26.11.2013
SAGLIK: Sozialraumorientierte Gesundheitsförderung älterer türkischer Frauen und Männer in Hamburg
Joachim Westenhöfer, Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg
Schlagwörter:Bewegungsförderung, Ernährung, Migration, Teilhabe, Ältere
Das Sağlık Projekt
Sağlık ist das türkische Wort für Gesundheit / Wollbefinden
Das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte Projekt SAGLIK (Laufzeit: 01.05.2010 - 31.12.2013, Förderkennzeichen 17SO1X10) befasst sich mit der Gesundheitsförderung von älteren türkischen Migrant/innen. Zielgruppe sind ältere Frauen und Männer über 60 Jahre ohne Pflegestufe, die in den Hamburger Stadtteilen Billstedt, Wilhelmsburg, Altona-Altstadt und Altona-Nord leben. Speziell für diesen Adressatenkreis wurden gesundheitsförderliche Angebote mit den Schwerpunkten ‚gesunde Ernährung‘, ‚Bewegung‘ und ‚soziale Teilhabe‘ entwickelt und umgesetzt.
Die Ziele des Projektes sind zum einen die Inanspruchnahme von Angeboten der Gesundheitsförderung im Sinne der sozialen Teilhabe, zum anderen die Verbesserung der Lebensqualität und die Erhaltung der Ressourcen im Alter. Um Nachhaltigkeit zu ermöglichen und ältere Frauen und Männer zu gesundheitsförderndem Verhalten befähigen und aktivieren zu können, werden primäre und sekundäre Netzwerke mit der Unterstützung von Schlüsselpersonen (Gesundheitsmediator/innen, Kooperationspartner/innen, Einrichtungen) anvisiert, genutzt und mit gesundheitsförderlichen Aspekten angereichert.
Das Projekt untergliedert sich in vier zentrale Arbeitsbereiche (AB): Aufbauend auf einer Bestandsanalyse (AB1) und einer regionalen Ressourcenanalyse (AB2) werden Interventionen erarbeitet und umgesetzt (AB3). Die hieraus gewonnenen Erkenntnisse und Evaluationsergebnisse (AB4) spiegeln sich in verschiedenen Transfermöglichkeiten wider.
Die Interventionen
Die zehnwöchigen Interventionen, die im September 2012 begonnen haben, bauen auf den ersten beiden Arbeitsbereichen (Bestandsanalyse, regionale Ressourcenanalyse) auf und orientieren sich an einem sozialraumorientierten Ansatz. Hinsichtlich einer konkreten Umsetzung wurden die Angebote in Zusammenarbeit mit kooperierenden Einrichtungen in türkischer und deutscher Sprache durchgeführt und in bestehende Gruppen eingebunden. Dabei hat es sich als erfolgreich erwiesen, die gesundheitsorientierten Angebote an stadtteil- oder seniorenorientierte türkische bzw. multikulturelle Einrichtungen anzubinden. Ein derartiges Vorgehen entspricht einem niedrigschwelligen Zugang zur Zielgruppe im jeweils bekannten und wohnortnahen Setting.
Neben einer theoretischer Vermittlung der Themen Ernährung und Bewegung stehen praktische Aufgaben und Übungen, wie zum Beispiel das Verkosten von Lebensmitteln, Genussübungen, das Herstellen von Milch-Shakes, das Erraten von Fettgehalt und Qualität von Fisch und Fleisch sowie die Berechnung des BMI, im Mittelpunt des Kursangebotes. Bewegungen im Sitzen und im Stehen und der Einsatz von Thera-Bändern sollen z.B. die Bewegungs- und Gehfähigkeit (Gleichgewicht) erhalten, die Muskulatur kräftigen sowie die Ausdauer trainieren.
Die Verstetigung bzw. Nachhaltigkeit
Die Frage nach der Nachhaltigkeit bzw. der Verstetigung ist für Vorhaben wie das SAGLIK-Projekt nicht unproblematisch, da mit dem Ende der Projektlaufzeit ein Akteur im Zusammenspiel der Kooperationspartner nicht mehr existent ist. Davon ausgehend sind also Vorsorgeleistungen notwendig, die die erarbeitete Netzwerkausrichtung und -konstellation weiter am Leben hält und im Idealfall noch erweitert. Konkret geht es um die weitere Forcierung der ‚Gesundheitsförderung von älteren türkischen Migrant/innen‘ auf der Ebene der tertiären Netzwerke und des Transports der Thematik inklusive der Gesundheitskurse bis in die primären bzw. sekundären Netzwerke hinein.
Zentral für die Ermöglichung der Nachhaltigkeit des SAGLIK-Projektes sind die kooperierenden Akteure in regionalen (z.B. Bezirksamt Altona) und überregionalen Netzwerken (z.B. „Hamburgische Arbeitsgemeinschaft für Gesundheitsförderung e.V.“ (HAG). Die ebenfalls kooperierende Organisation MiMi e.V. (Mit Migranten für Migranten e.V.) spielt für den Zugang zu primären bzw. sekundären Netzwerken eine besondere Schlüsselrolle, da dort türkische Muttersprachler/innen für die Gesundheitskurse als Kursleiter/innen rekrutiert wurden und diese Multiplikator/innen die ersten Kurse aktiv begleitet haben. Das auf diesem Wege aufgebaute Wissen und die Erfahrungen in der praktischen Umsetzung können somit innerhalb der Aktivitäten von MiMi e.V weiter angewendet und auf andere Stadtteile und Zielgruppen ausgeweitet werden.
Die im Projektverlauf verwendeten, entwickelten und ins Türkische übersetzten Kursmaterialien (u.a. ein Ernährungsprotokoll und ein Interventionshandbuch) stehen nach dem Projekt für weitere Anwendungen zur Verfügung. Eine weitere Ebene des Transfers ist die Überführung der Ergebnisse der regionalen Ressourcenanalyse in eine Datenbank, die eine stadtteilspezifische Suche von gesundheitsförderlichen Angeboten erleichtern soll. Den bezirklichen Gesundheitsverwaltungen sowie deren Einbindung in das Gesundheitsförderungsnetzwerk HAG kommt dabei die Rolle zu, Anbindungsmöglichkeiten für alle Seiten sichtbar zu machen. Grundlegend geht es darum, Zugriffsmöglichkeiten für Anbieter/innen und Nachfragende bereit zu stellen und konkrete Interventionen zu platzieren.
Die Materialien und zusätzlichen Projektinformationen stehen unter www.westenhoefer.de/forschung/projekte/saglik
zur Verfügung.