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14.01.2014

"… über den eigenen Tellerrand hinaus - Kommunikation zwischen Frühen Hilfen und Gesundheitswesen"

Fachnachmittag am 11.12.2013 in Weimar

Uta Maercker, Landesvereinigung für Gesundheitsförderung Thüringen AGETHUR

Schlagwörter:Fachtagung, Frühe Hilfen, Gesundheitswesen

Bislang be­ste­hen noch ei­ni­ge Hindernisse in der Zu­sam­men­ar­beit aller beteiligten Professionen rund um das The­ma Ge­burt, El­tern­schaft und frühe Kind­heit. Der Fachnachmittag griff diese Pro­ble­ma­tik auf und gab Raum für einen Informations- und Er­fah­rungs­aus­tausch zwi­schen „Frühe-Hilfen“-Anbietern und dem Gesund­heits­wesen, d. h. niedergelassenen und sta­ti­o­när tä­ti­gen Ärzten der Kinder- und Jugendmedizin, Hebammen etc. Der Nachmittag bot Ge­le­gen­heit, sich mit unterschiedlichen Ak­teu­rin­nen und Akteuren über die bereichs- und professionsübergreifende Zu­sam­men­ar­beit und die Qua­li­tät der Ko­o­pe­ra­ti­on auszutauschen.

Einmal die Brille ei­ner anderen Profession auf­set­zen

…und deren treibenden Mo­tor spü­ren - das waren die Ziele des Fachnachmittags. Die Sen­si­bi­li­sie­rung ge­gen­über den vielfältigen Blickwinkeln und Motivationen trägt da­zu bei, ei­nen ge­mein­samen Fo­kus zu fin­den. Das Wissen über unterschiedliche Hindernisse in der Ko­o­pe­ra­ti­on beim Auf­bau ei­ner en­gen Vernetzung für „Frü­he Hilfen“ ist die Ba­sis da­für, ge­mein­sam ei­nen Schritt nach vorn zu ge­hen.

Der Ein­la­dung zum Ge­spräch folgten Netzwerkkoordinatoren aus den Kom­mu­nen im Rahmen der Bundesinitiative Frü­he Hilfen und Fa­mi­lienhebammen, nie­dergelassene Kinderärzte, Vertreterinnen der Kassenärztlichen Vereinigung Thü­rin­gen so­wie Mit­ar­bei­te­rin­nen aus (Schwangerschafts-) Beratungsstellen.

Dr. med. An­dre­as Lemmer,  Vorsitzender des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte Thü­rin­gen, stellte in sei­nem Eingangsstatement heraus, dass Entwicklungsabweichungen von Kin­dern, die in der Kinderarztpraxis festgestellt wer­den, häufig ih­re Ur­sa­che in sozialen Problemen und Risiken in den Fa­mi­lien haben. Aufgrund des­sen wird ei­ne Zu­sam­men­ar­beit zwi­schen Kinderärzten und Jugendhilfe im­mer notwendiger, um Kom­mu­ni­ka­ti­onshürden abzubauen.

Als große Herausforderung in der Um­set­zung der Bundesinitiative Frü­he Hilfen und Fa­mi­lienhebammen sah der Landeskoordinator Thü­rin­gen Mat­thi­as Loew den As­pekt an, dass zwei Rechtskreise mit­ei­nan­der verknüpft wer­den müs­sen, an des­sen Schnittstelle sich die Frü­hen Hilfen be­fin­den. Die da­mit verbundenen Probleme schla­gen sich ins­be­son­de­re auf der kommunalen Ebe­ne nie­der. (Präsentation Matthias Loew, PDF 817 KB)

Frau Dr. Ju­dith Borgwart aus Hirschberg bei Lim­burg erläuterte in dem sich an­schlie­ßenden Fachvortrag (Präsentation Dr. Borgwart, PDF 439 KB) die Verantwortungslogik von nie­dergelassenen Ärzten und Jugendhilfe und arbeitete Ansatzpunkte zur För­de­rung ei­ner gelingenden Kom­mu­ni­ka­ti­on zwi­schen beiden Akteursgruppen heraus. In der Dis­kus­si­on wurde der Öffentliche Gesundheitsdienst als „Vermittler“ zwi­schen den Sys­temen herausgestellt. Um ein Vertrauensverhältnis zwi­schen beiden Sei­ten aufzubauen, braucht es lang­fris­tig, kon­ti­nu­ier­lich und leicht erreichbare An­sprech­part­ner und lo­kal spezifische Lö­sung­en bei der Ein­rich­tung ei­nes Frü­he-Hilfen- Zentrums. Als pro­ble­ma­tisch für die Ko­o­pe­ra­ti­on wurde die in der Bundesinitiative abgesteckte Altersbegrenzung von 0 (-9 Monaten) bis 3 Jahre an­ge­se­hen. Die Vertreter der Kinderärzte warben in der Dis­kus­si­on da­für, ih­re Po­si­ti­on als feste Kon­stan­te im Sys­tem für die Frü­hen Hilfen nicht zu un­ter­schät­zen.

