17.06.2013
Zukunftschancen für Kinder durch Bildungs- und Gesundheitsförderung in Kindertageseinrichtungen
Berliner Landesprogramm Kitas bewegen - für die gute gesunde Kita
Ute Wenzlaff-Zwick, Bezirksamt Mitte von Berlin, Jugendamt
Steffi Markhoff, Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft
Schlagwörter:Bildung, Kindesentwicklung, Kita, Qualitätsentwicklung
Eine humane Gesellschaft ist auf gesunde, selbstbewusste und gebildete Generationen angewiesen. Bestmögliche Zukunftschancen für Kinder zu ermöglichen, ist das Hauptziel des Berliner Landesprogramms Kitas bewegen - für die gute gesunde Kita. Das Land Berlin verfolgt gemeinsam mit einer Vielzahl an bedeutenden Partnern aus dem Bildungs- und Gesundheitsbereich dieses anspruchsvolle Ziel.
Wie ist es möglich, trotz unterschiedlicher individueller und sozialer Voraussetzungen, Zukunftschancen von Kindern zu optimieren?
Neben der Familie als primärer Sozialisationsinstanz haben Kindertageseinrichtungen hervorragende Gelegenheiten, die Bildung und Gesundheit von Kindern zu stärken und zu fördern, indem sie den Kita-Alltag so gestalten, dass gesundes Aufwachsen und gute Entwicklungsmöglichkeiten für alle Kinder durch eine anregungsreiche Umgebung positiv beeinflusst werden. Voraussetzung hierfür ist, dass in den Kindertageseinrichtungen Erzieherinnen und Erzieher arbeiten, die für diese Aufgabe sensibilisiert sind und Rahmenbedingungen vorfinden, die gesundes Arbeiten und Aufwachsen erlauben. Es hat sich gezeigt, dass pädagogische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus guten gesunden Kitas weniger unter Belastungen und Krankheiten leiden. Berufliche Zufriedenheit ist eine förderliche Grundlage für die Gestaltung einer dem Kind zugewandten Atmosphäre, um psychisches, physisches und soziales Wohlbefinden bei den Kindern zu intensivieren.
Die Umsetzung des Landesprogramms schärft bei allen am Kita-Alltag Beteiligten den Blick dafür, dass Gesundheit und Wohlbefinden Voraussetzungen und zugleich Resultate gelingender Bildungsprozesse sind. Das Programm stützt sich dabei auf den so genannten salutogenetischen Ansatz und dessen zentrale Frage „Was erhält den Menschen gesund?“ Diese gibt Anlass, die Ressourcen und Kompetenzen der pädagogischen Fachkräfte und der Kinder zu reflektieren. Es lohnt sich, insbesondere mit Blick auf die zum Teil schwierigen Lebensbedingungen, die Kinder vorfinden, über Schutzfaktoren und den Aufbau von Resilienz nachzudenken. Der salutogenetische Ansatz lässt sich ebenso auf Fragen des demografischen Wandels und des Personalmangels im Elementarbereich anwenden. Auch hier gilt es, die Gesunderhaltung in den Fokus zu rücken und herauszufinden, welche Ressourcen zum einen auf Seiten der ErzieherInnen und zum anderen in Bezug auf äußere Rahmenbedingungen hilfreich sind. Im Landesprogramm erhalten daher sowohl die Verhaltens- als auch die Verhältnisprävention einen wichtigen Stellenwert.
Um das Ziel des Landesprogramms zu erreichen, arbeiten alle Partner, KoordinatorInnen, Kita-Träger und Kitas eng zusammen. Grundbestandteil der Programmumsetzung ist ein Schulungskonzept, in welchem die Kita-Leitung und eine weitere pädagogische Fachkraft aus jeder teilnehmenden Kindertageseinrichtung als MultiplikatorInnen für ihr Team geschult und durch den gesamten Organisationsentwicklungsprozess begleitet werden.
Derzeit wird das Programm in vier Berliner Bezirken umgesetzt, so dass 4450 Kinder in 58 Kitas erleben können, was die inhaltliche Auseinandersetzung der Kita mit Bildung und Gesundheit bewirkt.
Wie schaffen es die teilnehmenden Kindertageseinrichtungen, ihre Bildungs- und Gesundheitsqualität über den Weg einer systematischen Organisationsentwicklung im Rahmen des Berliner Landesprogramms ggK zu steigern?
Gute gesunde Kitas gehen auf diesem Weg 6 Schritte:
Dieser Organisationsentwicklungskreislauf wird in Form einer sechstägigen MultiplikatorInnenschulung durch speziell für das Landesprogramm qualifizierte TrainerInnen begleitet. Im Anschluss erhalten die MultiplikatorInnen fachliche Unterstützung durch bezirkliche KoordinatorInnen sowie in Form von umfassenden Begleitmaterialien, um den partizipativen Prozess der Weiterentwicklung in ihrem Team zu begleiten.
