30.05.2013
Prävention von Kinder- und Familienarmut
Der Braunschweiger Weg
Rainer Schubert, bis August 2023: Stadt Braunschweig
Hartmut Dybowski, Stadt Braunschweig
Schlagwörter:Armut, Netzwerk, Partnerprozess, Präventionsketten, Strukturaufbau
Broschüre "Braunschweig für alle Kinder - Das Kommunale Handlungskonzept Kinderarmut veröffentlicht"
Der Braunschweiger Weg zur Prävention von Kinder und Familienarmut wird in der Broschüre "Braunschweig für alle Kinder - Das Kommunale Handlungskonzept Kinderarmut" (2014) nachgezeichnet. Dieser Prozess ist von Beginn an durch einen partizipativen Umgang und einer systematisierten Zusammenarbeit der Stadt Braunschweig in Bezug auf Kinder- und Familienarmut gekennzeichnet.
Die Broschüre steht Ihnen hier (PDF-Datei) zur Verfügung.
Kinder wissen, was Armut ist
Auf die Frage „Was ist arm?“ antwortete die neun Jahre alte Natalie:
„Wenn man nicht genug zum Anziehen kaufen kann. Wenn man nicht so eine große Familie hat, nur ein oder zwei Personen oder so. Wenn man nicht unter einem Dach lebt. Wenn man nicht genug zum Essen hat. Wenn man keine Arbeitsstelle hat und kein Geld verdienen kann. Wenn man kein warmes Bett hat. Wenn man kein Fahrrad hat oder ein Auto, um mal irgendwo hinzufahren. Wenn man nicht genug Geld hat. Wenn man nicht zur Schule und nicht in den Kindergarten gehen kann. Wenn man nicht genug Licht ins Haus bringen kann. Wenn man keine Stifte hat zum Hausaufgaben machen. Wenn man nicht Einkaufen gehen kann. Wenn man nichts in seiner Freizeit machen kann. Wenn man keinen Fotoapparat hat, für Erinnerungen. Wenn man etwas zur Schule mitbringen muss, ein Buch oder eine Kassette, und man das nicht hat...“
(aus einem Vortrag von Prof. Dr. Margaritha Zander, Hannover 2004)
Eine beeindruckende, präzise, aber auch sehr betroffen machende Antwort eines Mädchens zum kindlichen Erleben von Armut und eine Herausforderung für die Präventionsarbeit von Kinder- und Familienarmut, alle Faktoren zu beachten, die das soziale, emotionale, gesundheitliche und wirtschaftliche Wohlergehen von Kindern bestimmen.
Kinderarmut ist immer auch Familienarmut. Kinderarmut beschränkt massiv ein Aufwachsen im Wohlergehen und erschwert, dass Kinder ihre Potentiale optimal entwickeln und ihre Ressourcen nutzen können. Sie beeinträchtigt die Lebenslagen der Kinder und Jugendlichen nicht nur materiell, sondern auch kulturell, sozial, psychisch und physisch: Kinderarmut ist häufig eng mit schlechteren Zugängen zu Bildung und sprachlicher und kognitiver Entwicklung .mit Einschränkungen notwendiger sozialer Kontakte und mangelnden Chancen, soziale Kompetenzen zu entwickeln, und mit der Gefährdung von Gesundheit, körperlicher Entwicklung und seelischer Unversehrtheit verknüpft.
Wachsen Kinder mit nur einem Elternteil, in Familien mit Migrationshintergrund oder in kinderreichen Familien auf, sind sie überdurchschnittlich oft von Armut betroffen. Dies verschlechtert die Startchancen der Kinder und beeinträchtigt ihre gesellschaftliche Teilhabe.
Die Stadt Braunschweig gehört zu den Kommunen, die die Prävention von Armutsfolgen bei Kindern systematisch angehen. Betroffen sind etwa 25 Prozent bzw. 10.000 Kinder und Jugendliche unter 19 Jahren mit sehr unterschiedlicher Verteilung in den Stadtteilen Braunschweigs (zwischen 3 % und 60 %). Damit steht die Stadt - zusammen mit vielen Akteuren - vor der Herausforderung, fördernde Strukturen für alle Kinder und passgenaue Angebote zur Vermeidung von Armutsfolgen ab frühester Kindheit zu entwickeln.
