21.09.2016
Projektstart "Präventionsketten in Niedersachsen - Gesund aufwachsen für alle Kinder!"
Antje Richter-Kornweitz, ehem. Landesvereinigung für Gesundheit und Akademie für Sozialmedizin Niedersachsen Bremen e.V.
Stephanie Schluck, Landesvereinigung für Gesundheit und Akademie für Sozialmedizin e.V.
Schlagwörter:Lebenslaufperspektive, Lebenswelten, Netzwerk, Partnerprozess, Präventionsketten
In Niedersachsen wächst mehr als jedes sechste Kind zwischen 0 und 10 Jahren (17,8 %) im SGB II-Bezug auf. Die Einkommenslage ihrer Familien bestimmt ihre Gesundheits- und Bildungschancen, ihre Chancen auf soziokulturelle Teilhabe, Unterstützung und Förderung. Ein gesundes Aufwachsen auch und gerade für jene Kinder zu fördern, die schwierige, benachteiligende Lebensbedingungen zu bewältigen haben, ist Ziel des kürzlich gestarteten Vorhabens „Präventionsketten in Niedersachsen - Gesund aufwachsen für alle Kinder!“, der Landesvereinigung für Gesundheit und Akademie für Sozialmedizin Niedersachsen e. V. (LVG & AFS).
Präventionsketten sollen Aufwachsen im Wohlergehen fördern
Integrierte kommunale Konzepte zur Gesundheitsförderung und Prävention oder auch -kurzgefasst und plakativ- „Präventionsketten“ bieten Antworten auf die Frage, wie ein Aufwachsen im Wohlergehen für alle Kinder unabhängig von ihrer sozialen Herkunft gelingen kann. Sie zielen auf die Zusammenführung von kommunalen Aktivitäten für Heranwachsende und ihre Familien über die verschiedenen Altersgruppen und Lebensphasen hinweg. Präventionsketten umfassen Angebote, Maßnahmen sowie Netzwerke zur Förderung, Unterstützung, Beratung, Bildung, Betreuung, Partizipation und zum Kinderschutz.
Kindern, Jugendlichen und Familien aller Bevölkerungsgruppen - vor allem aber jenen, die schwierige oder benachteiligende Lebensbedingungen zu bewältigen haben - soll ein einfacher Zugang zu den Angeboten von öffentlicher Seite und von freien Trägern ermöglicht werden. Ziel ist, umfassende Lebens- und Teilhabechancen zu eröffnen und individuelle, familiäre und soziale Ressourcen zu stärken. Aufbauend auf einer Bedarfs- und Bedürfnisanalyse sollen Ressourcen genutzt und Versorgungslücken identifiziert und geschlossen werden.
Präventionsketten sind auf Strukturbildung in Kommunen ausgerichtet. Sie verfolgen einen intersektoralen und interprofessionellen Ansatz, führen Akteure, Angebote und Aktivitäten aus unterschiedlichen Handlungsfeldern, Ebenen und Ressorts zusammen und bündeln diese. Über den kontinuierlichen, übergreifenden Austausch der Akteure wird zwischen den verschiedenen fachlichen und institutionellen Orientierungen, gesetzlichen Grundlagen und der jeweils zugehörigen Denk- und Handlungslogik vermittelt.
Merkmale einer Präventionskette sind die Lebenslauforientierung und die Orientierung an Praxisfeldern entlang des Lebensverlaufs von Kindern, Jugendlichen und ihren Familien. Aus dem jeweiligen Feld werden alle Akteure und Institutionen einbezogen, die zu einem Aufwachsen im Wohlergehen beitragen können. Ein Fokus liegt dabei auf der Sicherung der Übergänge zwischen Angeboten, Institutionen und Settings.
Ein weiteres wesentliches Merkmal dieses Strukturansatzes ist die Kindzentriertheit. Gemeint ist, nicht in Zuständigkeiten oder aus einer Angebots- bzw. Trägerperspektive heraus, sondern „vom Kind her“ zu denken. Dies beinhaltet, die Bedürfnisse von Kindern je nach Lebenslage und Lebensphase zu beachten, orientiert an der Frage „Was braucht das Kind?“. In engem Zusammenhang dazu stehen umfassende partizipative Orientierung und explizite Lebensweltorientierung bei der Sichtung und Entwicklung von Angeboten.
