11.08.2017
Webinare des Deutschen Pflegerats e.V. zur pflegerischen Versorgung geflüchteter Menschen
Ute Haas, Deutscher Pflegerat e.V.
Schlagwörter:Geflüchtete, Integration, Interkulturalität, Pflege
Ausgangslage
Im Jahr 2015 kamen rund 890.000 geflüchtete Menschen nach Deutschland (1). Die meisten von ihnen stammen aus Syrien und sind vor dem dortigen Bürgerkrieg geflohen. In Deutschland angekommen galt es diese große Anzahl Geflüchteter mit Nahrung, Kleidung, Wohnraum, Bildung und Gesundheitsleistungen zu versorgen.
Gesetzliche Regelungen zur Gesundheitsversorgung
Die Gesundheitsversorgung der Geflüchteten bzw. Asylbewerberinnen und -bewerber ist im Asylbewerberleistungsgesetz (AsyblG) geregelt. Demnach erhalten Asylbewerberinnen -bewerber eine Behandlung bei akuten Erkrankungen und Schmerzzuständen und haben Anspruch auf Arznei- und Verbandmittel sowie Schutzimpfungen. Schwangeren und Wöchnerinnen sind Leistungen der pflegerischen und ärztlichen Hilfe und Betreuung, Hebammenhilfe sowie Arznei-, Verband- und Heilmittel zu gewähren. (§ 4).
Geflüchtete mit besonderen Bedürfnissen, beispielsweise durch Gewalt und Folter, bekommen medizinische und sonstige Hilfen (§ 6 AsylbLG). Leistungen im Krankheitsfall, bei Behinderung und bei Pflegebedürftigkeit werden gewährt (§ 8 AsylbLG). Allerdings ist nicht genau definiert, was akute Erkrankungen und Schmerzzustände sind, sodass der Umfang der Behandlung unterschiedlich interpretiert wird. Worin die pflegerische Versorgung besteht wird bei diesen gesetzlichen Regelungen ebenfalls nicht näher definiert.
Nach 15 Monaten, wenn Asylbewerberinnen und -bewerber auf die Kommunen umverteilt wurden und in Gemeinschaftsunterkünften oder dezentralen Wohnungen leben, erhalten sie Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung, wie sie jedem Bürger und jeder Bürgerin zustehen. Leistungen, die durch die Pflegeversicherung finanziert werden, sind ausgeschlossen.
Pflege in den Strukturen der Gesundheitsversorgung
Die pflegerische Versorgung findet entlang der medizinischen Versorgungsstrukturen in den Bundesländern statt. Dabei übernehmen Pflegefachpersonen unterschiedliche Aufgaben: In einigen Erstaufnahmeeinrichtungen führen Ärzteinnen und Ärzte medizinische Sprechstunden durch. Zudem betreiben sie Sanitätseinrichtungen in Erstaufnahmeeinrichtungen und zentralen Unterkünften. Pflegefachpersonen, medizinische Fachangestellte (MFA), Pflegehelferinnen und -helfer sowie Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter unterstützen die Ärzteinnen und Ärzte vor Ort. Sie legen Patientenkarteien an, sorgen für die Umsetzung von Hygienemaßnahmen im Rahmen des Infektionsschutzgesetzes, koordinieren Sprechstunden und Termine für Untersuchungen (Röntgen) und führen die Erstuntersuchung durch. Außerdem werden Geflüchtete in Krankenhäusern behandelt und gepflegt und erhalten Pflege durch ambulante Pflegedienste. Zusätzliche Unterstützung wird in den verschiedenen Settings durch engagierte Pflegefachpersonen als ehrenamtliche Helferinnen und Helfer geleistet.
Pflege von Geflüchteten
Pflege ist die Unterstützung gesundheitlich beeinträchtigter Menschen bei der Bewältigung des Alltags. Diese Unterstützung bezieht sich auf die Mobilität, kognitive und kommunikative Fähigkeiten, Verhaltensweisen und psychische Problemlagen, Alltagsverrichtungen bei der Selbstversorgung, Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen sowie Gestaltung des Alltagslebens und soziale Kontakte. Dazu leisten Pflegefachpersonen körperbezogene Hilfe, kommunizieren mit den zu Pflegenden, beraten, leiten an und beobachten ihren Gesundheitszustand.