Gemeinsame Initiative
Die Initialzündung zu dieser Entwicklung geht auf das Jahr 2007 zurück, als die Braunschweiger Zeitung einen vermeintlichen Skandal unter der Überschrift „Mädchen und Jungen hoffen auf die Essenreste ihrer Mitschüler“ am Schulzentrum Volkmarode aufgriff. Im unmittelbaren Nachgang wird im Sozial- und Gesundheitsdezernat eine interne Arbeitsgruppe eingesetzt. Wie sich zeigt, bedrückt die Problematik der Kinder- und Familienarmut viele deutsche Großstädte. Nach einer intensiven Analyse zur Situation von Kindern und Jugendlichen in den einzelnen Stadtteilen, lädt der Sozialdezernent alle sozialen Akteure und die Fachabteilungen der Verwaltung zu einem Hearing ein, in dessen Folge das Präventionsnetzwerk zur „Prävention von Kinder- und Familienarmut und Linderung der Folgen“ gegründet wird.
Danach stehen drei Prioritäten auf der Agenda:
- jedes Kind in der Ganztagschule soll essen können, ggf. mit Zuschuss zum Schulessen,
- jedes Kind soll lernen können, ggf. mit Zuschuss zum Schulmaterial,
- Schulsozialarbeit soll Schülerinnen und Schüler, Eltern und Schulen unterstützen.
Eine Mischfinanzierung durch städtische Mittel, Stiftungen und Sponsoring sollte die rasche und vor allem unbürokratische Unterstützung dieser Vorhaben gewährleisten. Das Expertengremium sollte unter Beteiligung von Verbänden, Initiativen, Kirchen und religiösen Gemeinden aller Glaubensrichtungen, dem örtlichen JobCenter, Gremien wie Stadtelternrat, Schule bzw. Kita, Stadtteilkonferenz, Jugendring, Verwaltung sowie von Betroffenen und unter Moderation der Stadt Braunschweig die weitere Entwicklung begleiten.
Struktur des Netzwerks
Inzwischen hat das Präventionsnetzwerk ca. 40 Mitglieder und ist offen für weitere Akteure. Vertreter/innen der politischen Parteien werden regelmäßig informiert, haben aber keinen unmittelbaren Zugang zu dem Netzwerk. Als Arbeitsgremium des Netzwerkes fungiert der „Beirat gegen Kinder- und Familienarmut“, der mit 14 Vertreterinnen und Vertretern von Schulen, Verbänden und Initiativen, Kirchen und Glaubensgemeinschaften sowie der Stadt besetzt ist. Die Geschäftsführung liegt im Sozialreferat im Bereich der Gesundheitsplanung.
Das erste Jahr stand ganz im Zeichen der operativen Aufgabenumsetzung:
- 100,- € für jedes Kind am Schuljahresanfang für Schulmaterialien entsprechend der Einkaufsliste des/der jeweiligen Klassenlehrers/-in. Das bedeutete intensive Kommunikation mit allen Schulen und mit allen Eltern in sieben verschiedenen Sprachen, damit alle bedürftigen Eltern zum Zeitpunkt X zur Abholung in die Schulen kommen konnten: Ein hochorganisatorischer Aufwand, der in der Phase der Verteilung zusammen mit vielen Freiwilligen der Bürgerstiftung realisiert werden konnte. Mittlerweile ist diese Aufgabe Teil des gesetzlich zur Verfügung gestellten Bildungs- und Teilhabepakets (BuT) und geht als Geldleistung an bedürftige Familien mit Schulkindern. Dabei kann das "Bildungsgeld" am Anfang des Schuljahres und zum Halbjahreswechsel automatisch ausbezahlt werden, alle weiteren Leistungen müssen durch die Eltern beantragt werden. Das BuT wird in Braunschweig aufgrund großer Unterstützung durch Beratungsstellen, Schulen und die Politik mit einer Antragsquote von über 60 Prozent erfolgreich umgesetzt.
