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24.10.2011

Hanging around - nothing to do ...

Bildungs-, Gesundheits- und Teilhabechancen von jungen Arbeitslosen

Antje Richter-Kornweitz, ehem. Landesvereinigung für Gesundheit und Akademie für Sozialmedizin Niedersachsen Bremen e.V.

Schlagwörter:Bildung, Fachtagung, Präsentation, Teilhabe, Veranstaltungsbericht

Arbeitslosigkeit ist ein Gesundheitsrisiko und gesundheitliche Einschränkungen führen zu Arbeitsplatzverlust. Man spricht daher von einem fatalen Kreislauf, der neben körperlichen vor allem psychische Beeinträchtigungen nach sich zieht, die alle Altersgruppen und somit auch Jugendliche und junge Erwachsene, die am Anfang ihrer Erwerbsbiografie stehen, betreffen.

Auf der Fachtagung „Hanging around - nothing to do ...“ wurde dieses Thema aufgegriffen. Eingeladen hatte der Regionale Knoten Niedersachsen gemeinsam mit der Jade Hochschule Oldenburg, dem Zentrum für Arbeit des Landkreises Leer, den JobCentern Wilhelmshaven und Oldenburg, der Stadt Oldenburg und der Kooperationsstelle Hochschule und Gewerkschaften der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg. Ziel war, Wissen über Hintergründe und Zusammenhänge zu vermitteln, bereits bestehende Ansätze vor Ort vorzustellen sowie den bestehenden Bedarf näher zu ermitteln.



Zur Lebenslage von armen Jugendlichen am Übergang Schule/Beruf referierten Claudia Laubstein und Dr. Jörg Dittmann vom Institut für Sozialarbeit und Sozialpädagogik Frankfurt a.M. (ISS). Sie stellten die aktuellen Zwischenergebnisse der AWO-ISS-Studie zu Schulbildung und Lebenslagen von 16- bis 17-jährigen Jugendlichen vor, die seit ihrem letzten Kindergartenjahr durch die Forscher/innen des ISS begleitet worden waren. Unter anderem wurden die Zusammenhänge zwischen Schulformen und Schulbildungsniveau, der materiellen Lage der Befragten seit ihrer Kindergartenzeit und der momentanen Position im Übergang Schule/Beruf sowie weitere Ergebnisse zur Lebenslage (u.a. gesundheitliche Lage) der Jugendlichen vermittelt: Der Zusammenhang zwischen Armut, Lebenslage und Bildung wird an den Brüchen in der Schullaufbahn armutsbetroffener Jugendlicher besonders deutlich!

Michael Bellwinkel vom BKK Bundesverband in Essen referierte Fakten, Konzepte und Forderungen der Forschung zu den Zusammenhängen von Arbeitslosigkeit und Gesundheit. Im Fokus standen die Belastungen, denen Arbeitslose ausgesetzt sind, und deren Auswirkungen auf die Gesundheit. Vor allem Angebote zur Stärkung der psychischen Gesundheit, so betonte er, sind geeignet, den Gesundheitsstatus von Arbeitslosen nachhaltig zu fördern. Auch angesichts der Kosten, die gesundheitliche Folgen von Erwerbslosigkeit für die GKV verursachen, sind qualitätsgesicherte Präventionsmaßnahmen für Krankenkassen sehr lohnenswert.

Dr. Nora Gaupp vom Deutschen Jugendinstitut (DJI) in München thematisierte die Situation Jugendlicher im Übergang von Schule und Beruf und stellte dazu Ergebnisse eines landesweiten Forschungsprojektes des DJI zum regionalen Übergangsmanagement vor. Ihr Fazit war: Ausbildungslosigkeit kann reduziert werden, wenn die verantwortlichen Akteure ihr Handeln und ihre Leistungen abstimmen. Zentrale Voraussetzung dazu ist Wissen einerseits über die Jugendlichen, andererseits über vorhandene Bildungsangebote sowie klare Verantwortlichkeiten. Nur dann kann regionales Übergangsmanagement durch eine Verbesserungen der Angebotsstruktur zur Prävention von Ausbildungslosigkeit beitragen. Weniger sinnvoll ist es, mit hohem Aufwand neue Maßnahmen zu entwickeln. Eher ist es angebracht, lokale Angebote gut zu koordinieren, den allgemeinen Informationsstand zu erhöhen und in eine gute Zusammenarbeit der Akteure vor Ort zu investieren.

In den Workshops am Nachmittag wurden u.a. Angebote der Kooperationspartner aus dem Bildungsbereich sowie der Arbeitsförderung vorgestellt. Die Perspektive der Unter-25-Jährigen wurde durch einen Beitrag aus der Wohnungslosenhilfe der Diakonie in den Mittelpunkt der Diskussionen gestellt. Forderungen nach mehr Beachtung der speziellen Lebenssituation von Jugendlichen und jungen Erwachsenen und den Belastungen beim Einstieg in den Beruf kamen auch von der DGB-Jugend.

In den Diskussionen am Nachmittag wurden grundlegende Forderungen gestellt, wie z.B. mehr gesellschaftliche Unterstützung für die Jugendlichen und jungen Erwachsenen wie auch für ihre Familien, Vermittlung von Erziehungskompetenzen an Eltern sowie ein veränderter, mehr wertschätzender Umgang mit den Betroffenen. Darüber hinaus wurden speziellere Forderungen erhoben, die sich auf eine Verbesserung der Angebotslandschaft richten. Dazu gehören:

  • mehr Fachkräfte für eine angemessene Betreuung,
  • unabhängige Beratung bzw. Trennung der Räumlichkeiten (nicht in Behörden),
  • eine verbesserte, niedrigschwellige psychosoziale Beratung,
  • Einsatz von Menschen, die selber einmal betroffen waren, eigene Erfahrungen mit Arbeitslosigkeit in dieser Lebensphase haben, sog. Kommunikationsvermittlern,
  • Beratung in wirtschaftlichen und rechtlichen Fragen, auch kostenlose Rechtshilfe
  • mehr Angebote von betreutem (strukturierten) Wohnen.

Gefordert wurde auch eine „gute Ausbildung der Ausbilder“ („Ressource Beziehung“ im Ausbildungsverhältnis), die Stärkung der Angebote im Übergangssystem und ein verbesserter Austausch über diese Angebote sowie verbesserte Informationen für Schülerinnen und Schüler, Eltern, Lehrkräfte. Von Seiten der Arbeitsvermittlung wurde eine einseitig-negative Einschätzung der dort tätigen Fachkräfte als kontraproduktiv für eine gelingende Zusammenarbeit bezeichnet. Bevor es zu Sanktionen kommt, würden in der Regel viele andere Versuche unternommen, Verhaltensänderungen bei den U-25-Jährigen zu bewirken.

Bereits während der Vorbereitungen zur Veranstaltung wurde ein deutlicher Handlungsbedarf in diesem Feld deutlich. Dies wurde in den Vorträgen und den Beiträgen der Foren als auch besonders in den Diskussionen während der Tagung deutlich unterstrichen: Eine weiter gehende Auseinandersetzung über den Bedarf der Unter-25-Jährigen ist dringend erforderlich.

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