29.04.2014
Starke Signale für die Unterstützung der Kommunen
Bundesweite Veranstaltung zum kommunalen Partnerprozess am 12. März 2014 in Berlin
Pia Block, ehem. Gesundheit Berlin-Brandenburg
Stefan Bräunling, Gesundheit Berlin-Brandenburg
Schlagwörter:Fachtagung, Partnerprozess
Der Tag vor dem Kongress Armut und Gesundheit dreht sich um die Kinder und Jugendlichen - der alljährliche bundesweite Fachaustausch zum kommunalen Partnerprozess „Gesund aufwachsen für alle!“ ist mittlerweile zu einer festen Größe geworden. In diesem Jahr setzten hochrangige Persönlichkeiten von Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene mit ihren Beiträgen ein deutliches Signal: Wir wollen die gesundheitlichen Chancen von Kindern und Jugendlichen und das damit verbundene integrierte kommunale Vorgehen gemeinsam unterstützen.
Ingrid Fischbach, Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Gesundheit, und Cornelia Prüfer-Storcks, Hamburgische Senatorin für Gesundheit und Verbraucherschutz, eröffneten die Veranstaltung mit Grußworten. Zuvor hatte die Direktorin der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), Prof. Dr. Elisabeth Pott, die gemeinsame Idee in Worte gefasst: „Wir wollen immer wieder schauen, wo könnte jemand stolpern, und den Kindern immer wieder neue Chancen geben.“
Frau Fischbach gab einen Ausblick auf den Entwurf eines Präventionsgesetzes, der für den Frühsommer dieses Jahres geplant ist. Bei der Gesundheitsförderung und Prävention sollten Lebenswelten stärker in den Blick kommen, insbesondere Kita und Schule. Besonders wichtig sei eine gute Vernetzung und Verzahnung bestehender Angebote, um keine Doppelstrukturen zu schaffen. Bei der Umsetzung müssten die Möglichkeiten von Bund, Ländern und Kommunen berücksichtigt werden. Ein besonderer Fokus der Aktivitäten müsse auf den gesundheitlichen Belastungen liegen, die aus der sozialen Lage resultieren.
Frau Prüfer-Storcks bewertete die in den Koalitionsverhandlungen auf Bundesebene beschlossenen Eckpunkte positiv. Sie müssten aber auch finanziell untersetzt werden. Notwendig sei eine gesetzliche Verpflichtung nicht nur der Krankenkassen, sondern aller Sozialversicherungen, denn diese profitierten alle von erfolgreicher Prävention. Sie sollten sich dann in Rahmenvereinbarungen nach dem Beispiel derer zur Zahngesundheit oder zum Impfschutz auf mittel- bis langfristige Ziele und Programme verständigen, um nachhaltige und längerfristig angelegte Projekte zu ermöglichen.
Viele Rednerinnen und Redner des Tages unterstützten ein solches abgestimmtes Vorgehen und verwiesen dabei auch auf die gemeinsame Empfehlung von gesetzlichen Krankenkassen und kommunalen Spitzenverbänden. Hier sei der Boden für eine weitere Zusammenarbeit bereitet, damit Gesundheitsförderung nicht nur „die Petersilie auf der Suppe“ (Anne Janz, Deutscher Städtetag) bleibe.
Eine breite Palette an themenspezifischen Workshops - von der Vorstellung von Landesprogrammen wie „Kein Kind zurücklassen!“ (NRW), „Pakt für Prävention“ (Hamburg), „Gesund aufwachsen und leben in Baden-Württemberg“ oder „Gesunde Landkreise“ (Bayern) bis hin zur konkreten Praxis vor Ort - bot den mehr als 200 Teilnehmenden die Möglichkeit, miteinander ins Gespräch zu kommen und den nachhaltigen Nutzen dieser Programme für die strategische Zusammenarbeit in den Kommunen zu diskutieren und zu erarbeiten.
Das sehr ambitionierte Landesprogramm „Kein Kind zurücklassen!“ („eine Sache, die längst überfällig ist, ein Jahrhundertprojekt", so Dr. Jochen Hartlieb aus dem Kreis Unna) setzt stark auf Vernetzung und Partizipation. In jeder teilnehmenden Kommune wurde eine Koordinierungsstelle eingerichtet. Sie sind zu einem „Lernnetzwerk“ zusammengeschlossen, um einen Transfer guter Beispiele zu ermöglichen. Die entscheidenden Erfolgsfaktoren sind die Identifizierung der Problemstellungen mit den Familien zusammen und die gemeinsame Angebotsentwicklung mit ihnen zusammen.
Hermann Allroggen aus dem Rhein-Sieg-Kreis betonte die ökonomischen Aspekte und dass es wichtig sei, das Thema Gesundheitsförderung generell als Querschnittsthema in der Kommune zu platzieren. Man müsse diejenigen in den Verwaltungen finden, die wollen, dass es Kooperationen gibt und sie „beim Geld packen“, beispielsweise mit den steigenden Kosten für Jugendförderung konfrontieren und den Zusammenhang zur Gesundheitsförderung herstellen. Und man müsse Erfolge aktiv benennen und das Thema immer wieder platzieren - die Botschaft nicht nur ein Mal, sondern wenn nötig eben auch 77 Mal sagen.
Mit den Möglichkeiten, Kinder nach ihren Bedürfnissen zu fragen, befasste sich ein ganzer Workshop. Einrichtungen und Institutionen im Umfeld der Kinder und die Kommunen müssten gleichermaßen dafür Sorge tragen, dass die Kinder gehört werden. Gleichzeitig müssten Möglichkeiten geschaffen werden, damit Kinder ihre Meinungen und Vorstellungen formulieren und veröffentlichen können. Dazu sollten beispielsweise Kinderkonferenzen in Schulen gestärkt werden.
In der abschließenden Diskussion wurden die vielen dargestellten Initiativen bewertet und in Zusammenhang mit der derzeitigen politischen Situation gebracht. Gesine Bär (Alice Salomon-Hochschule Berlin) sah einen Fortbestand alter Herausforderungen: "Es gibt schöne Modellprojekt und Initiativen, aber wir wissen noch immer nicht, wie wir diese langfristig absichern können." Monika Schneider (AOK-Bundesverband) konstatierte in Hinblick auf die Diskussionen um ein Präventionsgesetz, dass "wir nicht bei null anfangen". Das Präventionsgesetz sei eine Maßnahme, die jetzt dazu beitragen könne, mehr Verbindlichkeit herzustellen. Dr. Gabriele Windus (Niedersächsisches Ministerium für Soziales, Frauen, Familie, Gesundheit und Integration) resümierte ihre Eindrücke des Tages: „Die Diskussion um das neue Präventionsgesetz bzw. das Warten darauf führt nicht zur Lethargie oder zur Verschiebung; die Initiativen und die Fachebenen arbeiten trotzdem weiter; der Austausch über gute Erfahrungen und Herausforderungen wird ununterbrochen weiter geführt, und das gefällt mir sehr gut."
Die Fachtagung „Zusammen wachsen - Unterstützung integrierter kommunaler Strategien für ein gesundes Aufwachsen“ wurde von Gesundheit Berlin-Brandenburg veranstaltet. Unterstützt wurde sie vom AOK-Bundesverband und der BZgA.
Die ausführliche Dokumentation der Satellitenveranstaltung „Zusammen wachsen! - Unterstützung integrierter kommunaler Strategien für ein gesundes Aufwachsen" und die jeweiligen Workshoppräsentationen finden Sie auf der Seite der Satellitenveranstaltung.