- Damit tatsächlich jedes Kind in einer Ganztagsschule eine warme Mahlzeit zu sich nehmen kann, auch wenn die Eltern den entsprechenden Beitrag nicht aufbringen können, musste eine unkomplizierte, bezahlbare und gleichzeitig effektive Lösung gefunden werden. Sie bestand darin, dass jede Ganztagsschule das entstehende Defizit dem Sozialreferat als Geschäftsführung des Beirats mit nachvollziehbaren Mengenangaben halbjährlich melden konnte und umgehend aus dem Braunschweiger Fonds für Kinder und Jugendliche die nötige finanzielle Deckung erhielt.
- Die Unterstützung von Kindern in Ganztagsgrundschulen durch Schulsozialarbeit lief mit ideeller Begleitung des Netzwerks in primärer Zusammenarbeit zwischen Fachbereich 51 (Kinder, Jugend und Familie), Diakonie und durch die - von Stiftungen gemeinsame getragene - Finanzierung von drei halben Sozialarbeiterstellen.
Zu den Aufgaben des Beirats gehört auch die Gründung eines „Schulkostenfonds“ zur unkomplizierten, effektiven Realisierung dieser finanziellen Herausforderungen.
Armin Kraft, Propst i.R., vom Oberbürgermeister Dr. Hoffmann offiziell für die Spendenakquise beauftragt, konnte bisher weit über eine Million Euro einsammeln, die vorerst in den Bereichen Schulmaterial und Förderung des Schulessens in Ganztagsschulen investiert werden. Die eingehenden Spenden sind viele Kleinbeträge, aber auch Sammelspenden, etwa bei Geburtstagen oder Hochzeiten, sowie einzelne sehr große Beträge.
Die Mittelvergabe erfolgt in enger Abstimmung mit dem Beirat über das Sozialreferat in bester Zusammenarbeit mit Fachbereich 40 (Schule) und der Stadtkasse.
Parallel und ohne die operative Ebene der ganz konkreten Hilfen aus dem Auge zu verlieren, wurde vom Beirat das Fundament der Arbeit für die Verbesserung der strukturellen Hilfsangebote weiterentwickelt.
Leitlinien und Handlungsempfehlungen
Anfang 2010 beschließt das Präventionsnetzwerk, die Zusammenarbeit zu systematisieren und über eine langfristige partizipative Planungsstrategie, eine breite Öffentlichkeit und alle gesellschaftlich bedeutsamen Institutionen in den Aufbau einer präventiven Infrastruktur einzubeziehen. Der Beirat erhält den Auftrag, Leitlinien zur Prävention von Kinder- und Familienarmut zu erarbeiten und dem größeren Gremium zur Abstimmung vorzulegen, um damit eine verbindliche Basis für die Zusammenarbeit zu schaffen. Nach intensiver Sichtung und Analyse werden in dem nächsten ¾ Jahr die Braunschweiger Leitlinien zur Armutsprävention entworfen. Die in neun Kernsätzen unter der Überschrift „Jedes Kind ist herzlich willkommen, jedes Kind ist wichtig!“ zusammengefassten Forderungen, sollen zukünftig als fachlich ausgewiesene Grundlage zur Entwicklung von Förderschwerpunkten staatlicher, kommunaler, privater oder stiftungsgebundener Zuwendungen dienen.
Leitlinien zur Bekämpfung der Kinder- und Familienarmut und Linderung der Folgen
- Mütter und Väter erhalten bei Bedarf Unterstützung und Hilfe bei der Erziehung ihrer Kinder
- Jedes Kind hat ein Recht auf Sicherung seiner materiellen Lebensgrundlage
- Jedes Kind hat ein Recht auf Sicherung seiner Grundbedürfnisse nach Gesundheit, Bewegung, Ernährung, Sicherheit und Geborgenheit
- Jedem Kind ist gesellschaftliche und soziale Teilhabe zu ermöglichen
- Jedem Kind einen erfolgreichen Bildungsweg sichern von Anfang an
- Jeder Mutter und jedem Vater ist eine existenzsichernde Erwerbstätigkeit zu ermöglichen
- Jugendliche aktiv ins Erwerbsleben begleiten
- Kinder, Jugendliche und deren Eltern sind zu begleiten
- Das Netzwerk zur Prävention von Kinder- und Familienarmut und zur Linderung der Folgen ist zu intensivieren und weiterzuentwickeln
Jede Bürgerin und jeder Bürger ist für die Kinder und Jugendlichen in Braunschweig und bei der Umsetzung der genannten Leitlinien mit verantwortlich. Alle Kinder brauchen neben den Eltern UnterstützerInnen, um sich optimal zu entwickeln zu können.
