vornehmen und die revidierte Fassung zeitnah veröffentlichen.
Die Leitlinien und Empfehlungen zur Gesundheitsberichterstattung werden ausführlich im Journal of Health Monitoring des Robert Koch-Institutes vorgestellt. Hier können Sie das gesamte Papier einsehen.