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04.03.2020

"Hameln kann's" - eine gesamtstädtische Strategie der integrierten Quartiersentwicklung

Claudia Schmidt, Stadt Hameln

Schlagwörter:integrierte Strategien, Netzwerk, Quartier

Seit 2017 verfolgt die Stadt Hameln kon­se­quent ei­ne gesamtstädtische Stra­te­gie der in­te­grierten Quar­tiersentwicklung. Im Rahmen des vom Land Nie­der­sach­sen als Modellvorhaben „Gute Nach­bar­schaft“ geförderten  Pro­jektes „Hameln kann´s“ ent­wi­ckeln die Ressorts „Stadtentwicklung und Pla­nung" so­wie „Fa­mi­lie und Soziales" ei­ne ge­mein­same Entwicklungsstrategie aus kommunaler Gemeinwesenarbeit und koordinierendem Quar­tiersmanagement. Die Buch­sta­ben im Na­men „Hameln k.a.n.(n)‘s.“ ste­hen für die vier Pro­jektquartiere Kuckuck, Alt­stadt, Nordstadt und Südstadt. Alle vier Ge­biete gel­ten in­ner­halb der Gesamtstadt als Quar­tiere mit Entwicklungsbedarf.

Um den anste­henden Herausforderungen zu begegnen hat die Stadt Hameln im Jahr 2017 ei­ne Stel­le zur Ko­or­di­nie­rung der Quar­tiersentwicklung und zum Auf­bau tragfähiger Kommunikationsstrukturen in diesen Ge­bieten geschaffen. Mit den Pro­jekten „Hameln kann‘s" (2017/2018) und den Folgeprojekten „Hameln kann's ge­mein­sam" (2018/2019) so­wie „Hameln kann’s vor Ort“ (2019/2020) ist es ge­lun­gen, zu­sätz­lich kommunale Gemeinwesenarbeit in den Quar­tieren aufzubauen und zunehmend als „Küm­me­rer vor Ort" mit dem klaren Auf­trag der Be­woh­nerorientierung zu eta­blie­ren. Insgesamt zäh­len fünf Personen mit ins­ge­samt 2,5 Stel­lenanteilen zum ressortübergrei­fenden Pro­jektteam.

Integrierte Quar­tiersentwicklung und So­zi­al­raumorientierung

Im Rahmen des Pro­jektes „Hameln kann´s" ent­wi­ckeln die Ressorts „Stadtentwicklung und Pla­nung" (Sitz der Pro­jektkoordination Quar­tiersentwicklung) so­wie „Fa­mi­lie und Soziales" (Sitz der Gemeinwesenarbeit) ei­nen in­te­grierten, ressortübergrei­fenden Blick auf die vier Quar­tiere und ar­bei­ten in sich ge­gen­sei­tig ergänzender Ar­beits­tei­lung im So­zi­al­raum zu­sam­men. Die aktuellen Herausforderungen in den Ge­bieten be­ste­hen der­zeit vor al­lem im Zer­fall des gesellschaftlichen Zusammenhalts und zunehmender Ar­mut (vor al­lem bei Kin­dern, Ju­gend­li­chen, Allei­nerziehenden und alten Menschen) so­wie städtebaulichen Defiziten in einzelnen Quar­tieren.

Ziel der sozialraumorientierten Quar­tiersentwicklung ist es, Quar­tiere und die dort tä­ti­gen Stadt­teilakteure zu stär­ken, gesellschaftliche Teil­ha­be für die Be­woh­ner­schaft zu er­mög­li­chen, Selbsthilfepotenziale zu för­dern und so­mit stabile Nach­bar­schaften zu ent­wi­ckeln bzw. zu er­hal­ten.
Das Pro­jekt leistet da­her ei­nen wichtigen Bei­trag, gesellschaftliche Aus­gren­zung einzudämmen. Eine zentrale Rol­le in­ner­halb der städtischen Gesamtstrategie kommt den Stadt­teiltreffpunkten in den vier Quar­tieren zu, die sich je­weils in unterschiedlicher Trägerschaft be­fin­den. Dem Prinzip der Sub­si­di­a­ri­tät fol­gend unterstützt die Stadt Hameln  diese Träger ge­zielt durch kommunale Gemeinwesenarbeit und Quar­tiersmanagement.

