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18.12.2020

Nationale Strategie zur Stillförderung entsteht

Stephanie Lücke, Bundeszentrum für Ernährung / Netzwerk Gesund ins Leben

Schlagwörter:Kinder, Kindesentwicklung, Stillen und Stillförderung

Empfehlungen des Forschungsvorhabens Becoming Breastfeeding Friendly (BBF) und deren Umsetzung in der Nationalen Strategie zur Stillförderung

Nationale und internationale Expertinnen und Experten empfehlen, das Stillen als natürliche und bevorzugte Ernährungsform für Säuglinge zu fördern. Es ist Mittel der Primärprävention, weil es gesicherte gesundheitliche Vorteile für Mutter und Kind aufweist, die Mutter-Kind-Beziehung positiv beeinflussen und damit zur Bindungssicherheit beitragen kann. Trotz der bekannten positiven Auswirkungen des Stillens auf Mutter und Kind stagnieren die Stillquoten in Deutschland. Im internationalen Vergleich liegt Deutschland im mittleren Bereich. Vor allem Frauen in belasteten Situationen stillen seltener und kürzer als Vergleichsgruppen. Eine Steigerung der Stillraten bei diesen Gruppen kann zur Erhöhung der gesundheitlichen Chancengleichheit beitragen.

Erstmals systematische Bestandsaufnahme

An dieser Stelle setzte das internationale Forschungsvorhaben Becoming Breastfeeding Friendly (BBF) an. Es wurde in Deutschland von 2017 bis 2019 auf Initiative des Bundesernährungsministeriums (BMEL) vom Netzwerk Gesund ins Leben und der Nationalen Stillkommission gemeinsam mit der Yale School of Public Health durchgeführt.

Eine Kommission aus Expertinnen und Experten aus Politik, Praxis, Wissenschaft und Medien hat Informationen zu allen relevanten Handlungsfeldern recherchiert und die Daten auf der Grundlage von 54 internationalen Bewertungskriterien analysiert. Deutschland ist gemäß der BBF-Analyse derzeit als moderat stillfreundlich zu beschreiben.

Faktenblatt: So wird Deutschland stillfreundlich!

Stärken und Schwächen der aktuellen Stillförderung

Zu den Stärken in Deutschland gehören die Gesetzgebung und Finanzierung wichtiger Maßnahmen der Stillförderung, wie das Mutterschutzgesetz oder das Elterngeld. Allerdings gibt es in Deutschland noch keine übergreifende nationale Kommunikationsstrategie zum Stillen. Es existieren diverse (Einzel-)Aktivitäten, allerdings mit geringer Medienpräsenz und ohne übergeordnete Koordination. Stellenweise berichten Medien polarisierend über das Stillen. Darüber hinaus sind stillrelevante Themen in den Ausbildungscurricula von Ärztinnen und Ärzten sowie einschlägigen Gesundheitsfachberufen teilweise in unzureichendem Ausmaß enthalten. Angebote qualifizierter und engagierter Stillberatung sind vorhanden, erreichen insbesondere belastete Familien allerdings noch nicht im gewünschten Umfang. Auch ein umfassendes Stillmonitoring ist bisher noch nicht etabliert.  

Empfehlungen zur Stillförderung

Auf Basis dieser systematischen Bestandsaufnahme leiteten die BBF-Expertinnen und -Experten acht Empfehlungen zur Stillförderung in Deutschland ab:

  1. Eine nationale Strategie zur Stillförderung in Deutschland entwickeln.
  2. Eine gemeinsame Kommunikationsstrategie für die Stillförderung entwickeln und umsetzen.
  3. Standards evidenzbasierter Stillförderung und -beratung implementieren.
  4. Stillen in Aus-, Fort- und Weiterbildung integrieren und vereinheitlichen.
  5. Durch Vernetzung aller Akteurinnen und Akteure vor Ort einen niedrigschwelligen Zugang zu evidenzbasierter Stillberatung und -unterstützung ermöglichen.
  6. Vereinbarkeit von Stillen und Beruf, Studium sowie Ausbildung fördern und hierzu adressatengerecht informieren.
  7. Regelungen und Praxis zur Vermarktung von Muttermilchersatzprodukten prüfen, dokumentieren und hierzu informieren.
  8. Ein systematisches Stillmonitoring für Deutschland etablieren.