Dabei ist die pflegerische Versorgung immer eng mit dem kulturellen und religiösen Hintergrund der zu Pflegenden und der pflegenden Person verbunden. Daher bedarf es einer kultursensiblen Pflege, um geflüchtete Menschen bedarfsgerecht zu versorgen. Damit ist jedoch keine migrationsspezifische Pflege gemeint, sondern eine, die das Individuum in den Mittelpunkt stellt.
Bezogen auf Geflüchtete treten insbesondere bei der Ernährung, Hygiene, Ausscheidung und dem Verständnis von Gesundheit und Krankheit Besonderheiten auf, die bei der Pflege zu berücksichtigen sind. Darüber hinaus sind Kenntnisse über die gesetzlichen Regelungen und Strukturen der Gesundheitsversorgung erforderlich. Krankheitsbilder, die in den Herkunftsländern oder fluchtbedingt auftreten müssen erkannt und spezifische Bedarfslagen berücksichtigt werden, wie beispielsweise bei traumatisierten Menschen. Hier geht es vor allem darum, diese Menschen zu erkennen, zu unterstützen und bei der Suche nach geeigneten therapeutischen Maßnahmen zu helfen.
Fortbildungsangebot des DPR
Spezifische Kenntnisse und Kompetenzen für die Versorgung Geflüchteter hierzulande sind nicht Bestandteil der Ausbildung zur Gesundheits- und Krankenpflegerin oder -pfleger. Dies trifft insbesondere auf den Umgang mit traumatisierten Menschen zu. Daher hat der DPR 2015 mit der Entwicklung eines Fortbildungsangebotes begonnen. Dazu identifizierten Experteninnen und Experten grundlegende Themenbereiche für die pflegerische Versorgung Geflüchteter. Aus dieser Themensammlung erstellten zwei Bildungsexperteninnen und -experten einen Curriculumsentwurf als Grundlage des Fortbildungsangebotes. Schließlich erarbeiteten Experteninnen und Experten Fortbildungseinheiten zu einigen ausgesuchten Themen, mit denen das Angebot im Mai 2017 gestartet wurde.
Webinare als Angebot für Pflegefachpersonen
Während dieses Entwicklungsprozesses entstand der Eindruck, dass es für Pflegefachpersonen einfacher und praktikabler ist, wenn das Fortbildungsangebot größtenteils online als E-Learning Lerneinheiten angeboten wird. So können sie das Fortbildungangebot an einem Ort ihrer Wahl und zeitlich unabhängig wahrnehmen. Daher wurde entschieden, die Fortbildungseinheiten als Webinare anzubieten, von denen derzeit fünf zur Verfügung stehen:
Geflüchtete in den verschiedenen Settings
Inhalt des Webinars sind die Aufgaben des Gesundheitspersonals in den verschiedenen Einrichtungen, in denen Geflüchtete leben. Dabei geht es um Herausforderungen des Alltags und entsprechende Lösungsansätze.
Kulturelle Besonderheiten in Deutschland
In dem Webinar wird der Umgang mit Gewohntem und Fremden thematisiert. Brauchen wir eine Gebrauchsanweisung für Deutschland?
Gesundheitliche Situation der Geflüchteten
In diesem Webinar geht es um einen kritischen Blick auf die Lebenssituation Geflüchteter in der Aufnahmegesellschaft und um die Folgen für die Gesundheit. Am Beispiel des Bremer Modells werden Versorgungsstrukturen aufgezeigt, die bestehende Probleme verbessern können.
Infektionskrankheiten
Hier geht es um Infektionskrankheiten Geflüchteter, deren Behandlung und um Präventionsmaßnahmen.
Umgang mit traumatisierten Geflüchteten - wie können Pflegende helfen?
Inhalt des Webinars sind Geflüchtete mir einer Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS). Woran lässt sich eine PTBS erkennen? Was können Pflegefachpersonen tun, um betroffene Geflüchtete zu unterstützen?
Die Teilnahme an den Webinaren ist für die ersten 100 Pflegefachpersonen kostenfrei. Ab dem 101-ten Teilnehmenden wird eine Gebühr von 15 Euro zur Kostendeckung für den Online-Dienstleister erhoben. Interessierte können sich mit ihrem Teilnahmewunsch per E-Mail an den DPR wenden: info(at)deutscher-pflegerat.de
Quellen
(1) Bundesministerium des Inneren (2016) 890.000 Asylsuchende im Jahr 2015
. Pressemitteilung. www.bmi.bund.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2016/09/asylsuchende-2015.html