Vernetzung der Akteure

Entscheidend für den Er­folg von Quar­tiersentwicklung ist der Auf­bau von tragfähigen Ko­o­pe­ra­ti­onen und Netzwerkstrukturen. In jedem Ge­biet wurde ein in­zwi­schen gut funktionierendes Akteursnetzwerk ge­bil­det bzw. be­reits be­ste­hende Netzwerke gestärkt. Somit sit­zen in al­len Ge­bieten Schulen, Kitas, Fa­mi­lienbüros, Wohlfahrtsverbände, religiöse Ein­rich­tung­en, Freiwilligennetzwerke, Po­li­zei, Verei­ne, das Integrationsmanagement und die Kinder- und Jugendeinrichtungen der Stadt Hameln so­wie weitere soziale Träger ge­mein­sam am „run­den Tisch“, in der „So­zi­al­raum-AG“ oder im „Stadt­teilgespräch“. Aus dem Ge­sund­heitsbereich zäh­len das Ge­sund­heits­amt und die Ge­sund­heitsregion des Landkreises Hameln-Pyrmont so­wie verschiedene Senioreneinrichtungen zu den Ko­o­pe­ra­ti­onspartnern.


Ein großer Vorteil der engen Vernetzung - auch mit der Kommune - ist es, dass vor allem nichtinvestive Projektideen oftmals schnell und zügig umgesetzt werden können, wenn alle Beteiligten an einem Tisch sitzen. Hierzu zählen beispielsweise die Stadtteilfeste, die die ganze Bandbreite des Stadtteillebens widerspiegeln. Durch die Mitwirkung von Sportvereinen wird beispielsweise das Nordstadtfest durch Sport- und Bewegungsangebote und damit um die Komponente „Gesundheit im Quartier“ bereichert. Zeitgleich können die Sportvereine ihre Angebotspalette vorstellen und neue Mitglieder werben. Durch die Obstspenden eines lokalen Lebensmittelmarktes ist auch das Thema  „gesunde Ernährung“ beim Stadtteilfest präsent.

Stärken-Schwächen-Analysen

Gemeinsam mit allen Akteuren wurden in den vier Quartieren jeweils Stärken-Schwächen-Analysen durchgeführt, um die zentralen Herausforderungen in den Gebieten zu benennen, Ziele zu definieren und entsprechende Maßnahmen zu entwickeln und zu vereinbaren. Die Quartiere wurden dabei jeweils aus verschiedenen Fachrichtungen heraus integriert betrachtet. Die Handlungsfelder reichen von stadtplanerischen Themen wie Defiziten in der Freiraumgestaltung bis hin zu sozialen Themen wie der Verlängerung von Öffnungszeiten von Kindertreffpunkten.

Auch wenn das Thema Gesundheit nur in einem Akteursgremium explizit genannt wurde, ist es dennoch in allen Stärken-Schwächen-Analysen als Querschnittsthema enthalten. So definierten die Akteure in der dicht bebauten Südstadt „Spielräume schaffen“ als ein zentrales Handlungsfeld. Als eine erste Sofortmaßnahme wurde die Öffnung eines Schulhofes für die Kinder des Quartiers genannt. Nach Rücksprachen mit allen Beteiligten wurde eine mehrmonatige Probephase mit regelmäßigen Kontrollgängen vereinbart. Trotz zunächst erheblicher Bedenken bezüglich Vandalismus auf dem Schulhofgelände ist die Testphase positiv verlaufen und der Schulhof bietet nun dauerhaft auch nachmittags attraktive Spiel- und Bewegungsmöglichkeit für die Kinder der Südstadt und zeitgleich einen neuen Begegnungsort für die Nachbarschaft.

Aktivierende Bewohnerbefragung

Eine weitere zentrale Säule im Projekt - neben der Akteursvernetzung - ist die Bewohnerorientierung. Im Zentrum der Betrachtung der Quartiere stehen die Bewohnerinnen und Bewohner. Um die Bedürfnisse und Wünsche der Bewohnerschaft zu erfassen wurden in allen Gebieten aktivierende Bewohnerbefragungen durchgeführt und die Ergebnisse bei verschiedenen Stadtteilveranstaltungen präsentiert. Erst durch die Zusammenstellung der Befragungsergebnisse konnten gemeinsame Bedarfe in den Gebieten ermittelt,  Interessengruppen identifiziert und gezielte Angebote für Menschen mit ähnlichen Bedürfnissen geschaffen werden. Konkrete Ergebnisse der Bewohnerbefragungen im Bereich Gesundheitsförderung sind Fahrradtrainings für Frauen mit und ohne Migrationshintergrund, die gemeinsam mit der Polizei und dem städtischen Integrationsmanagement angeboten werden, oder auch Informationsveranstaltungen zum Thema „Schwimmen und Schwimmkleidung“  für muslimische Frauen.

