31.10.2016
Wie verbessert man die Gesundheit arbeitssuchender Menschen?
JobFit setzt auf arbeitsmarktintegrative Gesundheitsförderung durch niederschwellige Gesundheitsangebote im "Setting Arbeitsförderung"
Monique Faryn-Wewel, Team Gesundheit
Schlagwörter:Erwerbslosigkeit, Gesundheitsbewusstsein, Gesundheitskompetenz, Inklusion
JobFit jetzt mit eigenem Internetauftritt
JobFit gilt als eines der Pionierprojekte in der arbeitsmarktintegrativen Gesundheitsförderung: Bereits 2003 wurde im Auftrag des BKK Bundesverbandes mit den „Motivierenden Gesundheitsgesprächen mit Arbeitslosen“ eine erste erfolgreiche Intervention konzipiert und evaluiert. Bei den Gesundheitsgesprächen handelt es sich um eine beraterische Kurzintervention zur Prävention gesundheitsriskanter Verhaltensweisen, die eigens für die Zielgruppe der Arbeitslosen konzipiert wurde. Die Motivierenden Gesundheitsgespräche wurden in den Folgeprojekten JobFit Regional (Good Practice-Beispiel des Kooperationsverbundes Gesundheitliche Chancengleichheit) und JobFit NRW um den Präventionskurs „Und keiner kann‘s glauben - Stressfaktor Arbeitslosigkeit“ erweitert. Dieser, ist gem. § 20 SGB V seitens der Krankenkassen zertifiziert. Hinzu kommt, eine Multiplikatorenschulung für Mitarbeitende der Arbeitsmarktförderung. Durch das Präventionsgesetz sind neue Rahmenbedingungen für die arbeitsmarktintegrative Gesundheitsförderung formuliert, die explizit die Zusammenarbeit von Krankenkassen, Jobcentern und Agenturen für Arbeit in der lebensweltbezogenen Prävention und Gesundheitsförderung vorsehen. Team Gesundheit als Träger des JobFit-Ansatzes nimmt dies zum Anlass, das erweiterte JobFit-Angebot in einem eigenen Internetauftritt unter www.jobfit-ansatz.de bekannter zu machen.
Arbeitsmarktintegrative Gesundheitsförderung
Gesundheitlich beeinträchtigten Arbeitslosen gelingt der Einstieg ins Erwerbsleben nur erschwert. Zudem gilt Arbeitslosigkeit als ein wesentlicher Risikofaktor für die Entwicklung von gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Besonders vor diesem Hintergrund wird die Bedeutung eines sektorenübergreifenden Engagements deutlich, in dem sowohl arbeitsmarkt- als auch gesundheitspolitische Akteurinnen und Akteure gemeinsam arbeitsmarktintegrative Gesundheitsförderung unterstützen und finanzieren. In den letzten Jahren wurden mehrere Ansätze zur Gesundheitsförderung von Arbeitslosen entwickelt und in der Praxis erprobt. Mit u.a. JobFit, AktivA, AmigA und Train to Job liegen Programme vor, die umfangreich wissenschaftlich begleitet wurden und für die gesundheitsförderliche Effekte nachgewiesen werden konnten. Die oben genannten Projekte verfügen inzwischen über eine langjährige Praxis in der Umsetzung und in dem Transfer der Ansätze.
Damals wie heute ist die Frage des Zugangs zur Zielgruppe eine wesentliche, die auch in dem jüngsten Modellprojekt zwischen der Bundesagentur für Arbeit (BA) und dem GKV-Spitzenverband aufgegriffen wurde. Von Juni 2014 bis Juni 2015 wurden an sechs Standorten drei verschiedene Zugangswege durch die beteiligten Jobcenter zur Motivation Arbeitsloser für das Thema Gesundheit und zur Steigerung der Inanspruchnahme gesundheitsfördernder und primärpräventiver Angebote erprobt:
Ansprache durch
- Integrationsfachkräfte, die vorab in dem Konzept der Motivierenden Gesundheitsgespräche qualifiziert wurden
- den Ärztlichen/Berufspsychologischen Fachdienst der BA im Rahmen des Angebots „Fit for Life“ oder
- Qualifizierungs- und Beschäftigungsträger im Rahmen von Maßnahmen nach § 16 Abs. 1 SGB II i.V.m. § 45 SGB III
In der Evaluation zeigt sich:Standorte, die den Zugangsweg über die Integrationsfachkräfte gewählt haben beurteilen die Wirkung der Gesundheitsberatung positiver als die Standorte mit den beiden anderen Varianten. Insgesamt erwies sich jedoch der Zugang über Qualifizierungs- und Beschäftigungsträger als jener mit dem größten Zuspruch der Standortverantwortlichen. Zu beachten sind dabei sowohl die individuellen Rahmenbedingungen vor Ort als auch die Vor- und Nachteile der einzelnen Zugangswege. Eine ausführliche Darstellung der Vor- und Nachteile lassen sich auch im Gesamtbericht zur Evaluation des Modellprojektes finden.
Laut Evaluationsbericht hat durchschnittlich „jeder dritte Erwerbslose nach dem Motivierenden Gesundheitsgespräch ein Präventionsangebot der GKV genutzt. Im Rahmen des Zugangs über Träger oder über Beratung durch Integrationsfachkräfte war das Verhältnis günstiger, über den Zugangsweg der Fachdienste ungünstiger“. Die Teilnahmequote sensibilisierter Erwerbsloser an Präventionsangeboten der Krankenkassen im Modellprojekt sei insgesamt als sehr positiv zu bewerten (S. 20).
Ebenfalls evaluiert wurde das Präventionsangebot der Krankenkassen an den sechs Standorten. Die arbeitslosenspezifischen Kursprogramme „Und keiner kann‘s glauben - Stressfaktor Arbeitslosigkeit“ aus dem JobFit-Ansatz und "AktivA Aktive Bewältigung von Arbeitslosigkeit" wurden dabei mit je 15 durchgeführten Kursen in der Evaluation aufgenommen. In der Vorher-/Nachher-Befragung der teilnehmenden Arbeitslosen wurden deutliche Verbesserungen des Gesundheitsverhaltens, auf der Stressskala sowie der gesundheitlichen Lebensqualität festgestellt.
Neue Chancen durch das Präventionsgesetz
Durch das Modellprojekt und nicht zuletzt durch das Präventionsgesetz wird die arbeitsmarktintegrative Gesundheitsförderung auch weiterhin an Bedeutung gewinnen. Die Erfahrungen des Modellprojektes werden aktuell genutzt, um das Projekt auf insgesamt 50 Standorte auszuweiten. Ansätze wie JobFit und AktivA bilden eine gute Basis für den Aufbau der Projekte vor Ort. Gleichwohl sollten auf diesem Fundament weitere Angebote und Interventionen entwickelt und umgesetzt werden. Vor diesem Hintergrund wurde auch das JobFit-Angebot erweitert. Getreu dem Motto „Gesundheitskompetenz durch Qualifizierung in der Lebenswelt vor Ort schaffen“ wurden neben den Motivierenden Gesundheitsgesprächen und dem Präventionskurs nun auch Fortbildungen zur Resilienzförderung für und mit Arbeitslosen sowie ein Angebot zum sichereren Umgang mit psychisch belasteten Arbeitslosen aufgenommen.
Weiterführende Informationen finden Sie unter www.jobfit-ansatz.de .