Max Rubner-Institut koordiniert Nationale Strategie zur Stillförderung

Die Entwicklung einer Nationalen Strategie zur Stillförderung in Deutschland bildet das Herzstück der Empfehlungen. Sie umfasst auch alle anderen BBF-Empfehlungen, jetzt Strategiefelder genannt. Das BMEL hat deshalb eine zentrale Koordinierungsstelle für die Nationale Stillstrategie am Institut für Kinderernährung des Max Rubner-Instituts eingerichtet.

In einem partizipativen Prozess wird mit allen relevanten Akteuren die Stillstrategie entwickelt und deren Umsetzung koordiniert. Zu den relevanten Akteuren zählen zum einen Institutionen, Fachgesellschaften, Berufsverbände und Vereine, die einen Bezug zu einem der Strategiefelder haben, zum anderen Einzelpersonen, die aufgrund ihrer Expertise oder Erfahrung für einzelne Themenfelder von Bedeutung sind.

Netzwerk Gesund ins Leben setzt Kommunikation zur Stillförderung um

Für die Kommunikation zur Stillförderung hat das BMEL das Netzwerk Gesund ins Leben beauftragt, diese gemeinsam mit Expertinnen und Experten zu entwickeln und umzusetzen. Ziel ist es, die gesellschaftliche Akzeptanz des Stillens bevölkerungsweit zu steigern und Frauen bei ihrem Wunsch zu stillen bestmöglich zu unterstützen. Dafür wurden zwei beratende Gremien ins Leben gerufen:

  • Die Strategiegruppe berät bei der Entwicklung der Kommunikationsstrategie und begleitet die Umsetzung und Evaluierung.
  • Das Akteursnetzwerk berät bei der Ausgestaltung der Kommunikationsstrategie und der Verbreitung in verschiedene Settings der Lebenswelten von Schwangeren und jungen Familien.

Als eine Maßnahme hat das Netzwerk Gesund ins Leben die langfristige Kommunikationsoffensive „Stillen Willkommen“ gestartet. Verschiedene Aktionen sollen mehr Verständnis für stillende Frauen in der Öffentlichkeit wecken und unterstreichen, dass Stillen normal ist. Vertreterinnen und Vertreter verschiedener Partnerorganisationen unterstützen die Aktion mit ihrem Statement.
Um auf das Thema aufmerksam zu machen, bietet das Netzwerk Gesund ins Leben ergänzend zu der Social-Media-Aktion #stillenwillkommen Postkarten und Poster mit dem Hashtag an. Sie rufen zu Toleranz gegenüber Stillenden auf und können hier kostenfrei zum Auslegen bestellt werden.

Stillen fördert gesundheitliche Chancengleichheit

Alle Maßnahmen tragen dazu bei, Stillen als Mittel der Primärprävention zu fördern. Je besser Frauen in belasteten Situationen erreicht werden, die seltener und kürzer stillen als Vergleichsgruppen, desto stärker tragen die Maßnahmen zur Erhöhung der gesundheitlichen Chancengleichheit bei. Ein effektives Mittel ist dabei die Stillförderung vor Ort. Durch die Vernetzung aller Akteurinnen und Akteure mit Kontakt zu (werdenden) Müttern und ihrem sozialen Umfeld soll frühzeitig ein niedrigschwelliger Zugang zu professioneller Stillberatung und -unterstützung sowie zu Selbsthilfeangeboten ermöglicht werden. Gelingen kann das, indem das Thema Stillen, wie in der Stillstrategie vorgesehen, als Querschnittsthema in bereits vorhandene kommunale und interdisziplinäre Vernetzungsstrukturen des Gesundheitswesens und der Familienunterstützung integriert wird.

Weitere Informationen

Zur Nationalen Stillstrategie:

Zur Kommunikation zur Stillförderung:

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