17.02.2014
Patientenberatung wendet sich an Erwerbslose und Migrant/innen
Elke Anna Eberhard, Unabhängige Patientenberatung Deutschland - UPD gGmbH
Schlagwörter:Erwerbslosigkeit, Gesundheitsversorgung, Migration
Krankheit kann sowohl Ursache als auch Folge von Einschnitten im Leben sein. Migration, Arbeitslosigkeit und soziale Isolation sind dabei schwerwiegende Faktoren. Die Unabhängige Patientenberatung Deutschland (UPD) berät daher gezielt Migrantinnen und Migranten auf Russisch und Türkisch. Zudem richtet sie sich verstärkt an arbeitslose Ratsuchende.
Patient|in zu sein, heißt vielfach nicht nur krank zu sein. Oft bedeutet es auch: große Angst zu haben, wichtige Entscheidungen treffen zu müssen, Autonomie zu verlieren oder in finanzielle Bedrängnis zu geraten. Die Normalität des Alltags ist außer Kraft gesetzt, Lebensgewohnheiten verändern sich und vieles muss neu organisiert werden. Besonders hoch ist die Belastung für Menschen, die arbeitslos und migriert sind, die weder die deutsche Sprache vollständig beherrschen, noch die Abläufe im deutschen Gesundheitssystem verstehen.
Teufelskreis aus Migration, Arbeitslosigkeit und Krankheit
Die ohnehin schwierige Lebenslage der Betroffenen verschärft sich bei Krankheit mitunter weiter. Hält die Erkrankung länger an, kann sie zu einem erheblichen Vermittlungshemmnis auf dem Arbeitsmarkt werden und die Integration in die Gesellschaft zusätzlich erschweren. Ein Teufelskreis für viele: Rund 35 Prozent der Leistungsberechtigten in der Grundsicherung für Arbeitsuchende leiden nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit unter gesundheitlichen Einschränkungen. Menschen in prekären Lebenslagen sind besonders häufig von chronischen Erkrankungen betroffen (z. B. koronare Herzkrankheiten, Diabetes Typ II, Krebserkrankungen, chronische Atemwegserkrankungen).
Finanzielle Sorgen und Ämterodyssee
Zu den gesundheitlichen und beruflichen Sorgen gesellen sich oft finanzielle Probleme. Wird man im Zuge einer Erkrankung arbeitslos oder dauert die Krankheit so lange, dass kein Krankengeld mehr gezahlt wird, droht die „Aussteuerung“. Mit dem Beantragen finanzieller Leistungen, die einem gesetzlich zustehen, ist dann nicht selten eine Odyssee durch verschiedene Ämter verbunden. Denn in der Regel beraten die unterschiedlichen Institutionen wie Kosten- oder Leistungsträger, Behörden und Beratungsstellen nur zum eigenen Aufgabengebiet. Die Ratsuchenden kennen sich jedoch mit diesen Strukturen selten aus und sind auf Informationen angewiesen.
Hoher Informations- und Beratungsbedarf
Menschen, die die deutsche Sprache schlecht verstehen oder deutsch nicht lesen können, sind hier besonders betroffen: 2,3 Millionen Menschen im Alter zwischen 18 und 64 Jahren in Deutschland sind Hochrechnungen zufolge funktionelle Analphabeten. Sie können zwar einzelne Worte lesen, jedoch nicht den Zusammenhang von Sätzen verstehen. Wegweiser und Informationsbroschüren helfen ihnen daher wenig. Entsprechend hoch ist der Informations- und Beratungsbedarf - nicht nur um die richtige Anlaufstelle für die finanzielle Absicherung zu finden, sondern auch um medizinische Empfehlungen zu verstehen, auf Aufforderungen von Ämtern oder Versicherungen reagieren und um sich eine eigene Meinung bilden zu können.
Ziele der UPD
Hier setzt die spezielle Arbeit der UPD an. In der russisch- bzw. türkischsprachlichen Beratung werden Informationen nicht nur übersetzt. Ihr Inhalt wird fachkompetent erklärt und das weitere Vorgehen, soweit möglich, gemeinsam geplant. Für (Langzeit-)Erwerbslose hat die UPD aktuell Projekte an vier ihrer bundesweit 21 Beratungsstandorte ins Leben gerufen. Zentral sind dabei die Fragen: Zu welchen Themen haben speziell erwerbslose Männer und Langezeitarbeitslose Beratungsbedarf? Welche regionalen Netzwerke gibt es, die besonders für erwerbslose Frauen nützlich sind? Wie kann die Zusammenarbeit von Institutionen regional verbessert werden, die bei drohender Aussteuerung aus dem Krankengeld zuständig sind. Ein wichtiges Ziel der Projekte und der UPD generell ist dabei: Die Vernetzung zwischen der UPD und anderen relevanten Institutionen im Gesundheits- und Sozialwesen untereinander auszubauen, um die Zielgruppen besser zu erreichen und effektiver unterstützen zu können.
Mehr zur UPD
Die Unabhängige Patientenberatung Deutschland (UPD) berät seit 2006 Patientinnen und Patienten in gesundheitlichen und gesundheitsrechtlichen Fragen - qualitätsgesichert, kostenfrei, neutral und unabhängig. Hierbei handelt sie im gesetzlichen Auftrag nach § 65 b Sozialgesetzbuch V. Ziel ist es, die Patientenorientierung im Gesundheitswesen zu stärken und Problemlagen im Gesundheitssystem aufzuzeigen. Die UPD berichtet daher einmal jährlich über die Erkenntnisse ihrer Beratungsarbeit an den Beauftragten der Bundesregierung für die Belange der Patientinnen und Patienten. Finanziert wird die UPD durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen, der per Gesetz keinen Einfluss auf den Inhalt oder den Umfang der Beratungstätigkeit nehmen darf. Für die muttersprachliche Beratung in Russisch und Türkisch existiert eine gesonderte Förderung durch den Verband der Privaten Krankenversicherung.
Insgesamt berät die UPD per Gesetz neutral und kostenlos in 21 regionalen Beratungsstellen (Kontaktdaten unter www.upd-online.de), über ihren Arzneimittelberatungsdienst (Tel. 0351.458 50 49) und ein kostenfreies Beratungstelefon in drei Sprachen: neben Deutsch (0800 0 11 77 22) auch auf Türkisch (0800 0 11 77 23) und Russisch (0800 0 11 77 24, Mo und Mi 10-12 Uhr, 15-17 Uhr).
Weitere Informationen zum Projekt:
Elke Anna Eberhard
Koordination zielgruppenspezifischer Projekte
Unabhängige Patientenberatung Deutschland - UPD gGmbH
Littenstraße 10
10179 Berlin
Kontakt per Email
www.upd-online.de
Tel.: 030-2008923-543
Mobil: 0171-7613886
Fax: 030-2008923-50