„Präventionsketten in Niedersachsen - Gesund aufwachsen für alle Kinder!“
Durch das kürzlich gestartete Vorhaben „Präventionsketten in Niedersachsen - Gesund aufwachsen für alle Kinder!“ soll der Auf- und Ausbau von integrierten kommunalen Strategien zur Gesundheitsförderung und Prävention („Präventionsketten“) in bis zu 38 niedersächsischen Kommunen gefördert werden. Auf der Auftaktveranstaltung, die am 25. August 2016 in Hannover stattfand, wurden die Projektbedingungen bei hohem Interesse der Fachöffentlichkeit vorgestellt.
Interessierte Kommunen können sich im Jahr 2016 über ein zweistufiges Verfahren bewerben und in Fragen der Antragstellung durch die Landeskoordinierungsstelle „Präventionsketten in Niedersachsen - Gesund aufwachsen für alle Kinder!“ beraten lassen. Bis zu zehn Kommunen können dann bereits zu Jahresbeginn 2017 starten.
In den drei Folgejahren können pro Jahr jeweils bis zu zehn weitere Kommunen im Rahmen des Projektes Unterstützung in Form von finanzieller Förderung sowie intensiver Beratung und Prozessbegleitung erfahren. Das Vorhaben hat eine Gesamtlaufzeit von sechseinhalb Jahren und endet am 31. Dezember 2022.
Ziel des niedersächsischen Vorhabens ist, die umfassende Teilhabe von Kindern bis zum Alter von zehn Jahren - unabhängig von ihrer sozialen Herkunft - an den Angeboten und Maßnahmen öffentlicher Institutionen und freier Träger und Initiativen zu fördern und ihr Aufwachsen im Wohlbefinden zu unterstützen. Im Mittelpunkt stehen dabei insbesondere die Altersgruppen ab dem Übergang in die Kindertagesbetreuung bis zum Ende der Grundschulzeit.
Das Vorhaben wird von der LVG & AFS und der dort angesiedelten Landeskoordinierungsstelle „Präventionsketten in Niedersachsen - Gesund aufwachsen für alle Kinder!“ durchgeführt. Es wird durch die Auridis gGmbH gefördert und steht unter der Schirmherrschaft der Niedersächsischen Ministerin für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung.
Antragsberechtigt sind die Jugendämter, Gesundheitsämter sowie andere Stellen der niedersächsischen Landkreise und kreisfreien Städte nach vorheriger Absprache. Die beteiligten Kommunen erhalten eine finanzielle Unterstützung, die die anteilige Förderung einer Personalstelle für die Koordination der Präventionskette umfasst, die auf der Planungs-/Steuerungsebene der zuständigen Stelle angesiedelt ist. In geringem Umfang beinhaltet dies auch Kosten für Personal oder Honorarkräfte beispielsweise für Moderations- bzw. Beratungsleistungen oder Vortragstätigkeiten bei Fortbildungen, Fachveranstaltungen beziehungsweise Arbeitsgruppentreffen im Rahmen dieser Koordinierungstätigkeit.
Über die gesamte Laufzeit erhalten die beteiligten Kommunen durch die Landeskoordinierungsstelle „Präventionsketten in Niedersachsen - Gesund aufwachsen für alle Kinder!“ eine umfassende Beratung und Begleitung in Fragen, die den Aufbau von Präventionsketten betreffen. Außerdem werden Möglichkeiten zur intensiven Weiterbildung, zum interkommunalen Austausch und zur landesweiten Vernetzung der beteiligten Kommunen geboten.
Es erfolgt zudem ein kommunales projektbezogenes Monitoring durch lokale Akteure und die LVG & AfS entlang der vor Ort entwickelten Wirkungsmodelle. Deren Ergebnisse werden zur Entwicklung eines übergeordneten Wirkungsmodells und für die Evaluation des gesamten Vorhabens verwendet. Die laufenden Prozesse des Auf- und Ausbaus von Präventionsketten sollen so dokumentiert und transparent auf allen Ebenen dargestellt werden.
Links
- Projektbeschreibung und Ausschreibungsunterlagen
- blank">Projektskizze
- Arbeitshilfe Werkbuch Präventionskette
- Leitbegriff für Gesundheitsförderung "Präventionskette/Integrierte kommunale Gesundheitsstrategie"