Die Leitlinien werden am Nikolaustag 2010 nach konstruktivem Diskurs und redaktioneller Feinarbeit öffentlichkeitswirksam, zusammen mit den Unterschriften aller politischer Parteien, Sozialverbänden, Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbänden, Elternvertretungen, Stiftungen, Glaubensrichtungen und Privatpersonen, der Stadt und ihrem Oberbürgermeister übergeben und umgehend in den Ratsgremien und Ausschüssen der Stadt behandelt. Parallel werden die Leitlinien von der Braunschweiger Zeitung mit neun Reportagen zu den neun Leitlinien und unter Einbeziehung aller Akteure der Öffentlichkeit vorgestellt. Ein großer Erfolg und handfeste Grundlage, doch Papier ist geduldig und führt nicht zwingend zur Überprüfung bisheriger Praxis und ggf. veränderten Angeboten. Deshalb kommt aus dem Jugendhilfeausschuss schon im Frühjahr 2011 der Auftrag, kommunale Handlungsempfehlungen zur Armutsprävention zu entwickeln. Ein Ratsbeschluss gibt den Startschuss.
Wieder geht der Auftrag an den Beirat, der sich, begleitet von hohen Erwartungen der Presse und der Öffentlichkeit, intensiv mit der Erstellung von Handlungsempfehlungen auf der Grundlage der Leitlinien auseinandersetzt. Er stellt sich die Aufgabe, jeweils aus der Sicht von Betroffenen grundlegende emotionale, gesundheitliche, soziale und Teilhabebedürfnisse altersspezifisch zu analysieren. Gleichzeitig geht es darum, bestehende unterschiedlichste Angebote des umfangreichen Bildungs-, Hilfe-, Unterstützungs- und Gesundheitssystems zu erfassen sowie die bestehenden Lücken und Defizite in der Versorgung zu identifizieren, um adäquate Empfehlungen zur Prävention der Folgen von Kinder- und Familienarmut für jede Altersstufe geben zu können. Externe Unterstützung erhält der Beirat durch Dr. Antje Richter-Kornweitz von der niedersächsischen Koordinierungsstelle Gesundheitliche Chancengleichheit.
Handlungsempfehlungen gegen Kinder- und Familienarmut
Braunschweig für alle Kinder
- lückenlos
- chancengerecht
- diskriminierungsfrei
- Hand in Hand - Unterstützung von Anfang an
Die „Handlungsempfehlungen gegen Kinder- und Familienarmut“ (Stadt Braunschweig, 2011) berücksichtigen das bestehende Unterstützungsangebot und formulieren darüber hinausgehend Qualitätskriterien zur Beurteilung dieser Angebote. Beirat und Präventionsnetzwerk sprechen sich darin für den Aufbau einer sogenannten „Präventionskette“ aus, die durch eine lebensphasenorientierte Unterstützungsstruktur gekennzeichnet ist, an der sich alle verantwortlichen öffentlichen und gesellschaftlichen Akteure beteiligen.
Die Empfehlungen zielen auf die bessere Verzahnung der Angebote in den Übergängen, fokussieren die Lebenswelten und die wohnortnahe Bereitstellung von Unterstützungsangeboten. Sie betonen die Priorität von Partizipation und Empowerment und die Notwendigkeit von Chancengleichheit, die nur dann gewährleistet werden kann, wenn die Angebote niedrigschwellig zugänglich und erschwinglich sind, nicht diskriminieren, sich an den Bedürfnissen von Betroffenen ausrichten, bereits in Planung und Durchführung Betroffene beteiligen und - nicht zuletzt - ausreichend sowie dauerhaft zur Verfügung stehen.
Die Durchsetzung des Vorhabens wollen der Beirat und das Präventionsnetzwerk in Braunschweig nicht sich selbst überlassen. Die Auswahl der ersten Bausteine orientiert sich daher am Beginn einer Präventionskette und umfasst folgende Maßnahmen:
- Schaffung einer Koordinationsstelle
- Begrüßungsbrief des Oberbürgermeisters; Besuch bei neugeborenen Kindern durch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Fachbereichs Kinder, Jugend und Familie
- Umwandlung von Kitas zu Familienzentren in Stadtteilen mit hohem Bedarf
- Aufbau und Weiterentwicklung von Schulsozialarbeit an Grundschulen mit hohem Unterstützungsbedarf; Schaffung von verlässlichen vollen Schulsozialarbeiterstellen.
