28.03.2019
Interdisziplinäres Präventionsprogramm halbiert Kariesrate bei Kleinkindern in Dormagen
Dorothee Gintars, Deutsche Arbeitsgemeinschaft für Jugendzahnpflege e.V.
Schlagwörter:Gesundheit, Hygiene, Kinder, Prävention
Der zahnärztliche Dienst des Gesundheitsamtes Rhein-Kreis Neuss hat 2011 in Zusammenarbeit mit der Stadt Dormagen ein umfassendes, interdisziplinäres Aufklärungs- und Prophylaxeprogramm eingeführt. Es zielt insbesondere darauf ab, sozial benachteiligte Familien zu erreichen, ohne diese zu stigmatisieren.
Das Angebot „Gemeinsam gegen Karies" begleitet Frauen vom Beginn der Schwangerschaft sowie Eltern in den ersten Lebensjahren ihres Kindes. Ziel ist es durch eine umfassende Aufklärung zum Thema Mundgesundheit frühkindliche Karies vorzubeugen. Dafür setzt das Angebot auf eine Kooperation mit den örtlichen Hebammen, den Ärztinnen und Ärzten der Gynäkologie, Kinder- und Zahnmedizin und dem städtischen Sozialdienst, der alle Familien mit Neugeborenen besucht. Seit dem Start konnten mit dem Programm über 3.000 Familien angesprochen werden - mit Erfolg.
Die wissenschaftliche Evaluation durch die Universität Marburg hat die Wirksamkeit der Maßnahmen bestätigt: Nach der Einführung des Präventionsprogramms halbierten sich sowohl die mittleren DMF-T-Werte für das individuelle Kariesrisiko als auch die Fälle mit schwerer frühkindlicher Karies bei den 3- bis 4-jährigen Kindern. Aufgrund der häufigen persönlichen Beratungen änderten die beteiligten Familien ihr Verhalten in Bezug auf die Mundgesundheit.
Aufbau des Präventionsprogramms
Das Konzept kombiniert niedrigschwellige Angebote mit aufsuchenden Elementen nach einem festen Zeitplan. Sie dienen einer umfangreichen und wiederholten, persönlichen Aufklärung zum Thema Mundhygiene und Ernährungsverhalten während der Schwangerschaft, nach der Geburt und in der frühen Kindheit. Das Gesundheitsamt lud dazu vorab die relevanten Multiplikatoren zu Informationsveranstaltungen ein und informierte sie auch in persönlichen Gesprächen über das Projekt und die fachlichen Hintergründe. Als Kampagnenmaterial wurden zwei Flyer, eine Terminvereinbarungskarte, ein zahnärztlicher Vorsorgepass für Mutter und Kind sowie ein Poster für die beteiligten Praxen entwickelt.
Die Medien haben einen hohen Wiedererkennungswert und sind durch große Abbildungen und kurze Texte leicht verständlich. Sie sind außerdem auch in türkischer Sprache verfügbar. Sponsoren unterstützen die Aktion mit Waren im Wert von 5,50 Euro pro Kind. Für insgesamt sieben Informations- und Präsentpäckchen zum Thema Frühkindliche Karies entstehen dem Gesundheitsamt dadurch nur Sachkosten von 0,63 Euro pro Kind. Checklisten für alle Beteiligten sichern ein einheitliches Vorgehen und helfen, die Aufgaben schnell zu erledigen.
Das vorbildliche Präventionsprogramm vernetzt den öffentlichen Gesundheitsdienst und die Frühen Hilfen mit der individuellen medizinischen Betreuung. Es nutzt also Strukturen, die bereits bundesweit vorhanden sind. Dadurch lässt es sich gut auch auf andere Regionen Deutschlands übertragen. Die interdisziplinäre Zusammenarbeit und die Integration in bestehende Abläufe bündeln Ressourcen und machen das Programm kostengünstig und effizient.
Die Initiative wurde 2017 mit dem Wrigley-Prophylaxe-Preis ausgezeichnet.