21.07.2014
Kongress Armut und Gesundheit am 5. und 6. März 2015
Einführung in das Motto "Gesundheit gemeinsam verantworten"
Maren Janella, Gesundheit Berlin-Brandenburg
Julia Waldhauer, bis Mitte 2015: Gesundheit Berlin-Brandenburg
Schlagwörter:Armut, Armut und Gesundheit, Gesundheitsbildung, Kongresse
Gesundheit als Menschrecht: soweit die Theorie!
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) stellte im Jahr 1948 die Weichen für den bislang umfassendsten Gesundheitsbegriff. Sie definierte Gesundheit als „Zustand des vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens und nicht nur des Freiseins von Krankheit und Gebrechen". Über 60 Jahre später ist diese Definition - trotz punktueller Kritik - noch immer gültig und meist verwendet. Darüber hinaus versteht die WHO Gesundheit als Grundrecht eines jeden Menschen, ohne Unterschiede in Rasse, Religion, politischer Überzeugung, wirtschaftlicher oder sozialer Stellung. Diese Annahme liegt auch allen Menschenrechtsübereinkommen zugrunde. Im UN-Sozialpakt (Art. 12 (1)) wird ein Höchstmaß an Gesundheit für jeden Menschen als universelles Menschenrecht benannt.
Gesundheit als Menschrecht: in der Praxis nicht für alle!
Aktuelle Daten und Studien belegen immer wieder, dass Menschen mit niedrigem sozioökonomischen Status häufiger und schwerer krank werden, weniger Jahre in guter Gesundheit verbringen, früher sterben und insgesamt ihre Gesundheitspotenziale nicht ausschöpfen können.
Vielfältige Einflussfaktoren bestimmen, wie gesund ein Mensch leben kann: neben Aspekten der persönlichen Lebensführung (z.B. Ernährungs- und Bewegungsgewohnheiten) sind es soziale und gesellschaftliche Rahmenbedingungen (z.B. soziales Umfeld oder Erwerbsstatus), die einen entscheidenden Einfluss auf die individuelle Gesundheit haben. Michael Marmot konnte durch seine Forschung den Blick für diese soziale Determinierung von Gesundheit schärfen. Nicht zuletzt auch seinen Studien (2008, 2010) ist es zu verdanken, dass wir heute wissen, dass Armut einer der größten Risikofaktoren für die Entwicklung vieler Krankheiten ist.
Der durch den Kongress Armut und Gesundheit jährlich wiederholte und mahnende Apell: Armut macht krank! hat in 20 Jahren Kongressgeschichte nicht an Brisanz verloren. Die gleichbleibend hohen Teilnahmezahlen zeigen, dass es nach wie vor wichtig ist, ungleiche Gesundheitschancen in die gesellschaftliche Debatte einzubringen.
Es fehlt uns nicht am nötigen Wissen!
Bereits 1986 wurde definiert, dass „Gesundheit von Menschen in ihrer alltäglichen Umwelt geschaffen und gelebt wird: dort, wo sie spielen, lernen, arbeiten und lieben. Gesundheit entsteht dadurch, dass man sich um sich selbst und für andere sorgt, dass man in die Lage versetzt ist, selbst Entscheidungen zu fällen und Kontrolle über die eigenen Lebensumstände auszuüben sowie dadurch, dass die Gesellschaft, in der man lebt, Bedingungen herstellt, die all ihren Bürgerinnen und Bürgern Gesundheit ermöglichen" (WHO, 1986).
Doch: Was braucht der Mensch für ein gutes und damit auch gesundes Leben? Amartya Sen und Martha Nussbaum haben mit ihrem Konzept der Verwirklichungschancen (capability approach) einen Ansatz vorgelegt, der deutlich macht, dass Menschen über bestimmte Fähigkeiten verfügen müssen, damit sie ihr Leben aktiv selbst gestalten können.
Dieser Ansatz nimmt explizit auch die Gesellschaft in die Pflicht, zur Verbesserung der Lebensumstände beizutragen, um allen Menschen ein Höchstmaß an Verwirklichungschancen zu gewährleisten. Dies ist sinnvoll, denn viele der ausschlaggebenden Determinanten für Gesundheit werden außerhalb des klassischen Gesundheits- und Versorgungssystems erzeugt.
Projekte und Programme der Gesundheitsförderung und Prävention können einem Teil der Auswirkungen sozial bedingter Ungleichheiten in Gesundheitschancen sozialkompensatorisch begegnen. Zum tatsächlichen Abbau bedarf es jedoch eines gesamtgesellschaftlichen Ansatzes (Whole-of-Society-Approach) für gesundheitliche Chancengleichheit.
Es fehlt uns an gesamtgesellschaftlicher Verantwortung!
Der kommende Kongress Armut und Gesundheit stellt die Leitfrage ins Zentrum, wie durch die Umsetzung gesamtgesellschaftlicher Strategien von der internationalen bis auf die kommunale Ebene eine Verbesserung der Gesundheitssituation aller Menschen erreicht werden kann?
Daher möchten wir fragen und mit allen Kongressbeteiligten diskutieren:
1.) Welche Erfahrungen mit politikfeldübergreifenden Konzepten und Ansätzen einer gesundheitsförderlichen Politikentwicklung liegen vor, welche waren erfolgreich und wieso? Welche Erkenntnisse lassen sich aus internationalen Vergleichen ziehen?
2.) Wie kann Wissen (u.a. gesundheitsförderliche Strategien und Methoden) aus dem Bereich Public Health aufbereitet und für andere Politikfelder und Professionen nutzbar gemacht werden? Welche Ansätze und Strategien können aus anderen Zusammenhängen für den Bereich Public Health übersetzt werden?
3.) Wie können Organisationen und Praxisprojekte bei der Auswahl, Konzeption und Umsetzung von qualitätsgesicherten Aktivitäten (im Sinne eines umfassenden Capacity Building) beraten und begleitet werden?
Beteiligen Sie sich!
Call for Papers
Unter www.armut-und-gesundheit.de finden Sie aktuelle Informationen zum Kongress, der am 5. und 6. März 2015 in Berlin stattfinden und sein 20-jähriges Jubiläum begehen wird. Hier können Sie den Call for Papers herunterladen und ausgefüllt zurücksenden, um sich an der Gestaltung des Kongressprogrammes zu beteiligen.
Literaturangaben können bei den Autorinnen erfragt werden.
Satellit 2015
Im Vorfeld des Kongresses Armut und Gesundheit findet am Mittwoch, den 4. März 2015 die Satellitenveranstaltung des Kooperationsverbundes Gesundheitliche Chancengleichheit statt.