Anfang 2012 beschließt der Rat der Stadt Braunschweig nach offener Diskussion, die Verwaltung möge die Handlungsempfehlungen prüfen, bewerten und ein kommunales Handlungskonzept zur Abstimmung im Rat vorlegen.
Aufgabenverteilung
Damit ist die Aufgabe der Stadtverwaltung klar skizziert: Alle involvierten Fachbereiche (FB 40, FB 50 [Gesundheit und Soziales] und primär FB 51) unterziehen die Handlungsempfehlungen unter Federführung des Sozialreferats einer bewertenden Prüfung und entwickeln Umsetzungsvorschläge zur sukzessiven Einführung entlang der oben benannten Prioritäten und den Kriterien zur Chancengerechtigkeit. Resultat ist das Handlungskonzept der Verwaltung zur Prävention von Kinder- und Familienarmut.
Benannt sind auch die künftigen Aufgaben des Beirats. Er wird den gesamten Prozess der Umsetzung gemeinsam mit dem Braunschweiger Präventionsnetzwerk begleiten und dabei mit der kommunalen Verwaltung, den Stiftungen und der Politik zusammenarbeiten. Im Gespräch sind außerdem die Entwicklung eines Monitoring-Verfahrens und die Entwicklung von neuen Vergabekriterien für den „Braunschweiger Fonds für alle Kinder“.
Alle anderen beteiligten Akteure sind ebenfalls aufgefordert, die Entwicklung zu prüfen, zu bewerten und die Umsetzung entlang der genannten Prioritäten mitzugestalten.
Zwischenbilanz und Erfolgsfaktoren
Was lässt sich am Braunschweiger Beispiel demonstrieren? Zunächst einmal zeigt sich, dass ein koordiniertes Vorgehen gegen Kinder- und Familienarmut möglich ist. Das gemeinsame Handeln von Verwaltung und freien Trägern, Verbänden und Initiativen, Glaubensrichtungen etc. sorgt fast durchgängig für öffentliche Aufmerksamkeit.
Zusätzliche Dynamik erhält diese Vorgehensweise durch die Aufhebung der Tabuisierung von Kinderarmut und eine regelmäßige Berichterstattung mit mehreren Reportagen der Braunschweiger Zeitung. Auch zeigte sich, dass Erfolg weitere Mitstreiter anzieht.
Mit der Einführung des BuT haben sich auch die Aufgaben des Braunschweiger Fonds für Kinder- und Jugendliche verändert. Deutlich weniger Geld muss z.B. für die Mittagessensversorgung aufgewendet werden. Es zeigt sich auch, dass trotz bester Organisation durch den FB 50 ein kompliziertes Gesetz nicht alle Eltern erreichen kann. Schulen und Kindertagesstätten werden deshalb durch ein kleines Budget unterstützt, das bedürftige Kinder und Familien z.B. bei kostenerzeugenden Bildungsexkursionen entlastet. Effizient und zielführend wird dadurch soziale und kulturelle Teilhabe von bedürftigen Kindern und Jugendlichen unterstützt. Dazu tragen viele Privatpersonen und Firmen durch ihre Spenden bei.
Zu den Erfolgsfaktoren, die den Zusammenhalt in solch einem Präventionsnetzwerk fördern, gehören Engagement an vielen Stellen, Transparenz und umfassende Information, Wertschätzung und Verständnis, Geduld und ständige Abstimmung inklusive der Rücksichtnahme auf Partnerinstitutionen und die dort vorgeschalteten internen Abstimmungsprozesse.
Wie sich seit der Mitarbeit im bundesweiten Netzwerk kommunaler Partnerprozess "Gesund aufwachsen für alle!" (2011) zeigt, steht Braunschweig mit diesen Herausforderungen keineswegs allein. Braunschweig steht seitdem im regen Austausch mit anderen Kommunen, erhält selbst Unterstützung, fachliche Expertise und Wertschätzung für den bisherigen Weg. Der Partnerprozess bietet eine wichtige Diskussionsplattform für Anregungen für zukünftige und zukunftsweisende Weichenstellungen.