Die Bewohnerorientierung in der sozialraumorientierten Planung zeigt sich vor allem auch in der Beteiligung der Bewohnerinnen und Bewohner an den Bauvorhaben in ihrem Gebiet. So wurde z.B. der neue Spielplatz im Wohngebiet Kuckuck im Rahmen einer „Kinderkonferenzwoche“ geplant und wird nun entsprechend der Wünsche der Kinder gestaltet. Bereits der Weg zum Spielplatz wird  mit Balancierelementen bestückt sein und den Gleichgewichtssinn fördern. Die Umsetzung der gemeinsamen Planung in Lebenswirklichkeit im Quartier trägt maßgeblich zur Identifikation der Kinder mit „ihrem Spielplatz“ bei.

Integrierte Handlungskonzepte in al­len Quar­tieren

Die vielfältigen Ergebnisse der Stärken-Schwächen-Analysen so­wie die Aus­wer­tung­en der aktivierenden Be­woh­nerbefragungen wurden für al­le vier Quar­tiere zu Integrierte Handlungskonzepten (IHK) zu­sam­mengefasst. Diese um­fas­sen je­weils in tabellarischer Form Ziele und Maß­nah­men für die verschiedenen Handlungsfelder und ge­ben Aus­kunft da­rü­ber, wer die Maß­nah­me umsetzt und in welchem Stand sie sich befindet (von „Idee“ über „in Pla­nung“ oder „lau­fend“ bis „be­reits umgesetzt“). Stadtplanerische und soziale Maß­nah­men grei­fen hier in­ei­nan­der. Alle vier IHKs wurden mit der Stadt­ver­wal­tung abgestimmt, auf prinzipielle Re­a­li­sier­bar­keit geprüft und von den vier Stadt­teilgremien als die jeweilige Quar­tiersagenda verabschiedet, die nun ge­mein­sam mit den Akteuren und Be­woh­ne­rin­nen und Be­woh­nern umgesetzt wird. Die Integrierten Handlungskonzepte do­ku­men­tie­ren da­mit die ge­mein­same Verantwortung für den So­zi­al­raum: Nur im Zu­sam­men­spiel kön­nen Kom­mu­ne, Akteure und Be­woh­ner­schaft Quar­tiere nach­hal­tig stär­ken.  

Gemeinwesenarbeit

Zentrale Auf­ga­be von Gemeinwesenarbeit ist es, Be­woh­nerengagement zu för­dern und zu un­ter­stüt­zen so­wie vielfältige kultur- und generationsübergrei­fende Be­geg­nungsangebote mit und für die Menschen vor Ort in den verschiedenen Quar­tieren zu schaffen. Hierzu zäh­len unterschiedlichste Veranstaltungsformate vom Be­geg­nungscafé oder Stadt­teilabendbrot über Hinterhofflohmärkte, Aktionstage zur Sau­ber­keit im Quar­tier, Pla­nungstreffen zur Quar­tiersentwicklung, Stadt­teilpicknicks bis hin zu  den jähr­lich stattfin­denden Stadt­teilfesten. Alle Ver­an­stal­tung­en fin­den in enger Ko­o­pe­ra­ti­on mit den Akteuren vor Ort in den Quar­tieren statt.

Ein zentrales Ziel der Gemeinwesenarbeit ist es, Begegnung zu ermöglichen - gerne auch in Verbindung mit Bewegung. Maßnahmen wie der „Wandernde Bewohnertreff" am Kuckuck verbessern Integrationsmöglichkeiten und tragen zur Identifikation der Bewohnerschaft mit ihren Stadtteilen bei. Der Bewohnertreff „wandert“ in den Sommermonaten durch das Quartier. Bierzeltgarnituren und Pavillon werden dort aufgeschlagen, wo sich die Menschen aufhalten, nämlich auf den Grünflächen zwischen den Wohngebäuden. Stets mit im Gepäck sind Federbälle, Fußbälle, Stelzen sowie ein Netz für Fußtennis. Damit wird auch für Kinder aus einkommensschwachen Elternhäusern ein differenziertes Sport- und Bewegungsangebot vorgehalten und ein Beitrag zur Chancengleichheit geleistet.  

Quartiere in Bewegung

Eine gelungene Maßnahme, um einen ganzen Stadtteil in Bewegung zu bringen, sind Stadtteilorientierungsläufe, die in Hameln vom TC Hameln organisiert werden. Jung und Alt können entsprechend der eigenen Fitness teilnehmen und ganz nebenbei den eigenen Stadtteil und seine Einrichtungen besser kennen lernen. Am Südstadtorientierungslauf, der in Kooperation mit dem Projekt „Hameln kann’s“ und vielen weiteren Partnern, sozialen und religiösen Einrichtungen es Stadtteils stattfand, beteiligten sich über 20 Eirichtungen. So leistet der Stadtteilorientierungslauf zeitgleich einen wichtigen Beitrag zur Vernetzung der Akteure im Sozialraum.

Kontakt

Claudia Schmidt
Projektkoordinatorin Quartiersentwicklung

Tel.: 05151 2027022
Kontakt per Mail
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