Der angestoßene Qualitätsentwicklungsprozess fügt sich in die Qualitätsentwicklungen des Elementarbereichs im Land Berlin ein. Das Landesprogramm ist zudem als internes Evaluationsverfahren im Land Berlin anerkannt und stellt in diesem Zusammenhang eine Online-Befragung zur Bildungs- und Gesundheitsqualität für Eltern und pädagogische Fachkräfte bereit.
Die Steuerung und Organisation des Landesprogramms sind partizipativ und bedarfsgerecht angelegt. Die Erfahrungen und Bedarfe der Kitas werden in den Steuerungsrunden der Kita-Träger und Partner berücksichtigt und ein angemessenes Fortbildungsangebot, gemäß den individuell formulierten Zielsetzungen der Kita-Teams, wird ermöglicht.
Das Programm profitiert außerdem von den Erfahrungen, die bereits seit dem Jahr 2006 mit dem Pilot- und Modellprojekt „Kitas bewegen“ im Bezirk Berlin Mitte gesammelt wurden. Die insgesamt 38 Kindertageseinrichtungen, die daran teilnahmen, haben sich während ihres Qualitätsentwicklungsprozesses verschiedene Ziele gesetzt und unter anderem folgende Maßnahmen zur Zielerreichung durchgeführt:
- Weiterbildungen zu Stressbewältigung und Lärmreduktion,
- gesundes Essen und Trinken,
- Bewegungsförderung,
- Elternbeteiligung,
- Raumgestaltung, naturnahe Außenflächengestaltung,
- Teamentwicklung,
- Weiterbildungen zur MitarbeiterInnengesundheit oder
- Leitungs- und Führungstrainings.
Durch die Teilnahme am Projekt „Kitas bewegen“ konnten laut einer Vollbefragung (Die Befragung wurde durch die Bertelsmann Stiftung beauftragt und im Juni 2011 durch Interface - Politikstudien Forschung Beratung - durchgeführt) vielfältige Veränderungen und Wirkungen in den teilnehmenden Kindertageseinrichtungen identifiziert werden. Die pädagogischen Fachkräfte berichten, dass sie durch die Aktivitäten im Projekt „Kitas bewegen“ häufiger Situationen schaffen, in denen Kinder z.B. positive Erfahrungen mit gesunder Ernährung machen und in denen Kinder durch Bewegung lernen. So ist den befragten pädagogischen Fachkräften die Verknüpfung von Bildung und Gesundheit deutlich geworden, wodurch sich mittelbare Wirkungen auf den Umgang mit den Kindern und auch ihren Eltern ergeben.
Die in das Projekt „Kitas bewegen“ involvierten Fachkräfte geben an, dass sie durch die Aktivitäten im Projekt stärker auf ihre eigene Gesundheit achten und mit ihrer Arbeit insgesamt zufriedener seien. Sie berichten, dass der Umgang miteinander stärker von Wertschätzung, Achtsamkeit und Lösungsorientierung geprägt sei. Teamsitzungen seien besser strukturiert und die im Team vorhandenen Kompetenzen würden bewusster wahrgenommen und genutzt. Als Ursache für diese Ergebnisse können die Veränderungen auf der Ebene der Kita-Teams angesehen werden.
Insgesamt besteht ein zentrales Ergebnis darin, dass über 60 Prozent der Befragten „Kitas bewegen“ als Hilfestellung für die zahlreichen Herausforderungen ansehen, vor denen Kitas heute stehen (z.B. ungleiche Bildungschancen, Koordinationsschwierigkeiten der Kinder , Übergewicht, Bewegungsmangel und neue gesetzliche Vorgaben). Das zeigt, wie wichtig es ist, Kindertageseinrichtungen bei ihrer bedeutenden Bildungsaufgabe zu unterstützen. Das Landesprogramm leistet über eine systematische Qualitätsentwicklung in Kindertageseinrichtungen einen Beitrag dazu, Bildungs-, Gesundheits- und somit letztlich Zukunftschancen von Kindern zu steigern.
Kontaktdaten und weitere Informationen zum Landesprogramm mit seinen Partnern erhalten Sie unter:
www.gute-gesunde-kitas-in-berlin.de
Partner und Bezirke des LggK
Das Berliner Landesprogramm Kitas bewegen - für ein gute gesunde Kita ist ein gemeinsames Programm der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft, AOK Nordost - Die Gesundheitskasse, der ARGORA-Klinik-Berlin, der Ärztekammer Berlin, der BARMER GEK Landesgeschäftsstelle Berlin-Brandenburg, der BKK Landesverband Mitte, der DAK - Gesundheit Unternehmen Leben, der IKK Brandenburg und Berlin, der Knappschaft Regionaldirektion Berlin, der Techniker Krankenkasse Landesvertretung für Berlin und Brandenburg sowie der Unfallkasse Berlin und der Bezirksämter Berlin Mitte, Pankow, Reinickendorf und Treptow-Köpenick.