Vorübergehender Stillstand oder Sackgassen konnten überwunden werden, indem von Fall zu Fall eine externe Moderation (durch die Agentur "Neues Handeln" oder durch Frau Dr. Richter-Kornweitz) hinzugezogen wurde. Durch die Offenheit gegenüber Sponsoring und der Akquise von finanziellen Mitteln aus privater Hand ergaben sich neue Impulse. insbesondere wenn Projekte umgesetzt werden konnten, für die öffentliche Mittel nicht ausreichend zur Verfügung standen und dennoch ein Motivationsschub erforderlich war.
Die Meilensteine im Überblick
Wie geht es weiter?
Parallel zur Entwicklung der Handlungsempfehlungen und dem systematischen Aufbau von Präventionsketten im Beirat, wird bundesweit das neue Kinderschutzgesetz beschlossen mit weitreichenden Präventionsmaßnahmen zu den „Frühen Hilfen“. Beispielweise sind Begrüßungsbesuche für alle Familien Neugeborener (ca. 2.200 Neugeborene pro Jahr) vorgesehen, um Eltern und ihre Kinder von Anfang an in dieser Stadt willkommen zu heißen und ggf. mit den Unterstützungsmöglichkeiten vertraut zu machen. Eine Herkulesaufgabe für den Fachbereich 51Kinder, Jugend und Familie, die die Stadt verpflichtet, die notwendigen Ressourcen zur Verfügung zu stellen und ganz im Sinne der Handlungsempfehlungen ist.
Um die skizzierten Aufgaben mit dem Beirat und dem Präventionsnetzwerk entlang der Präventionskette umsetzen zu können, wurde vom Rat die Einrichtung der Stelle "Koordination Kinderarmut" beschlossen, sie wird voraussichtlich im August 2013 ihre Arbeit aufnehmen.
Zu den Aufgaben gehören
- Koordination der Umsetzung des Kommunalen Handlungskonzepts, Entwicklung eines Monitorings
- Beratung und Unterstützung von Akteuren
- Entwicklung von Konzepten für Netzwerkbildung und Gestaltung von Übergängen zwischen den einzelnen Bestandteilen der Präventionskette
- Geschäftsführung des Präventionsnetzwerks und des Beirats
- Geschäftsführung des Braunschweiger Fonds für Kinder und Jugendliche
Trotz vieler Erfolge in Form tragfähiger Strukturen, eines Fonds zur Unterstützung von Kitas, Schulen, Projekten und Einzelfällen, der Zusammenarbeit mit Stiftungen zum Aufbau von Hilfsdatenbanken sowie der Integration von Ganztagsgrundschulen in den Stadtteil, stehen wir wie viele andere Kommunen auch vor der Aufgabe der Verstetigung bisheriger Maßnahmen und des weiteren Ausbaus der Präventionskette. Gebraucht werden tragfähige, chancengerechte Strukturen und eine gezielte und systematische Vernetzung von Anfang an.
Materialien
- Der Artikel als PDF-Version (PDF-Datei, 540kB)
- Braunschweiger Meilensteine von 2007 bis 2013 als PDF-Version und als PowerPoint-Präsentation (PDF-Datei, 1,06 MB) (PPT-Datei, 4,07 MB)
- Rainer Schubert: Vortrag "Zur Notwenigkeit einer systematischen Zusammenarbeit" (PDF-Datei, 590kB) anlässlich der Satellitenveranstaltung „Gesund aufwachsen für alle!“ zum 17. Kongress Armut und Gesundheit am 8. März 2013 in Berlin
- Zeitungsartikel zu den Handlungsempfehlungen und zum Braunschweiger Fonds:
- BZ Handlungsempfehlungen 03.01.2013 (PDF-Datei, 95kB)
- BZ Handlungsempfehlungen 28.12.2012 (PDF-Datei, 265kB)
- BZ Handlungsempfehlungen 18.12.2012 (PDF-Datei, 210kB)
- BZ Handlungsempfehlungen 05.12.2012 (PDF-Datei, 230kB)
- BZ zum Braunschweiger Fonds 03.07.2012 (PDF-Datei, 232kB)