18.05.2017
Kommunen als Integrationsort
Michael Löher vom Deutschen Verein für öffentliche und private Vorsorge im Gespräch mit Lea Winnig vom Kooperationsverbund Gesundheitliche Chancengleichheit
Geschäftsstelle Kooperationsverbund Gesundheitliche Chancengleichheit
Michael Löher, Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V.
Schlagwörter:Geflüchtete, Deutscher Caritasverband e.V., Kommunen
Herr Löher, in den "Empfehlungen zur Förderung der Integration geflüchteter Menschen“ spricht der Deutsche Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V. sich dafür aus, die Integration von Geflüchteten als gemeinsame Aufgabe von Bund, Ländern und Kommunen wahrzunehmen.
Was macht die „Kommune als Integrationsort“ aus?
Integration findet in Kommunen statt. Sie sind der Ort, wo Begegnung stattfindet. Hier kommen die geflüchteten Menschen an, hier werden sie untergebracht und hier erhalten sie Unterstützung. Sie treffen auf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der zuständigen Ämter, von Einrichtungen und Diensten der Wohlfahrtspflege, von den vielen lokalen Initiativen. Und sie treffen auf Bürgerinnen und Bürger, die sich mit großer Hilfsbereitschaft engagieren. Dennoch sind auch der Bund und die Länder gefordert, geeignete rechtliche und finanzielle Rahmenbedingungen zu schaffen, damit Kommunen die vielfältigen Aufgaben leisten können.
Wie können bestehende Strukturen des Regelsystems genutzt werden, um die Integration von Geflüchteten voranzubringen? Welchen Stellenwert hat das Thema Gesundheit hierbei?
Wir haben gute Regelsysteme und Regelangebote. Mit einer ämter- und institutionsübergreifenden Zusammenarbeit können niedrigschwellige Zugänge in Regelangebote, zum Arbeits- und Wohnungsmarkt sowie in die örtliche Bildungslandschaft geschaffen werden. Außerdem bedarf es einer stärkeren interkulturellen Öffnung der Regelsysteme und Regelangebote. Das erleichtert die soziale Integration Geflüchteter. Gesundheit ist ein wichtiges Thema. Grundsätzlich sollten alle Schutzsuchenden eine Erstuntersuchung erhalten, auch damit der Impfschutz vervollständigt werden kann und um den Kontakt zu Regelangeboten der Gesundheitsversorgung herzustellen. Das ist wichtig, um negative Auswirkungen auf Krankheitsverläufe und Behandlungserfolge zu vermeiden.
Wie kann der Öffentliche Gesundheitsdienst (ÖGD) stärker miteinbezogen werden bzw. welche Rolle kann der ÖGD hierbei übernehmen?
Der ÖGD ist neben der ambulanten und stationären Versorgung die dritte Säule des Gesundheitswesens. Er sollte eine tragende Rolle bei der medizinischen Versorgung von Geflüchteten einnehmen, indem er systematisch die gemeinwesenorientierte Zusammenarbeit aller Beteiligten an der Gesundheitsversorgung von Geflüchteten initiiert, fördert und mitgestaltet. Außerdem sollte der ÖGD die frühzeitige Überleitung von Geflüchteten in die lokalen Strukturen der gesundheitlichen Versorgung fördern und koordinieren. Damit er diese Aufgaben erfüllen kann, ist insbesondere eine adäquate Personalausstattung durch medizinisches und psychosoziales Fachpersonal sowie nicht-medizinische Fachkräfte erforderlich.
Um Zugänge zum Regelsystem zu erleichtern, empfehlen Sie u.a. den Ausbau kommunaler Integrationsmanagements. Was ist hierbei besonders zu beachten? Welche Akteurinnen und Akteure gilt es zu involvieren?
Ein lokales Integrationsmanagement sollte beispielsweise einen Überblick über die lokal vorhandenen Angebote für Zugewanderte schaffen und ermitteln, welche Angebote der Regelsysteme auch Geflüchtete als Zielgruppe einbeziehen müssen. Um örtliche Angebote effizient nutzen zu können, brauchen Geflüchtete Information, Beratung, Betreuung und oftmals auch Begleitung. Hierfür ist die Vernetzung zwischen Behörden, Bildungswesen, Beratungsstellen, Arbeitsmarktakteuren, Initiativen und allen Engagierten nötig. Die Voraussetzung dafür ist der Auf- und Ausbau von guten und effizienten Kommunikationsstrukturen.
Herzlichen Dank für das Gespäch!
Die Fragen stellte Lea Winnig, Geschäftsstelle des Kooperationsverbundes Gesundheitliche Chancengleichheit.
- Die Homepage des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge, Mitgliedsorganisation des Kooperationsverbundes Gesundheitliche Chancengleichheit, finden Sie hier.
- Hier gelangen Sie zu den Empfehlungen des Deutschen Vereins zur Förderung der Integration geflüchteter Menschen.