Prof. Dr. Siebolds von der Katholischen Hochschule Nordrhein-Westfalen betonte in sei­nem Problemabriss, dass sich Ärzte beim The­ma Frü­he Hilfen und Prä­ven­ti­on oft in ei­ner „grau­en Ge­men­ge­la­ge“ be­fin­den auf­grund oft noch unspezifischer Symptome und ei­ner schwer nachweisbaren Wir­kung von Interventionen. In diesem Kon­text erbrachte Leistungsanteile lie­gen au­ßer­halb ih­res anrechenbaren Budgets. Er betonte, dass Jugendhilfe und Ärzte durch das Wächteramt und die Fallletztverantwortung ei­ne Verantwortungs­gemeinschaft haben. Dies bildet die Ba­sis für ei­ne Ko­o­pe­ra­ti­on. Frü­he Hilfen im Sinne von Prä­ven­ti­on sind Grundprinzip pädiatrischen Handelns. Prof. Siebolds stellte an­schlie­ßend in sei­nem Bei­trag das Mo­dell interdisziplinärer Qualitätszirkel zwi­schen nie­dergelassener Ärz­te­schaft und Jugendhilfe vor. Dafür wurde in Baden-Württemberg ei­ne Koordinierungsstelle in der Kassenärztlichen Vereinigung als organisatorische Pro­jektplattform mit ei­ner Mit­ar­bei­te­rin eingerichtet, die die Be­tei­lig­ten per­sön­lich anspricht und das Pro­jekt durch die Schaf­fung ei­ner stabilen In­fra­struk­tur verstetigt. Im Rahmen des Pro­jektes wurden ca. 40 Moderatorentandems, bestehend aus ärztlichen Qualitätszirkel-Moderatoren und Mitarbeitern der Jugendhilfe, aus­ge­bil­det. Des Weiteren sind verschiedene Instrumente zur Prä­ven­ti­on der Kindergesundheitsgefährdung in Kinderarztpraxen etabliert (z.B. Me­tho­den zum Casefinding, Elterngespräche, Fa­mi­lienfallkonferenzen) etabliert worden. (Präsentation Prof. Dr. Siebolds, PDF 1,18 MB)

In der sich anschließenden Po­di­ums­dis­kus­si­on wurden die be­reits angesprochenen Themen vertieft:

  • Um die Frü­hen Hilfen von der Ebe­ne des persönlichen Engagements auf ei­ne verbindliche Ebe­ne zu heben, sind konkrete Instrumente für die Ärz­te­schaft not­wen­dig, die im Rahmen ei­ner politischen Dis­kus­si­on un­ter Ein­be­zie­hung der Kassenärztlichen Vereinigung entwickelt wer­den müs­sen.
  • Ein offener, interkollegialer Aus­tausch, der auf das „Voneinander Lernen“ ausgerichtet ist, wird mög­lich, wenn beide Professionen über konkrete Fälle mit­ei­nan­der ins Ge­spräch kom­men.
  • Ziel muss es sein, bestehende An­ge­bo­te der Frü­hen Hilfen trans­pa­rent und nach­voll­zieh­bar darzustellen, um ei­ne Ab­gren­zung der An­ge­bo­te voneinander für Fachkräfte aller am Pro­zess beteiligten Professionen zu er­mög­li­chen. Hierüber wird ei­ne fallspezifische Zu­lei­tung zu den Frü­hen Hilfen im Sys­tem mög­lich (Fra­gen: Wer? Womit? Wohin?).

Am En­de der Ver­an­stal­tung wurde ei­ne konkrete Verabredung zum Aus­tausch der lokalen Koordinatoren Frü­he Hilfen mit Kinder- und Jugendmedizinern über den Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte, Landesverband Thü­rin­gen getroffen. Die lokalen Ko­or­di­na­to­rin­nen sollen in Gremien des Berufsverbandes eingeladen wer­den, um über ih­re Ar­beit zu be­rich­ten da­mit Anknüpfungspunkte für Zu­sam­men­ar­beit ge­mein­sam erörtert wer­den kön­nen.

Die Do­ku­men­ta­ti­on der Ver­an­stal­tung kön­nen Sie hier (als PDF-Datei) herunterladen.

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